012 - Das Schloß des Schreckens
Existenzkampf ausgesetzt gewesen.
Dean Warren gab ihm vorsichtig die Hand, denn er fürchtete, dem zerbrechlichen Mann die Hand zu zerdrücken, wenn er fest zugriff.
Der Professor bat sie herein. Schüchtern, zurückhaltend, aber voller Freude begrüßte er Elvira Saba.
»Wie geht es Ihrem Vater, Senhorita? Er ist ein sehr bemerkenswerter Mann.«
»Er war es«, antwortete Elvira Saba leise. »Er ist tot.«
Der Professor sprach ihr sein Bedauern aus. Er fragte nach der Ursache von Didier Sabas Tod.
»Das ist der Grund unseres Besuches«, mischte Dean Warren sich ein. »Sie werden in der nächsten Stunde Dinge hören, die Ihnen unglaublich und unfassbar vorkommen, Professor Salvador, doch es ist die reine Wahrheit. — Der ganzen Menschheit droht eine schreckliche Gefahr. Nur Sie kennen das Mittel, den Schrecken zu bannen.«
Professor Salvador wiegte den Kopf hin und her. Seit er erfahren hatte, dass Dean Warren Amerikaner war, sprach er Englisch mit seinen Besuchern.
Sein Englisch war altertümlich und gekünstelt, aber trotz des Akzents gut zu verstehen.
Die Haushälterin rief etwas und verließ mit einer großen Einkaufstasche die Wohnung. Dean Warren, Elvira Saba und der Professor waren allein in dem hohen Arbeitszimmer.
Das Arbeitszimmer passte zu Miguel Salvador. Bis zur Decke ragende Bücherregale an zwei Wänden. Alte Möbel mit verschnörkelten Beinen. Ein teurer, aber ausgetretener Perserteppich. Ein Leuchter, dessen Schalen gelblich verfärbt und mit Fliegendreck übersät waren. An der einen freien Wand ein düsteres Ölgemälde. In der anderen war das Fenster mit den bis zum Boden reichenden Vorhängen. Die Luft im Zimmer war warm und trocken.
Sie saßen am Schreibtisch des Professors. Dean Warren erzählte mit knappen Worten, was sich seit seiner Ankunft in Tanger ereignet hatte. Der Professor unterbrach ihn mehrmals, besonders wenn er das Erscheinen und Wirken des Ghuls erwähnte. Auch Elvira Saba fügte einiges hinzu. Endlich aber kam Dean Warren doch zum Ende.
Der Professor rieb sich das spitze Kinn.
»Das also ist die Erklärung für die Morde in New York, Paris, Athen und Moskau. Einmal, vor zwölf Jahren, sah ich Professor Malveillance bei einem medizinischen Kongress in Sevilla. Schon damals hatte ich den Eindruck, dass er ein skrupelloser, zu allem fähiger Mann sei. — Er und Dr. Didier Saba suchten mich damals auf. Ich bin Historiker und Ethnologe, Mr. Warren, und ich habe einen bedeutenden Namen in der Fachwelt. Professor Malveillance und Dr. Saba stellten mir viele Fragen über Völker des Altertums und der Vorzeit. — Professor Malveillances Forschungen und Arbeiten, die sich zum Teil mit der Parapsychologie beschäftigten, befassten sich auch mit magischen Kulten und okkulten Riten der Vergangenheit. Das war mit der Hauptgrund, weshalb Professor Malveillance der Scharlatanerie bezichtigt wurde.«
»Sie wissen jetzt, worum es geht«, sagte Dean Warren. »Kennen Sie ein Gegenmittel gegen die dämonischen Geschöpfe des Ghul?«
»Ja«, antwortete der Professor sofort, »der Dolch des Cid. El Cid Campeador, der Nationalheld der Spanier und das Symbol des unerschrockenen Kämpfers, lebte von 1043 bis 1099. Nachdem El Cid bei Alfons VI. in Ungnade gefallen war, stand er in maurischen Diensten. Im Auftrage eines Maurenfürsten, räumte er unter den Piraten auf, die zu dieser Zeit die Straße von Gibraltar beherrschten. — Bei einer seiner Fahrten trieb El Cid ein Piratenschiff in eine Bucht unterhalb einer Felsenburg. Die Besatzung des Piratenschiffes ergab sich lieber, als in der Felsenfestung Schutz zu suchen. Auf seine Fragen erfuhr El Cid, dass der Herr jener Burg ein Ghul und Dämon sei, ein Geschöpf der Hölle, das Menschen umbringe und ihre Seelen fresse. — El Cid lachte. Pedro, sein Freund und Kampfgenosse, ging hinauf zur Burg. Die im Schiff Zurückgebliebenen sahen, wie er ans Burgtor pochte. Dann warf er seine Waffen weg, zog das Panzerhemd aus und ging waffenlos und wie ein Schlafwandler hinein in die Festung. Er kehrte nicht zurück. Aber ein prächtig gekleideter, schwarzbärtiger Mann erschien auf dem Wehrturm der Burg und stieß ein so schreckliches Lachen aus, dass die Gefährten des Cid ein kalter Schauder überlief. Sie baten ihren Herrn, abzulegen und den verfluchten Ort hinter sich zu lassen.«
Der Professor hatte sich in Eifer geredet. Seine Augen blitzten. Dean Warren und Elvira Saba hörten gespannt die alte Geschichte an, die die Lösung ihres Problems
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