0115 - Der Imperator und das Ungeheuer
Gefühle gut zu verbergen. In diesem kantigen Gesicht war nicht die Spur einer Regung festzustellen.
„Keineswegs", versicherte der Priester spöttisch. „Aber eine Lektion in komischer Strategie."
General Alter Toseff räusperte sich wütend, als er diese freche Bemerkung hörte. Atlan winkte dem Arkoniden beruhigend zu. Er glaubte zu wissen, daß der Priester ihm die Sache besonders schmackhaft machen wollte.
„Auf Saos steht die Invasion eines Solaren Flottenverbandes unter Führung Perry Rhodans bevor", verkündete Kutlos in diesem Moment. Seine Stimme aber hatte unverändert sachlich geklungen.
Atlan war zusammengefahren, als Rhodans Name erwähnt wurde. Seine Sinne wollten das Gehörte nicht wahrhaben. Er brauchte mehrere Sekunden, bis er sich von dem Schock erholt hatte.
„Sind Sie sicher, daß es Terraschiffe sind?" fragte er Kutlos.
„Wenn Sie sich beeilen, können Sie es selbst feststellen", schlug der Anti ironisch vor. „Warten Sie aber nicht zu lange, denn inzwischen könnte Saos von Fusionsbomben vernichtet werden. Rhodan hat immerhin viertausend Schiffe aufgeboten."
„Viertausend", wiederholte Atlan dumpf. „Er fliegt einen Angriff auf einen Planeten des Großen Imperiums mit einem ganzen Flottenverband. Das ist eine offene Kampfhandlung."
„Werden Sie eingreifen?" erkundigte sich Kutlos gespannt.
Atlan musterte ihn unfreundlich. Er konnte sich in die Gedankengänge des Priesters versetzen.
Trotzdem war Rhodans Vorgehen eine ungeheuerliche Maßnahme, die de facto einer Kriegserklärung gleichkam.
„Denken Sie einmal darüber nach", empfah ler Kutlos und schaltete ab.
Toseff öffnete zögernd seinen Mund. Die innerliche Erregung des Imperators war unverkennbar. Der General verkniff sich eine Bemerkung. Instinktiv fühlte er, daß er dem einsamen Mann bei seiner Entscheidung nicht helfen konnte. In diesem Moment wurde die Treue des Generals noch fester verankert. Er spürte die Verbundenheit mit dem Unsterblichen und eine unzerstörbare Loyalität zum Großen Imperium.
„Wie konnte der Barbar nur so etwas tun?" sagte Atlan niedergeschlagen. „Will er mit aller Gewalt einen galaktischen Krieg entfesseln?"
„Vielleicht hat der Priester gelogen", wandte der General ohne Überzeugung ein. „Die Baalols könnten daran interessiert sein, zwei ihnen besiegbar erscheinende Mächte aufeinanderprallen zu lassen."
„Das sind sie zweifellos", stimmte Gonozal VIII. zu. „Trotzdem hat der Anti die Wahrheit gesprochen. Er weiß nur zu gut, daß ich Möglichkeiten besitze, um seine Information schnell überprüfen zu lassen. Mit einer Lüge riskiert er die Sperrung des Stützpunktes von Saos."
Mit einer gewissen Bestürzung erkannte der General, daß Atlan zögerte, auf die aggressive Herausforderung der Solaren Flotte in entsprechender Weise zu antworten. Seine Freundschaft mit Perry Rhodan hielt ihn wie eine unsichtbare Fessel umklammert. Er wollte einfach nicht begreifen, daß der Erste Administrator der Erde auf solche Weise alle abgeschlossenen Verträge brach.
„Euer Erhabenheit, weitere Zurückhaltung von unserer Seite würde uns bei allen Verbündeten und aufständischen Kolonien als schwach erscheinen lassen", mahnte Toseff. „Außerdem würde es weitere Aktionen der Terraner nach sich ziehen. Einmal muß es eine Grenze geben. Entschuldigen Sie meine harten Einwände."
Atlan fuhr mit dem Handrücken über sein Gesicht. Die Stille des großen Raumes wirkte auf Toseff niederdrückend. Es war unangenehm kühl, was aber auch Einbildung sein konnte.
„Ich danke Ihnen für Ihre offene Sprache, General", antwortete Atlan ernst. „Ich schätze es, wenn jemand seine Meinung unverblümt ausspricht. Das ist bei den Würdenträgern des Imperiums selten der Fall."
„Sie werden nur schwer zu einer Entscheidung gelangen, Imperator", vermutete der arkonidische Statthalter von Saratan.
Atlan lächelte humorlos. „Ein altes arkonidisches Sprichwort sagt, daß man mit Freunden Geduld haben muß, wenn die Freundschaft zu zerbrechen droht. Wieviel Geduld, General?"
Atlans Frage stellte das ganze Ausmaß seiner schwierigen Situation dar. Während er bemüht war, es nicht zu einem offenen Bruch mit Rhodan kommen zu lassen, mußte er gleichzeitig mit allen Mitteln das Große Imperium vor weiteren militärischen Übergriffen schützen.
Vielleicht - wer will das sagen - hätte Atlan noch einmal Rücksicht auf seine Freundschaft mit den Terranern genommen, wenn es keinen Major Albert Kullmann
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