0109 - Das Alptraum-Mädchen
schlagenden Beweis dafür geliefert, daß es so etwas wirklich gibt. Verzeihen Sie, wenn ich meine Skepsis nur allmählich verliere. Aber Ihre Aussagen im Revier waren doch ziemlich ungeheuerlich, um mich einmal vorsichtig auszudrücken.«
Professor Zamorra hatte Verständnis für die Zwickmühle, in der Hugh Owens stecken mußte. Man wurde nicht alle Tage mit parapsychischen Phänomenen konfrontiert.
»Dann vergessen Sie dieses Stück Papier doch einfach«, schlug er vor. »Ich lege nicht den mindesten Wert darauf, daß - ähem - meine diversen Fähigkeiten aktenkundig werden. Ich kann Ihnen nur meine weitere Hilfe anbieten, und ich hoffe, daß Sie von meinem Angebot Gebrauch machen. Ich möchte Mademoiselle Duval finden. Sonst gar nichts. In diesem Rahmen können Sie uneingeschränkt über mich verfügen. Was wissen Sie über diesen Tom Shafer? Gibt es irgendwelche Unterlagen über ihn? Womit hat er sich beschäftigt?«
»Sie beginnen schon wieder, mich zu verhören«, meinte Owens verdrossen.
»Dann kommen Sie doch für ein paar Minuten aus Ihrer Einbahnstraße heraus. Wollen Sie nun eine Zusammenarbeit, oder wollen Sie sie nicht?«
Hugh Owens wand sich noch ein wenig.
»Okay«, sagte er schließlich. »Ich lege meine Karten auf den Tisch. Aber erwarten Sie nicht zuviel davon. Tom Shafer ist für uns ein unbeschriebenes Blatt. Wäre Ihr Besuch beim 47. Revier nicht gewesen, hätten wir seinen Tod als Selbstmord behandelt. Jetzt erscheint sein Ableben natürlich in einem anderen Licht. Ich sehe schon - Sie wollen noch weitere Fragen stellen. Ich werde sie Ihnen beantworten, soweit ich das kann. Fangen Sie schon an.«
»Uhrzeit?«
»Den Zeugenaussagen nach gegen 14 Uhr 15.«
»Die Wohnung, aus der er stürzte, war die seine?«
»Nein. Nachbarn sagten aus, daß sie von einer Dame bewohnt wurde, die ständig wechselnden Männerbesuch empfing.«
»Ihr Name?«
»Fleetwood stand auf dem Schild neben dem Klingelknopf. Doch das Apartment wurde von einem gewissen Hark Coreolan für zwei Jahre im Voraus bezahlt. Aber in ganz New York gibt es keinen Hark Coreolan.«
»Und diese Fleetwood? Was wissen Sie über sie?«
»Fast gar nichts«, mußte Hugh Owens zugeben. »Wir haben die Wohnung natürlich auf den Kopf gestellt. Es sieht ganz danach aus, als wäre diese Frau ein Callgirl oder so etwas ähnliches. Die ganze Wohnungseinrichtung sprach dafür. Muß ich deutlicher werden?«
»Nein, danke. Das reicht vollkommen. Ich muß danach annehmen, daß meine Sekretärin von Mitarbeitern eines Callgirl-Rings gekidnappt wurde?«
Hugh Owens nickte.
»Wir können das nicht mehr ausschließen.«
Professor Zamorras Herz klopfte schneller. Nicole in den Händen skrupelloser Gangster! Er war kein weltfremder Mensch. Seine Phantasie reichte vollkommen aus, um sich auszumalen, was inzwischen mit Nicole alles geschehen sein konnte. Ihm wurde leicht übel.
»Diese Miß Fleetwood haben Sie natürlich nicht gefunden.«
»Nein. Aber es wurden überall Fingerabdrücke abgenommen. Wenn sie jemals in den Akten auftauchte, dann bekommen wir sie.«
»Und Sie nehmen an, daß Tom Shafer aus dem Fenster gestürzt wurde?«
Owens zuckte die Achseln.
»Von einer Frau?«
»Ja, ja«, meinte Hugh Owens unwirsch. »Ich weiß ja selbst, daß das verrückt klingt. Shafer war ein kräftiger Mann. Nach allem kann ich nicht mehr daran glauben, daß er sich selbst durch die Fensterscheibe stürzte. Außerdem wurde die Fleetwood gesehen, als sie das Haus betrat. Wie eine Nachtwandlerin soll sie gegangen sein.«
Zamorras Brust begann zu jucken. Genau an der Stelle, an der das Amulett lag.
Ob diese ganze Entführungsgeschichte nicht doch in sein Ressort schlug?
Er war sich noch nicht ganz sicher. Verschiedenes deutete darauf hin.
Die Unterhaltung mit den beiden Detectives schleppte sich noch fast eine halbe Stunde lang hin. Heraus kam nichts dabei.
Alle Hoffnungen Zamorras liefen darauf hinaus, daß er wieder Kontakt mit Nicole bekam.
Doch der ließ auf sich warten.
Die Sonne ging bereits unter, als sich Owens und Conrady endlich verabschiedeten.
Nicht ohne Zamorra das Versprechen abgerungen zu haben, daß er sie sofort informierte, wenn er auf seinen magischen Wegen etwas Neues erfuhr.
Sie ließen ihre Telefonnummer da.
Professor Zamorra sollte sie anrufen, wenn ihm irgend etwas zu diesem Fall einfiel.
Zamorra hatte nur wenig Hoffnung.
Er wartete auf ein Zeichen von Nicole, und er wartete eine endlos lang erscheinende Zeit
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