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012 - Der Schatten des Vampirs

012 - Der Schatten des Vampirs

Titel: 012 - Der Schatten des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurice Limat
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Santiago an, dass er der einzige war, der noch draußen wachte. Wahrscheinlich war es das Fieber, das ihn Gespenster sehen ließ – das Fieber, das ihm dieser verdammte Urwald angehext hatte mit seinen betäubenden Düften, mit dem Miauen der Tigerkatzen und den Schreien der sterbenden Vögel.
    Weil er aber ein Kampf gewohnter Bravo war, schlich er sich doch lautlos näher, argwöhnisch, wie er es gelernt hatte. Das war gut.
    Denn da war ein Mann, der an der Wand der Posada vorbeihuschte.
    Santiago stieg das Blut zu Kopf. Wenn dieser Eindringling herausbekam, was da vor sich ging, wenn er Conchas nackten Körper sah, dann war der Erfolg der „Limpia“ gefährdet. Dann blieb Concha noch länger im Bann der bösen Mächte, von dem die „Mama“ sie befreien wollte.
    Wie ein Reptil robbte Santiago näher, denn das Gelände um die Posada lag frei und konnte eingesehen werden. Er kroch im Schatten der Büsche, geschmeidig und leise, mit der blanken Navaja in der Rechten, und war zum Angriff bereit.
    Es war ihm jetzt schon klar, wer dieser Mann war, obwohl er sein Gesicht noch nicht erkennen konnte. Es konnte niemand anders als Felipe sein. Felipe lungerte um die Posada herum und suchte sein Opfer aufs Neue. Immer kühner, da Santiago nicht reagiert hatte.
    Mit angehaltenem Atem beobachtete Santiago, dass dieser Mann etwas auf dem Rücken trug. Er konnte es nicht genau erkennen.
    Als der Unbekannte sich dem Fenster näherte, wurde die Silhouette ganz deutlich. Es war eine Gitarre.
    Da zögerte Santiago nicht länger.
    Er sprang ihn von hinten an und packte ihn bei den Schultern. Blitzschnell riss Felipe sein Instrument vom Körper, ließ es los und rollte sich am Boden. Die Gitarre gab seltsame Töne von sich, dunkel und wehmütig, dass man hätte glauben können, sie weine vor Schmerz, obwohl keine Hand sie rührte.
    Die beiden Männer kämpften am Boden. Santiago, besinnungslos vor Wut, war zunächst im Vorteil, weil er den anderen überrascht hatte. Hinter dem schmutzigen Vorhang, der die Fensteröffnung bedeckte, lag Concha, in Trance, mit weit aufgerissenen Augen und vergrößerten Pupillen.
    Auf diesem Tisch wurden sonst die Festgelage der Seringueiros abgehalten. Da verschlangen sie gebratene Echsen und ganze Schildkröten. Dort tanzte Concha am Abend, animiert von der Musik und den Blicken ihres Publikums, den Fado oder den Paso.
    Aber jetzt schien die Posada wie verwandelt. Sie glich eher einer Kapelle, in der ein seltsames Ritual abgehalten wurde. Die Frauen, etwas mehr als ein halbes Dutzend, schritten mit ihren Räucherschalen feierlich um den Tisch. Auf ein Zeichen der „Mama“ knieten sie nieder, beteten im Wechselgesang und bildeten dann einen Kreis um die Nackte in ihrer Mitte. Ihre Räuchergefäße beschrieben Ornamente, so dass man hätte denken können, das Ganze sei sorgfältig einstudiert worden. Der reinigende Rauch stieg nach oben und formte luftige Bögen, die sich unter der Decke schlossen wie zu einem Käfig. Seine Stäbe waren nicht greifbar, doch hielten sie die bösen Geister ab. Auch die Zaubertöne der Gitarre hätten sie nicht durchdringen können, falls Felipe daran dachte, sie jemals wieder zu spielen.
    Die „Mama“ hielt die Messe ab. Auch sie war ganz in Schwarz. Ihre Augen waren geschlossen, sie betete laut vor. Dazwischen gab sie ihren Gehilfinnen Anweisung, damit der Fortgang der „Limpia“ nicht aufgehalten wurde. Sie mischte in tiefer Gläubigkeit Gebete an die Madonna mit uralten indianischen Beschwörungen. Sie sollten die hellen Mächte auf den Plan rufen, die ewigen Feinde der schwarzen Geister des Dschungels.
    Concha nahm wahr, was um sie her vorging, wenn auch nur im Unterbewusstsein. Sie kam sich wie gekreuzigt. vor, und ihre Glieder taten weh. Der Rauch legte sich in schweren Schwaden erstickend auf ihre Brust. Die monotonen Stimmen der Frauen durchdrangen ihre Bewusstlosigkeit. Sie sollten sich in ihrem Gehirn festsetzen als Gegenmittel gegen das Zauberlied der Gitarre, damit der Bann des Bösen gebrochen wurde, das sich die Musik als Medium gewählt hatte, um Concha zu verderben.
    Die „Mama“ und ihre Hilfspriesterinnen waren ganz dem Ritual der „Limpia“ hingegeben, sie bemerkten nichts, was draußen um sie vorging. Concha hingegen war plötzlich hellwach und glaubte, vor draußen ein beunruhigendes Geräusch zu vernehmen.
    Das war der Moment, als die beiden Kämpfenden sich ineinander verbissen hatten wie zwei tollwütige Hunde. Sie wälzten sich am Boden

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