0117 - Schwere Fäuste, leichte Siege
glauben Sie denn, ich habe etwas mit Kokain zu tun?«
»Immerhin wissen Sie aber auf dem ersten Blick, dass darin Kokain sein dürfte. Ein normaler Sterblicher bekommt so etwas nie zu Gesicht. Aber Sie kennen so etwas offensichtlich.«
Morgan rieb sich über die Stirn.
»Ich verstehe nicht, wo sie es herhaben könnte.«
»Sie verstehen es nicht? Morgan, spielen Sie uns kein Theater vor! Legen Sie die Karten auf den Tisch!«
Er biss sich auf die Unterlippe. Einen Augenblick lang sah es so aus, als wollte er sprechen, aber dann schüttelte er plötzlich den Kopf und knurrte: »Das ist doch alles Quatsch! Glauben Sie denn, ich wäre rauschgiftsüchtig?«
»Süchtig vielleicht nicht«, warf Phil ein. »Aber Sie verkaufen es! Und das ist viel schlimmer! Sie verdienen am Elend der Süchtigen!«
»Das ist eine Unverschämtheit!«, brüllte Morgan.
»Wo hat Ihre Tochter das her?«, fauchte ich ihn an. Langsam musste man ja in dieser ganzen undurchsichtigen Angelegenheit endlich mal vorankommen.
»Ich weiß es nicht, das habe ich Ihnen schon gesagt!«
»Sie wissen natürlich auch nicht, was die beiden Gangster hier wollten?«
»Natürlich nicht! Oder glauben Sie, solche Leute gehörten zu meinen Freunden? Ich habe keinen blassen Schimmer, was sie hier wollten! Ich dachte, Sie könnten es mir erklären!«
Ich stand auf und ging ein paar Schritte hin und her.
»Ja«, sagte ich. »Ich glaube, das kann ich Ihnen erklären! Sie gehören zu einer Rauschgiftbande und irgendwie steckte auch Archy Douglas mit drin. Jetzt wurde Douglas aus einem uns noch unbekannten Grund umgelegt. Der Chef der Bande weiß aber, dass sich zwischen Douglas und Ihrer Tochter etwas angebahnt hat. Er muss fürchten, dass Sie zur Polizei laufen, um Archys Mörder preiszugeben. Also stellen Sie eine Gefahr für die Bande dar, und also müssen Sie auch beseitigt werden! Klar oder nicht?«
Morgan sah mich fassungslos an. Dann schüttelte er den Kopf. Er war anscheinend ein guter Schauspieler.
»Bei Ihnen ist eine Schraube locker«, sagte er dumpf. »So etwas Fantastisches hat mir noch keiner erzählt.«
»Haben Sie eine bessere Erklärung für das Auf kreuzen der beiden Gangster?«, fragte Phil scharf.
Morgan seufzte.
»Zum Teufel, ich sagte Ihnen schon, dass ich keine Ahnung habe, was sie hier wollten!«
Bevor wir etwas dazu sagen konnten, stand der Arzt plötzlich in der offenstehenden Wohnzimmertür. Er sah ernst zu Mister Morgan.
»Wussten Sie?«, fragte er mit leiser Stimme, während er die randlose Brille putzte, »wussten Sie, dass Ihre Tochter rauschgiftsüchtig ist? Sie muss unglaubliche Mengen von Kokain in den letzten Wochen und Monaten zu sich genommen haben. Es gibt nur noch eine vage Möglichkeit, sie zu retten. Sie muss sofort in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden.«
Wir sahen, wie Morgan, der sich erhoben hatte, zurück in den Sessel fiel. Er hatte wieder Schweiß auf der Stirn, und seine Hände flatterten vor Erregung…
Der Doc telefonierte eine Weile mit einer Anstalt, wo Rauschgift-Entziehungskuren vorgenommen wurden. Als er den Hörer aus der Hand legte, sagte er: »Man wird morgen früh einen Wagen schicken. Gegen zehn Uhr wird er hier sein. Vielleicht helfen Sie Ihrer Tochter beim Packen ihrer Sachen, die sie für ungefähr zwei oder drei Monate brauchen wird.«
Morgan nickte verwirrt. Dann sagte er gequält: »Aber wird Mabel überhaupt in so eine Anstalt wollen?«
Der Arzt zuckte die Achseln.
»Das ist schwer zu sagen. Es kann sein, dass sie noch Vernunft genug besitzt, einzusehen, dass es so nicht weitergehen kann und dass sie von dem Gift loskommen muss. Es kann ebenfalls sein, dass die Sucht und der häufige Genuss des Giftes sie schon so geschwächt haben, dass ihre Willenskraft davon schon so untergraben wurde, dass ihr der Genuss des Giftes mehr bedeutet als alles andere. In dem Fall würde ich im Interesse ihrer Wiedergesundung die Anwendung von Gewalt für nützlich halten. Es tut mir leid, Rally, dass ich so sprechen muss. Aber es geht hier nicht um eine augenblickliche Freundlichkeit deiner Tochter gegenüber, sondern um ihr Leben.«
Morgan nickte. Er murmelte, dass er nach besten Kräften versuchen wollte, seiner Tochter zuzureden. Der Arzt verabschiedete sich von ihm und von uns. Ich brachte ihn zur Tür und ging mit ihm hinaus auf den Etagenflur.
»Eine Vernehmung des Mädchens ist heute Nacht nicht mehr möglich?«, erkundigte ich mich vorsichtig.
»Nein. Heute Nacht ist das völlig
Weitere Kostenlose Bücher