0124 - Das Psycho-Duell
Ein Teil des unteren Gebäudes stand wahrscheinlich in Flammen. Henno sah skeptisch auf die Funkgeräte. Er hatte bereits vor zwei Tagen einen Notruf ausgestrahlt, als die Unruhen begonnen hatten. Sollte er hier vielleicht warten, bis die wütenden Männer eindrangen? Wenn der Imperator nicht die Flotte zu Hilfe schickte, dann sah er, Henno nicht ein, daß er sich opferte. Salor Henno hatte es sein ganzes Leben lang verstanden, alle Geschehnisse sorgfältig abzuwägen und seinen eigenen Vorteil zu suchen. Er wußte genau, wann er verloren hatte, und es war kein Stolz in ihm, der ihm geboten hätte, auch als Verlierer auszuharren. Der Beauftragte richtete sich nach den Gegebenheiten. Die tollkühnen Angreifer dort unten waren auf dem Vormarsch, sie hatten das Haus angezündet und drangen von allen Seiten ein. Das Volk stand auf ihrer Seite, man hatte es mit wilden Reden aufgeputscht, es hatte die Versprechungen wie Wein in sich aufgenommen und sich daran berauscht. Wieder einmal hieß es: Nieder mit dem Imperator! Der aufsteigende Rauch kitzelte Henno in der Nase, und er mußte niesen. Der Roboter stand abwartend am Eingang. „Wir fliehen”, entschied Henno. „Geh voraus!” Er löste sich vom Fenster, das Gebrüll der Rebellen in seinen Ohren. Über dem Tisch hing ein Bild von ihm, ein 3-D- Effekt ließ ihn darauf jünger erscheinen als er war. Henno hob seine Waffe und zerschoß es, denn der Gedanke, daß es in den Flammen allmählich verschmoren könnte, bereitete ihm Unbehagen. Der Kampfroboter hatte die Tür geöffnet, und seine Waffenarme zeigten angriffsbereit in den Gang vor Hennos Büro.
„Warte!” befahl der Beauftragte. Henno öffnete ein Geheimfach an dem Tisch und entnahm ihm einen Beutel Geldscheine. Er grinste, als er die Tasche an seinen Gürtel heftete. In aller Ruhe zielte er und schoß seinen Strahler gegen den Schreibtisch ab, der sofort in Flammen stand. „Schade um dein Steuergeld, Imperator”, meinte er spöttisch. Nach einem letzten Blick in die vertraute Umgebung sagte er zu dem Roboter: „Los jetzt!” Sie stürmten hinaus auf den Gang. Von den Lifts und den Treppenaufgängen kamen bereits die ersten Mitglieder der Wachtruppe herbeigeeilt.
Mit schweißbedeckten Gesichtern sahen sie ihn verzweifelt an.
Henno stellte sich den flüchtenden Männern entgegen. „Wir müssen kämpfen”, schrie er ihnen zu. „Wenn wir aufgeben, sind wir alle verloren.” Er fuchtelte mit seiner Waffe, und die Soldaten nahmen zögernd den Kampf wieder auf. Henno lächelte zufrieden.
Wenn es diesen gutgläubigen Narren gelang, die Angreifer aufzuhalten, bis er auf dem Dach war, konnte ihm nichts mehr geschehen. Der Gleiter würde ihn sicher zum Raumhafen tragen, wo Henno seine Flucht mit einem Robotschiff fortsetzen konnte. Es war unwahrscheinlich, daß der Raumhafen schon gefallen war, denn man hatte ihn mit starken Befestigungen umgeben. Zalit galt als Unruheherd, denn hier hatte es seit der Kolonisation durch die alten Arkoniden schon immer gegärt. Henno wandte sich in entgegengesetzter Richtung, um seine Flucht fortzusetzen. Lautlos glitt der Roboter an seiner Seite entlang. Da tauchte vor Henno, am Ende des Ganges, ein Mann auf. Er war weder ein Zaliter noch ein reinrassiger Arkonide, aber er bewegte sich mit einer an Leichtsinn grenzenden Sorglosigkeit auf Henno zu. Der Beauftragte blieb stehen und gab dem Kampfroboter einen Wink.
Dann zog Henno seine eigene Waffe. Der Fremde war nicht besonders groß, aber breit in den Schultern, und sein kantiges Gesicht erschien Henno spöttisch verzogen. Der Mann trug einen arkonidischen Kampfanzug und hielt lässig eine Waffe unter dem Arm. Als er bis auf fünf Meter herangekommen war, rief ihm Henno eine Warnung zu. „Keinen Schritt weiter”, sagte er. „Wer sind Sie?” Der Fremde grinste ihn mit kindlicher Offenheit an. Es schien ihn nicht zu beeindruckten, daß der Kampflärm immer schneller näher kam. „Mein Name ist Tate”, sagte er langsam. Er musterte Henno eingehend. „Und Sie sind offensichtlich der Beauftragte des Imperators auf Zalit.” Er sprach sein Arkonidisch mit einem eigenartigen Akzent, aber es unterliefen ihm keine Fehler dabei. Henno sah ihn mißtrauisch an. „Was wollen Sie?” fragte er mürrisch. „Wollen Sie hier warten, bis man uns erschießt?” Tate lächelte nur. „Ich wollte Ihnen helfen, diesen Aufstand niederzuschlagen”, sagte er. Henno war viel zu verblüfft, um sofort eine Antwort zu finden. Schließlich
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