0118 - Der Drachengott von Bali
bewaffnet.
Aber ein freundliches Grinsen lag auf ihren runden Gesichtern, nur ihre Augen funkelten tückisch. Auch Siri und Bazoa waren unter ihnen. Siri schulterte seinen Vorderlader wieder.
Er war kaum mehr von den anderen Eingeborenen zu unterscheiden.
»Wollen die uns alle tragen helfen?« fragte Zamorra zynisch, als der Dolmetscher heran war.
»Aber nein, Herr. Vier Männer genügen. Es ist auch nicht sehr weit, hat man mir gesagt.«
Fünf Kilometer Luftlinie, dachte Zamorra. Aber fünf Kilometer bergauf durch den Dschungel.
»Die anderen sind gekommen, um sich von Ihnen zu verabschieden«, fuhr Siri fort.
»Wie aufmerksam«, erwiderte Zamorra und bemühte sich um ein freundliches Gesicht. »Sage dem Häuptling, daß wir uns sehr für seine Gastfreundschaft bedanken.«
Siri redete auf den fetten Bazoa ein, der sich mit der Feile die Zähne abschliff. Der Häuptling nahm die Feile aus dem Mund und verneigte sich. Auch er sagte ein paar Worte.
»Häuptling Bazoa wünscht Ihnen für Ihre Unternehmungen alles Glück und Erfolg, Herr. Er freut sich bereits, Sie bald wieder begrüßen zu dürfen.«
»Falscher Hund«, sagte Zamorra auf Französisch, und Siri schaute ihn irritiert an.
»Ich freue mich auch«, sagte Zamorra dann. »Können wir jetzt aufbrechen?«
»Alles ist bereit, Herr.«
Aus der Gruppe lösten sich vier muskulöse Männer. Sie gaben ihre Pida und ihren Speer dem jeweils Nächststehenden, und Zamorra atmete erleichtert auf.
Dann konnte es ja nicht mehr so schlimm werden. Mit diesen fünf Leuten müßte er fertig werden können, wenn er erst einmal Siris Vorderlader an sich gebracht hatte.
Ihm fiel auf, daß die Träger keinerlei Proviant bei sich hatten. Seine Konservenkost würden sie bestimmt ablehnen, und so konnte es wirklich nicht sehr weit ins Lager des Bergstammes sein.
Zamorra hatte in dieser fast durchwachten Nacht genügend Zeit gehabt, sich einen Plan zurechtzulegen.
Er würde sich bis in die Nähe des Lagers bringen lassen. Wann das war, würde sein Amulett ihm andeuten, das er unter seinem Hemd verborgen auf der Brust trug.
Dann wollte er seine Begleiter kampfunfähig machen, Nicole auf einem der Bäume in Sicherheit bringen und sich an das Lager heranschleichen.
Dann würde er weitersehen, wie er dem Dämon begegnen und unschädlich machen konnte.
Die Träger luden sich die Kisten auf die Köpfe und balancierten sie aus. Sie hatten einen enormen Gleichgewichtssinn, denn sie ließen dann aus und marschierten los, als hätten sie nur Sofakissen auf ihren kraushaarigen Schädeln.
Die übrigen Dorfbewohner folgten ihnen bis an den Rand des Waldes, der sich wie eine grüne, unüberwindbare Mauer gleich hinter Gitnang erhob.
***
Siri ging voraus, und der grüne Vorhang schloß sich hinter ihnen. Der Wald hüllte sie ein, wie ein Kokon die Larve. Der Himmel war nur mehr quadratzentimeterweise zu sehen. Äste peitschten ihnen ins Gesicht. Den Trägern schien das nichts auszumachen.
Zamorra und Nicole stolperten über versteckte Baumwurzeln, doch die Eingeborenen trippelten leichtfüßig dahin, als würden sie über eine Wiese laufen. Zamorra kam sich schwer und tollpatschig vor. Er zog Nicole am Arm hinter sich her.
Sie tauchten in eine Geräuschkulisse, die aus dem Keckem von Affen, Vogelschreien und surrenden Insekten bestand. Der Nebel hatte sich auch einen Raum zwischen Blättern und Stämmen erobert und ließ den Wald noch unnahbarer und unheimlicher erscheinen. Lianen wanden sich um Bäume, als wollten sie sie erdrosseln, und es roch schwer nach Moder und Zerfall. Bald hatten sie den Geschmack auf der Zunge und am ganzen Körper. Trotz der Kühle brach ihnen der Schweiß aus allen Poren.
Das Gelände stieg an. Eine Zeitlang versuchte Zamorra, nach Orientierungspunkten Ausschau zu halten, anhand derer er wieder den Weg zurückfinden konnte, aber das gab er bald auf. Der Wald sah überall gleich aus. Ein Meer aus Grün, betupft mit bunten Blättern, und sie tauchten darin herum.
Siri machte sich nicht die Mühe, steileren Hängen auszuweichen oder sie in Serpentinen zu nehmen. Er kannte nur einen Weg in dieser pfadlosen Wildnis, und der führte immer geradeaus. Den Vorderlader hielt er in der Linken, während er mit seiner Pida die ärgsten Hindernisse aus dem Weg schlug.
Nicole wurde das Tempo bald zu hoch. Sie schnaubte und schniefte entrüstet, ächzte und keuchte. Das war kein Strandspaziergang vor dem Bali-Beach-Hotel. Das war ein mörderischer Gewaltmarsch
Weitere Kostenlose Bücher