0111 - Unter falscher Flagge
zuckte zusätzlich die Achseln, um so auszudrücken, daß er sich nicht sicher war.
Wie erwartet, stand Rhodan plötzlich allein da und mußte die Entscheidung fällen. Er fühlte, daß es keine reine Verstandesentscheidung wurde, sondern eine gefühlsbedingte.
Konnte er das verantworten? Widersprachen gefühlsbedingte Entscheidungen nicht sehr oft dem gesunden Menschenverstand?
Auch jetzt sagte ihm sein Verstand, daß der unversöhnliche Haß seines Sohnes niemals in so kurzer Zeit in Reue oder gar Zuneigung umschlagen konnte.
Seine Zweifel suchten nach einem Ausweg. Und er fand ihn. Er sprach ihn sogar offen aus.
„Es fällt mir schwer, dir zu glauben, Thomas Cardif, der du mein Sohn bist. Wenn ich überhaupt einem Treffen zwischen uns beiden zustimme, so nur deshalb, um deine Absichten kennenzulernen.
Ich will die Motive deiner angeblichen Sinneswandlung ergründen.
Aber hüte dich, mir eine Falle stellen zu wollen. Meine Leute warten in der Nähe und..."
„Ich komme allein, aber ich erwarte das auch von dir. Das Plateau ist nur klein, und kein Schiff kann darauf landen. Mich hat ein Fluggleiter mit dem Funkgerät abgesetzt. Im Augenblick bin ich sogar so gut wie hilflos, wenn du mich angreifen ließest. Wenn auch du allein kommst, stehen nur wir beide uns gegenüber - und du wirst mich doch nicht fürchten. Ich bin waffenlos."
Auch das konnte eine Falle und eine Lüge sein, überlegte Rhodan, der innerlich bereits fest entschlossen war, den Versuch zu wagen. Sollte er nicht für Rückendeckung sorgen? Wenn er jetzt auch nur einen einzigen falschen Schritt unternahm, war der bisher errungene Erfolg gefährdet. Auf der anderen Seite durfte er keine Chance versäumen, den Sohn zurückzugewinnen.
„Also gut, ich werde kommen. Zu Fuß, wenn es geht."
„Es geht leicht. Hundert Meter unterhalb des Plateaus erstreckt sich eine Ebene, auf der ein Schiff landen kann. Von da an geh allein. Ich habe nichts dagegen, wenn dein Schiff bleibt und wartet.
Du mußt zugeben, daß es innerhalb weniger Sekunden über dem Plateau erscheinen könnte, wenn etwas Verdächtiges geschieht.
Niemand könnte sich dem Plateau nähern, ohne von deinen Leuten bemerkt zu werden."
Das klang einleuchtend. Rhodans letzte Zweifel schwanden.
Es entstand eine kleine Pause, als die Ergebnisse der Peilungen eintrafen. Rhodan überprüfte sie. Cardifs Sendung kam von einer kleinen Felseninsel mitten in einem der großen Meere. Der nächste Kontinent war fünfhundert Kilometer entfernt. Was Rhodan allerdings nicht wußte, war die Tatsache, daß kaum hundert Kilometer von der Insel entfernt ein riesiges Unterwassergebirge seine Gipfel bis tausend Meter unter die Meeresoberfläche emporhob.
„Ich werde in einer halben Stunde auf der Insel landen", sagte Rhodan entschlossen. „Aber ich warne dich, Thomas! Eine falsche Bewegung, und ich lasse jede Rücksicht fallen. Es ist mein letzter Versuch, dir die Hand zu reichen. Vergiß das nicht!"
„Ich warte auf dich", sagte Cardif nur, dann erlosch der Bildschirm. Der Funker der IRONDUKE schaltete das Gerät aus.
Rhodan schritt langsam in die Kommandozentrale; Deringhouse und Bully folgten ihm. Sie machten beide kein sehr zuversichtliches Gesicht und hielten mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg.
„Wie kannst du so leichtgläubig sein, diesem Cardif auch nur eine Sekunde zu trauen", rügte Bully und machte seiner Empörung Luft. „Glaubst du denn vielleicht an diese wundersame Wandlung seines Charakters? Wenn der Schock der Behandlung wirklich eine Änderung verursacht hat, dann bemerkte es Cardif aber reichlich spät."
„Ganz seiner Meinung", pflichtete Deringhouse ihm bei. „Ich kann mir nicht vorstellen, daß Cardif so lange benötigte, den Umschwung zu bemerken - wenn es überhaupt einen gegeben hat."
„Ich behaupte nicht, ihm restlos zu vertrauen", entgegnete Rhodan langsam und betrachtete die Karte, die auf dem Kontrolltisch lag. Die Insel war bereits eingezeichnet worden. „Aber welchen Hinterhalt könnte er mir schon stellen? Eine einsame Insel! Die IRONDUKE wird in der Nähe sein! Niemand kann sich unbemerkt dem Plateau nähern! Nein, ich muß es riskieren!"
„Also mehr Neugier, was sich hinter dem Manöver verbirgt", versuchte Deringhouse eine Analyse. „Ich würde wahrscheinlich genauso handeln wie Sie, Sir."
„Danke, General", nickte Rhodan ihm zu. „Im Grunde genommen bleibt mir keine andere Wahl - und Thomas Cardif weiß das genauso gut wie ich. Ganz davon
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