012 - Der Silbermann
verdammten Pfoten von Annette!«
Einer der Affen ging zu ihm, schnellte hoch und schlug ihn mit der Faust ins Gesicht. Er verstummte.
Die Pavian-Dämonen befreiten Annette Mann. Ihr Augen schwammen in Tränen. Sie wollte sich losreißen, es gelang ihr auch.
Sofort rannte sie los, doch sie kam nicht weit. Drei Schritte nur, dann rangen die Affen sie nieder. Mit harten Pranken zerrten sie sie hoch. Annette drehte den Kopf, schaute zurück. Sie wußte, daß ihr das Blutritual bevorstand.
»Leb wohl, Arno«, schluchzte sie.
Es schnürte ihm die Kehle zu. »Tut mir leid«, preßte er heiser hervor. »Es tut mir ja so schrecklich leid, Annette!«
Sie schleiften sie aus dem Kerker, und Arno Beymer wünschte sich, die Pavian-Dämonen hätten nicht Annette geholt, sondern ihn…
***
Warten. Warten. Warten.
Worauf? Genau wußten wir es nicht. Es stand für uns nur fest, daß etwas passieren würde, aber wir hatten keine Ahnung, wann und wie. Wo, wußten wir schon. Hier. Auf dieser Yacht. Auf der Black Dragon. Von diesem Schiff würde uns die schwarze Macht herunterholen wollen, und wir mußten uns blitzschnell darauf einstellen, zurückzuschlagen und uns unserer Haut wehren.
Es war die Ungewißheit, die uns mürbe machte.
Eine Gefahr, die man kennt, ist nur noch halb so gefährlich, das ist eine alte Weisheit, die sich schon oft bestätigt hatte. In diesem Fall aber waren wir unwissend wie Kleinkinder. Alles konnte mit uns passieren. Verständlich, daß uns dieser Zustand nicht sonderlich gut gefiel.
»Wer mag wohl diesmal die Fäden ziehen?« fragte Mr. Silver, während sein Blick über die leichte Dünung des Meeres glitt.
Es mußte nicht unbedingt einer unserer Spezialfeinde sein, denn die Hölle hatte viele Diener. Von vornherein ausschließen konnten wir es aber nicht. Vielleicht war hier Atax, die Seele des Teufels, am Werk.
Oder Rufus, der Dämon mit den vielen Gesichtern.
Oder Phorkys, der Vater der Ungeheuer.
Wessen Hand tatsächlich im Spiel war, würden wir irgendwann erfahren, und ich hoffte, daß dann nicht er am Drücker war, sondern wir.
Mr. Silver richtete sich auf einmal steif auf. Meine Augen folgten seinem Blick. Wir sahen beide ein Boot, das aus einem sanften Wogental hochgehoben wurde. Wir hörten kein Motorengeräusch.
Vielleicht deshalb nicht, weil der Wind in diese Richtung blies und den Schall von uns forttrug. Mir kam vor, als würde das Boot sich an uns heranpirschen.
Ich machte ein saures Gesicht. »Was hältst du davon, Silver?«
Der Ex-Dämon schirmte mit der Hand die Augen ab. »Gefällt mir nicht, Tony.«
»Mir auch nicht.«
Wir stellten fest, daß das Boot nur mit einem Mann besetzt war.
Europäer. Kein Asiate. War das die Gefahr, der wir entgegenfieberten? Kam sie in der Gestalt eines harmlos wirkenden Menschen auf uns zu?
»Irgend etwas stimmt da nicht«, brummte Mr. Silver. »Der Bursche weiß garantiert, daß dies die Höllenbucht ist.«
»Du meinst, er kennt auch die Gefahr, in die er sich begibt.«
»Ja. Dennoch kommt er auf uns zu.«
»Vielleicht hat er die Absicht, uns zu warnen. Vielleicht gehört er zu der mutigen Sorte, die sich wenigstens am Tag nicht scheut, sich in die Höllenbucht zu begeben. Kann sein, daß er denkt, uns retten zu müssen.«
»Kann sein«, sagte Mr. Silver zwischen den Zähnen hindurch.
»Kann aber auch sein, daß er gegen uns irgend etwas im Schilde führt.«
»Wie auch immer«, gab ich zurück. »Wir werden auf der Hut sein und ihm mit dem nötigen Mißtrauen begegnen.«
***
Die nackte Angst schüttelte Annette Mann. Sie wurde von den Pavian-Dämonen durch einen düsteren Gang geschleift. Eine Tür wurde aufgestoßen, und dann sah sie ihn.
Raghoora, die gewaltige Figur aus schwarzmagischem Gestein, den Affenkaiser.
Annette brauchte keinen Schritt zu tun. Die Dämonenaffen schleppten sie mit sich, direkt vor Raghoora hin. Die steinerne Schnauze schien feucht zu glänzen. Sie war halb geöffnet, und Annette erblickte die gefährlichen Reißer im Maul des Ungeheuers.
Bewegte sich das steinerne Wesen in diesem Moment?
War das überhaupt möglich?
Annette schluchzte. War denn in dieser Welt der Pavian-Dämonen überhaupt etwas unmöglich? Konnten hier nicht alle auf der Erde geltenden Gesetze auf den Kopf gestellt werden?
Die Pavian-Dämonen warfen das Opfer vor den mächtigen Götzen hin und traten mehrere Schritte zurück. Das Blutritual konnte seinen Anfang nehmen. Aus den Nüstern des Affenkaisers dampften gelbe
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