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0121 - Ich suche Jerry Cotton

0121 - Ich suche Jerry Cotton

Titel: 0121 - Ich suche Jerry Cotton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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erfuhr ich, was Mister High gesagt hatte: »Laß ihn wieder zu sich finden. Wenn er es überwunden hat, wird er wiederkommen. Ich weiß es, denn ich kenne Phil.« - Er kannte mich besser als ich selbst.)
    Es ist heute schwer, aus der Rückschau die eigenartige Gespanntheit zu beschreiben, in der ich mich befand.
    Auf der einen Seite hatte ich für nichts Interesse, aber auf der anderen Seite hätte ich meine Kanone schneller als je zuvor in der Hand gehabt, wenn es notwendig gewesen wäre. Ich war gefühllos und gleichgültig gegen alles und jedes - und doch zugleich von einer inneren Spannung erfüllt, die mir an den Nerven fraß.
    Am Abend des fünften Tages endlich war es soweit.
    Ich saß auf dem Platz, der inzwischen schon mein Stammplatz geworden war: am linken Ende der hohen Theke, wo ich das ganze Lokal übersehen konnte.
    Ich erkannte ihn sofort.
    Wir hatten, als wir die Bande ausräucherten, deren Chef er gewesen war, in seinen Privaträumen eine Menge Fotos von seinen Freundinnen gefunden. Auf einer ganzen Reihe war auch er abgebildet gewesen. Jerry und ich, wir hatten uns damals diese Bilder sehr genau angesehen.
    Natürlich hatte er versucht, sich zu verändern. Aus dem Rechtsscheitel war ein Linksscheitel geworden. Aus dem zierlichen Lippenbärtchen eine nackte Oberlippe. Dazu trug er eine Sonnenbrille.
    Er hätte sonst etwas tragen können. Als er an die Theke trat, signalisierte mein sechster Sinn: Das ist er! Diese Erkenntnis fuhr durch mich hindurch wie ein elektrischer Schlag.
    »Samos«, sagte er.
    »Jawohl, Sir, sofort!« erwiderte der Mixer und grinste vertraulich.
    Dir möchte ich das Grinsen aus dem Gesicht herausprügeln, dachte etwas in mir. Jeder Wirt in ganz New York hat von uns eine Aufforderung erhalten, daß er uns sofort verständigen soll, wenn ein Mann diesen Süßwein bei ihm bestellt.
    Die Mansion Bar hatte es offenbar vergessen.
    Joha mußte uns für Idioten halten.
    Ein Mann mit so ausgefallenen Gewohnheiten wie er, wäre von uns früher oder später gegriffen worden, auch wenn Jackson in seiner Zelle mir gegenüber nicht den Mund aufgemacht hätte.
    Ich tat, als kümmerte ich mich nicht um ihn. Daß er hier anscheinend Freunde hatte, sah man an der Art, wie er bedient wurde, und nicht zuletzt daran, daß man uns keine Meldung gemacht hatte, obgleich ja alle Wirte wußten, daß wir ihn suchten.
    Wir hatten Fahndungsblätter an alle Kneipen verteilt mit dem dickgedruckten Zusatz: Trinkt besonders gern Samos.
    »Noch einen Whisky«, sagte ich mit absichtlich schwerer Zunge.
    Ich hatte wirklich allerhand Geld in diesen Tagen in der Mansion Bar gelassen und wurde dementsprechend bedient. Mein Whisky stand so schnell vor mir, daß man kaum dazu kam, sich zwischen der Bestellung mal umzusehen.
    Joho hatte sich ebenfalls auf einen der hohen Hocker geschwungen.
    »Was ist’n aus dem Mord an dem Mädchen geworden?« fragte er. »Weiß man schon was Genaueres?«
    »Vorige Woche das Mädchen aus der Druckerei?« fragte der Mixer.
    »Ja, die meine ich.«
    »In den Zeitungen stand, daß sie den Kerl schon haben.«
    »So? Na, da haben die Cops mal Glück gehabt.«
    »Cops? No!« lachte der Mixer. »Die G-men haben sich den Mann gekauft.«
    Ich peilte über den Rand meines Glases hinweg in Johos Gesicht. Bei dem Wort G-men war er zusammengezuckt.
    Ich hatte es deutlich gesehen. Wahrscheinlich hatte er - wie die meisten Gangster - Angst vor dem FBI.
    Wenn du wüßtest, dachte ich.
    Joho brummte etwas, was keiner verstehen konnte. Der Mixer ging näher und unterhielt sich mit ihm. Leider nudelte gerade in diesem Augenblick die kleine Kapelle mit wenig Können und um so größerer Lautstärke einen Tango ab, so daß ich von ihrem Gespräch nichts mehr mitkriegen konnte.
    Ich überlegte, ob ich vor ihm gehen und draußen warten sollte. Unauffälliger wäre es in jedem Fall. Aber ich wußte nicht, ob es hier in diesem Fuchsbau nicht versteckte Seitenausgänge gab, die Joho vielleicht benutzte. Dann konnte ich vom warten, bis ich grau geworden war.
    Ein paar Minuten überlegte ich hin und her, dann nahm mir Joho die Entscheidung ab. Er zahlte und ging.
    Ich machte ein jämmerliches Gesicht, rülpste einmal und spielte eine Szene vor, daß der Mixer mir sofort glaubte, wie nötig ich es hätte, an die frische Luft zu kommen.
    Es war keine Zeit zu verlieren, wenn ich Joho nicht verpassen wollte. Also warf ich einen Zehn-Dollar-Schein auf die Theke und brummte:
    »Stimmt so!«
    Dann verdrückte ich

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