0109 - Das Alptraum-Mädchen
einverstanden?«
»Bleibt mir eine andere Wahl?«
Hugh Owens grinste verbissen.
»Sie würden mir enorm helfen, Professor. Denn eigentlich bin ich gekommen, um sie mit ins Präsidium zu nehmen. Normalerweise haben wir Hellsehern gegenüber gewisse Ressentiments, wenn Sie verstehen.«
Und ob Professor Zamorra verstand!
Er hatte zuviel gewußt. Er war dadurch verdächtig geworden. Bei allern konnte er noch von Glück reden, daß Detective Hugh Owens nicht zum Heer jener Ignoranten gehörte, das jede Form von außersinnlicher Wahrnehmung von vorneherein negierte, in die Bereiche des Absurden verwies.
Owens wollte im Augenblick nicht mehr und nicht weniger, als ihm eine Chance geben.
Als Zamorra die Lage soweit überblickt hatte, war er versöhnlicher gestimmt. Hugh Owens und sein Kollege sollten ihren Beweis bekommen.
Er stand auf.
Starrte Hugh Owens an.
»Denken Sie an Ihre Frau, Mr. Owens!«
Der Detective versuchte eine schwache Abwehrbewegung. Das Thema war ihm sichtlich peinlich.
Zamorra hatte seine Hand unter das Hemd gesteckt und das Amulett Leonardo de Montagnes umfaßt. Es widerstrebte ihm, das wertvolle Amulett für eine billige Show zu mißbrauchen, doch in diesem Fall ließ sich das wohl kaum umgehen.
Der Kontakt zu Hugh Owens’ Denken war sofort hergestellt. Das Amulett funktionierte als Mental-Verstärker. Glasklar drangen Hugh Owens’ geheimste Gedanken in sein Bewußtsein.
»Reicht es, wenn ich Ihnen sage, daß Sie Ihre Frau erst vor drei Tagen betrogen haben?« fragte Zamorra nicht ohne Hohn. »Ihre Freundin heißt übrigens Eireen. Mein Rat: Lassen Sie die Finger von der Dame. Sie nimmt Sie nur aus. Sie hat noch einen anderen Galan.«
Und als Zamorra Jesse Conradys wissendes Grinsen bemerkte - er mußte über einiges Bescheid wissen - benützte er die Kraft des Amuletts auch, in dessen Denken einzudringen.
»Sie brauchen nicht so hämisch zu grinsen, Mister Conrady«, sagte er. »Ihr Alptraum ist es, irgendwo Ihre Schuhe ausziehen zu müssen. Sie haben Schweißfüße, Mister Conrady. Aber Sie brauchen deshalb nicht gleich rot zu werden. Habe ich die beiden Herren überzeugt?«
***
Professor Zamorra hatte.
Ihren Mienen waren das unschwer abzulesen. Betroffenheit auf ihren Zügen. Zamorra hatte mit seinen Feststellungen sichtlich ins Schwarze getroffen.
Hugh Owens räusperte sich verlegen. Er wischte sich mit der Hand über den Mund. Ganz ohne Grund. Ein Zeichen seiner Nervosität. Er rückte auf der Couch hin und her und fand trotzdem keine bequeme Stellung.
Zamorra sah den Detective forschend an. Er sah, wie der hagere Mann unter seinem Blick kleiner und kleiner wurde. Er hatte seine Lektion erteilt bekommen und hatte sie kapiert.
Dieser Zamorra war für ihn ein Mann, dem man uneingeschränkt glauben mußte.
Und genau diesen Punkt hatte Zamorra ihn bringen wollen.
»Von Miß Duval haben Sie nichts erfahren?«
Hugh Owens verneinte.
»Aber von diesem Tom Shafer?«
Dann brach es aus dem Detective heraus, als wäre der Staudamm, der seinen Redefluß bisher gehemmt hatte, gesprengt worden.
Er griff nach dem Notizzettel auf dem Tisch und klammerte sich förmlich daran fest.
»Sie haben auf dem Revier eine Beschreibung geliefert, Mister Professor Zamorra. Und vor zwei Stunden fanden wir einen Mann, auf den diese Beschreibung bis ins letzte Detail zutrifft. Seinem Ausweis nach hieß er Tom Shafer.«
»Er ist tot?«
»Schon ins gerichtsmedizinische Institut überführt. Er stürzte aus dem sechsten Stock eines Apartmenthauses. Am Pelham Park. Die Mordkommission war schon draußen, als uns die Nachricht jenes Beamten erreichte, bei dem Sie heute mittag ihr Protokoll abgeben wollten. Er hatte aus dem Radio davon erfahren, fuhr zurück in sein Revier und ließ uns diesen Zettel zukommen.«
Hugh Owens drückte den Daumen auf das Stück Papier auf dem Tisch.
»Ihre Beschreibung hätte perfekter gar nicht sein können. Ganz abgesehen von dem Rasierwasser, das er benutzte. Und daß Sie seinen Namen kannten. Darf ich Sie um eine Erklärung bitten? Mich persönlich haben Sie schon überzeugt, aber in einem offiziellen Bericht lassen sich Ihre Mitteilungen nicht verwenden. Nach allem, was Sie uns inzwischen gezeigt haben, fühlen wir uns Ihnen gegenüber als Bittsteller. An Hellseherei, an Gedankenübertragung und an all dieses Zeugs habe ich bis vor wenigen Minuten nie richtig glauben wollen. Aber jetzt muß ich Ihre Fähigkeiten wohl oder übel akzeptieren. Sie haben uns den
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