0110 - Zargos, der Dämon
Arm und zog mich in die hinterste Ecke, wo zwischen zwei Palmenkübeln eine Sesselgruppe mit einem fleckigen Glastisch stand. Illustrierte waren darauf wahllos verstreut. Hier mußte mal jemand Ordnung machen.
»Dieses hübsche Mäuschen da hinten«, murmelte Suko und deutete zu der Aufnahme hinüber, »hat vor einer halben Stunde versucht, mir die Kehle durchzuschneiden. Und dort drüben, diese beiden freundlichen Ladies…« Er deutete zu den Aufzügen. Soeben hielt eine Kabine. Zwei Krankenschwestern stiegen aus und nickten uns lächelnd zu. »… diese netten Ladies wollten mir die Beine in Streifen schneiden und mir hinterher das Lebenslicht ausblasen. Mit Skalpellen. Und das alles im Fahrstuhl.«
Ich holte scharf Luft. Einen anderen hätte ich ausgelacht und einen Aufschneider und Lügner genannt. Die drei Frauen sahen so harmlos wie nur möglich aus. Vielleicht ein wenig erschöpft und mitgenommen, aber welche Nachtschwester war das nicht?
»Wie ist das möglich?« fragte ich entgeistert.
»Möchte ich auch gern wissen«, knurrte mein Freund. »Ich mußte mich vor ihnen auf das Kabinendach retten. Sieben reizende helfende Engel waren das! Als es nicht klappte, verließen sie den Aufzug. Ich habe sie gesucht, aber sie waren schneller untergetaucht als ein U-Boot. Als ich in die Halle kam, saß die süße Kleine an ihrem Platz, als wäre nichts geschehen. Das gleiche gilt für die anderen sechs. Ich habe die Stationen abgeklappert und alle wiedergesehen. Als freundliche, hilfsbereite Krankenschwestern.«
Ich musterte Suko kopfschüttelnd. »Du bist nicht rein zufällig überarbeitet?« erkundigte ich mich freundschaftlich.
Er hob das rechte Bein, und ich dachte schon, er wollte wegen meiner Unverschämtheit einen Karatetritt an mir ausprobieren. Statt dessen zeigte er mir die Stiefelsohle.
»Meinst du, ich schnitze freiwillig mein Monogramm in meiner Freizeit?« fragte er.
Ich fröstelte, als ich den tiefen Einschnitt entdeckte. »Na schön, du hast recht«, gab ich zu. »Hast du mit Lavender gesprochen?«
»Er kann sich angeblich an nichts erinnern, und ich glaube ihm. Und wie ist es bei dir gelaufen?«
Ich schilderte es ihm.
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, gab mein Freund zu. »Siehst du durch, John?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein! Wir können uns mit den Krankenschwestern unterhalten, aber…«
Suko stieß einen überraschten Ruf aus. Ich wandte mich hastig um.
Hinter dem Pult der Aufnahme saß eine ältere Frau in Schwesterntracht, die grauen, strähnigen Haare sorgfältig unter das Häubchen geschoben, daß sie nur an den Schläfen hervorlugten, auf der zu großen Nase eine Nickelbrille.
Ich ging zu ihr und zeigte ihr meinen Ausweis. »Wo ist denn die Kollegin, die Sie während der letzten Stunde vertreten hat?« erkundigte ich mich.
»Wie bitte?« Sie sah mich entgeistert an. »Sir, ich habe meinen Platz nur für zwei Minuten verlassen, um im Büro ein paar Akten herauszusuchen, die wir mit Beginn des Morgendienstes brauchen. Aber ich habe den Empfang keine Sekunde aus den Augen gelassen. Meinen Sie, daß ich meine Pflicht vernachlässige?«
Ich beschrieb die Krankenschwester, mit der Suko und ich gesprochen hatten, und sie nickte.
»Die kenne ich, aber die arbeitet auf der Intensivstation. Schwester Mary. Sie hat seit einer Woche Urlaub. Nein, Sie müssen sich irren, Sir!«
Auch die anderen Krankenschwestern, die Suko sehr deutlich schilderte, hatten in dieser Nacht keinen Dienst. Wir überzeugten uns davon, indem wir den diensthabenden Arzt als Zeugen holten. Er bestätigte die Angaben der Grauhaarigen an der Aufnahme voll und ganz.
Ich konnte nichts anderes tun, als Suko zu den Polizisten zu schicken, die Randolph Lavender überwachten. Sie sollten auf den Patienten besonders gut aufpassen und dem Klinikpersonal auf die Finger sehen.
Ich begründete es damit, daß sich möglicherweise ein Attentäter als Arzt oder Krankenschwester getarnt einschleichen könnte.
Außerdem ließ ich mir die Namen und Adressen der Schwestern geben, die Suko angegriffen hatten. Mehr war im Moment für uns nicht drin. Eine miese Lage!
Als wir das Krankenhaus verließen, fuhr ein Taxi vorbei. Für einen Moment sah ich einen weißhaarigen Mann auf den Rücksitzen. Es gab mir einen Ruck, doch ich entspannte mich gleich wieder.
In London fuhren öfters weißhaarige Männer mit Taxis. Wenn ich hinter jedem herjagte, hatte ich eine ganze Menge zu tun.
Wir fuhren nach Hause und verabschiedeten
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