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0122 - Nachts, wenn der Todesbote kommt ...

0122 - Nachts, wenn der Todesbote kommt ...

Titel: 0122 - Nachts, wenn der Todesbote kommt ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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gerne wissen…« Er unterbrach sich, blickte Giordano forschend an. »Kenne ich Sie nicht? Irgendwie habe ich Sie doch schon…«
    »Nein«, sagte Giordano tonlos. Er hob den Arm, um den Hausmeister zur Seite zu schieben. Dabei berührte er mit seiner Rechten die Hand Merrils.
    Der Mann zuckte zurück, als habe er einen Schlag bekommen.
    Giordano wußte, warum. Seine Berührung war kalt, kalt wie das Eis des Nordpols.
    Das Gesicht Merrils hatte sich zu einer Grimasse des Entsetzens verzerrt.
    »Giordano!« hauchte er. »Aber Sie… Sie sind… tot!«
    Bemerkenswert schnell hatte er sich wieder gefaßt. Mit einem Satz war er an Giordano vorbei. Drei, vier Stufen auf einmal nehmend hetzte er die Treppe hinunter. Schon hatte er das nächste Treppenpodest erreicht.
    Auch Luke Giordano wirbelte herum. Mit einer blitzartigen Bewegung riß er die Brille herunter.
    Der Hausmeister warf einen furchterfüllten Blick zurück. Das war ein entscheidender Fehler. Giordanos Flammenaugen erfaßten ihn, bannten ihn auf der Stelle. Merril war nicht in der Lage, seine Flucht fortzusetzen.
    Ein Energieaustausch fand zwischen dem todgeweihten Lebenden und dem lebenden Toten statt. Die Kälte des Todes schlich in die Glieder des Hausmeisters, während Luke Giordanos Körper die frei werdenden Lebensenergien gierig aufsog. Merril welkte dahin wie ein Sommerblume im Herbst. Nach wenigen Sekunden schon war der letzte Lebensfunke in ihm erloschen. Entseelt sank er auf den Beton des Treppenpodests und blieb still und stumm liegen.
    Luke Giordano fühlte sich gestärkt, barst jetzt fast vor geraubter Lebensenergie. Dennoch erfüllte ihn kein Triumph. Er hatte das getan, was er nicht hatte tun wollen. Und doch würde er es wieder tun müssen.
    Wieder und wieder und immer wieder…
    Mit hölzernen Schritten ging er zu dem Toten hinunter.
    ***
    Bill Fleming hatte große Mühe, die Dienststelle zu finden, die ihm Näheres über den Fall Antonescu sagen konnte. Zamorras Hinweis, daß das FBI die Angelegenheit bearbeitete, erwies sich als falsch. Die amerikanische Bundespolizei war lediglich für die Beantwortung der Interpolanfrage zuständig, während der eigentliche Fall nach wie vor in den Händen der New Yorker City Police lag. Im HQ der Stadtpolizei verwies man ihn schließlich an einen Lieutenant Steve McCracken.
    Stimrunzelnd betrat der Kulturhistoriker das Dienstzimmer des Lieutenants. Stimrunzelnd deshalb, weil McCracken zum Raubdezernat gehörte.
    McCracken erwies sich als intelligenter jüngerer Mann. Nachdem sich Fleming als Wissenschaftler und nicht als Reporter legitimiert hatte, wurde er ganz umgänglich und war auch bereit, Auskunft zu geben. In gewissem Rahmen, verstand sich.
    »Warum interessieren Sie sich so für diesen Gheorghe Antonescu alias Anthony George alias Georges Anthony alias… Well, wir haben noch andere falsche Papiere in einem Koffer gefunden, der fraglos diesem Herrn gehörte.«
    Bill beantwortete die Frage des Lieutenants, indem er auf seine Bekanntschaft mit Professor Zamorra hinwies, der in Frankreich eine heftige Auseinandersetzung mit Antonescu gehabt hatte und indirekt auch für die Fahndung nach dem Exilrumänen verantwortlich zeichnete.
    Der Name Zamorra sagte McCracken zwar nichts, aber er erkannte, daß Bill ein Interesse an dem Fall hatte, das über pure Neugier hinausging.
    Nachdem er seinem Besucher einen Stuhl angeboten hatte, sagte er: »Ist schon reichlich… hm… mysteriös, die ganze Angelegenheit!«
    »Die Diskrepanz zwischen festgestelltem und tatsächlichem Alter des Toten meinen Sie?«
    »Das auch, ja, obwohl die Kriminalmedizin sehr wohl vergleichbare Fälle kennt, in denen ein Mensch praktisch über Nacht extrem gealtert ist. Schockwirkung, verstehen Sie? Könnte auch im Falle Antonescus zutreffen. Wenn man bedenkt, wo er gestorben ist…«
    »Wo, wenn ich fragen darf?« Bill beugte sich gespannt vor.
    »Das wissen Sie noch nicht?«
    »In dem Interpolbericht stand nichts davon«, informierte Bill den Lieutenant.
    »Auf dem Friedhof haben wir ihn gefunden«, sagte McCracken. »Neben dem geöffneten Grab und dem erbrochenen Sarg eines Bankräubers! Verrückt, was?«
    Bankräuber - jetzt begriff Bill, warum der Fall vom Raubdezernat bearbeitet wurde. Aber das war es nicht, was eine Alarmglocke in seinem Inneren zum Schrillen brachte.
    Friedhof!
    Antonescu war ein Nekromant gewesen. Und nun hatte man ihn neben einem offenen Grab gefunden!
    Bill räusperte sich. »Jetzt sagen Sie bloß nicht,

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