0126 - Al Capone Nummer Zwei
Dieser Whisky war wirklich hundsmiserabel gewesen. So schlecht, als wäre er gepanscht.
Gepanscht? Ich hatte in der Portiersloge angerufen, aber niemand hatte sich gemeldet. Ich war der Meinung gewesen, dass der Nachtportier unterwegs wäre, aber dann hatte doch dieser Etagenkellner in Zivil den Drink gebracht, also hätte der Portier ans Telefon kommen können.
Ich sprang aus dem Bett, aber als ich auf den Füßen stand, begann das Zimmer wie ein Karussell um mich zu kreisen. Ich musste mich an der Bettkante festhalten. Gleichzeitig zwang mir eine bleierne Müdigkeit die Augen zu.
Ich torkelte zum Kleiderschrank und holte mir als erstes die Smith & Wesson. Als ich die Pistole aus dem Halfter zog, konnten meine Finger sie nicht halten.
Sie haben dich fertiggemacht, dachte ich, oder genauer gesagt, dachte es in meinem Gehirn, in dem Whisky war ein Schlafmittel. Wenn du einschläfst, kommen sie, und dann machen sie dich fertig. Vielleicht war’s auch etwas Schlimmeres. Vielleicht Gift, und du gehst ein wie eine vergiftete Katze.
Ich fiel auf den Teppich, die Augen schon halb geschlossen, mühsam nach Atem ringend. Meine Finger ertasteten die Smith & Wesson, umklammerten sie. Auf allen vieren kroch ich zum Telefon. Mit einer unsäglichen Anstrengung hob ich den Arm, um den Hörer zu fassen. Als ich ihn endlich packte, riss ich das ganze Telefon mit runter, und ich selbst fiel flach auf das Gesicht.
Der Hörer lag nahe an meinem Ohr. Ich hörte das Summen des Rufes. Niemand meldete sich.
»Hallo«, lallte ich. »Hallo!«
Es knackte im Hörer. Eine harte Stimme fragte: »Ja, bitte!«
Meine Zunge weigerte sich, Laute zu formen. Ich riss alle Kräfte zusammen.
»Sind… Sie… der Nachtportier?«
»Ja! Sie wünschen?«
»Hier… Cotton… Bin… vergiftet worden. - Rufen Sie… die Polizei! Rasch!«
Aus! Meine Sinne schwanden, aber noch war es nicht ganz aus. Irgendwann kam ich wieder zu mir, wenn man den Zustand, in den sich mein Bewusstsein hoch kämpfte, so bezeichnen will.
Wie in einer optischen Vergrößerung sah ich die Klinke meiner Zimmertür. Sie bewegte sich langsam nach unten.
Ich glaube, ich lachte leise, aber wahrscheinlich zog ich nur ein bisschen die Lippen von den Zähnen. Ich hatte abgeschlossen. Das wusste ich noch.
Sekundenlang fielen mir die Lider erneut zu. Sie waren für mich so schwer wie Sargdeckel, und ich brauchte mehr Kraft, um sie auch nur einen Spalt öffnen zu können, als ich in einem Zwölfrundenboxkampf hätte verpulvern können.
Ich sah, dass der Schlüssel, der von innen im Schloss steckte, sich bewegte, herauskroch aus dem Schloss wie etwas Lebendiges.
Schlagartig, aber nur für eine Sekunde, funktionierte mein Gehirn wie in seinen besten Zeiten. Ich begriff alles.
Der Mann am Telefon war nicht der Nachtportier gewesen. Er hatte nicht die .Polizei alarmiert, sondern er war heraufgekommen, stieß den Schlüssel aus dem Schloss, würde die Tür mit einem Dietrich öffnen, hereinkommen…
Wie gesagt, nur eine Sekunde lang konnte ich so klar denken. Dann legte sich die Müdigkeit wieder wie Nebel auf mein Gehirn. Immer noch lagen die Finger meiner rechten Hand auf dem Griff der Smith & Wesson. Ich schloss sie darum, aber ich vermochte die Waffe nicht zu heben. Da tastete ich nach dem Abzug. Ich fühlte ihn, berührte ihn.
Kein Schuss löste sich.
An der Tür fiel mit einem leichten Klirren der Schlüssel aus dem Schloss.
Die Sicherung. Meine Hände fingerten an der Waffe herum. Noch einmal erwischte ich den Abzug, und vorher musste ich anscheinend die Sicherung gelöst haben, denn jetzt krachte ein Schuss. Gleichzeitig traf mich etwas hart und schmerzhaft am Kopf.
Der Schmerz riss mich für Sekunden aus der Betäubung. Wo war die Waffe, die meine einzige Chance bedeutete? Ich fuhr mit den Händen über den Teppich, fand die Pistole ganz nahe vor meinem Gesicht, krallte die Finger darum.
Donnernd löste sich ein Schuss, ganz nahe an meinem Ohr. Dann brach endgültig die Nacht über mich herein.
***
Ich öffnete die Lider. Licht stach mir schmerzend in die Augen. Ich krampfte das Gesicht zusammen.
»Schließen Sie die Vorhänge!«, sagte eine Stimme neben mir. »Er kann das Licht nicht vertragen.«
Ich hörte, wie die Vorhänge vorgezogen wurden.
»So, jetzt können Sie die Augen öffnen.«
Der Raum war in Dämmerlicht getaucht, aber ich erkannte, dass es mein Hotelzimmer war, und ich lag friedlich in meinem Hotelbett, aber im Übrigen fühlte ich mich
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