0127 - Der grüne Spuk
auf dem Gebäudegiebel. Feuerzungen schlugen weit aus den Fenstern heraus.
Die Löschmannschaften gruppierten sich. Sie trafen in großer Eile ihre Vorbereitungen. Ein greller Funkenflug spritzte zum tintigen Himmel empor.
Beinahe wäre es zur Katastrophe gekommen!
Professor Zamorra sah das Mädchen im letzten Augenblick. Es kam von rechts. Aus einem schmalen Weg, der wegen zahlreicher Büsche nicht einzusehen war.
Sie wankte, und ihr Kleid war teilweise zerrissen. Der Ansatz ihrer vollen Brüste war zu sehen. Der weiße Träger des Büstenhalters baumelte herab. Das blonde Haar des Mädchens war zerzaust.
Sie taumelte auf die Fahrbahn, als wäre sie blind. Zamorra bremste sofort. Der Wagen kam eine Handbreit vor dem verstörten, geistesabwesenden Mädchen zum Stehen.
Zamorra sprang aus dem Fahrzeug. Das Mädchen drohte umzukippen. Es lehnte sich auf die Motorhaube.
»Ist Ihnen nicht gut?« fragte Zamorra fürsorglich. »Kann ich helfen? Sind Sie überfallen worden?«
Das Mädchen nickte kaum merklich. »Diese Schweine…« Sie schluchzte und schlug beide Hände vors Gesicht. »Wie Tiere sind sie über mich hergefallen. Ich habe mich gewehrt. Sie schlugen mich. Sie hätten mich erschlagen, wenn ich nicht stillgehalten hätte. Es war schrecklich. Ich hatte Schmerzen. Aber darauf nahmen diese gewissenlosen Schurken keine Rücksicht. Sie waren betrunken. Alle beide. Sie nahmen sich, was sie haben wollten. Dann ließen sie mich einfach liegen und zogen lachend und grölend weiter…«
»Armes Mädchen«, sagte Zamorra mitfühlend. Er wollte seine Hand auf die Schulter der Weinenden legen, doch sie zuckte zurück.
»Fassen Sie mich nicht, an. Kein Mann darf mich jemals wieder anfassen!« schrie das Mädchen.
Zamorra ließ die Hand sinken. »Wohnen Sie in dieser Gegend?«
»Ja. Nicht weit von hier.«
»Möchten Sie, daß ich Sie nach Hause bringe?«
»Das wäre sehr nett von Ihnen.«
»Diese Männer, die Sie… Sind die auch von hier?«
»Ich kenne sie nicht, habe sie noch nie gesehen.«
»Vielleicht sollte ich Sie zur Polizei bringen«, sagte Zamorra.
Das Mädchen schüttelte heftig den Kopf. »Ich will nach Hause. Nur nach Hause. Ich habe jetzt nicht die Nerven, die Fragen der Polizisten zu beantworten.«
»Das kann ich verstehen«, sagte der Professor. »Kommen Sie. Steigen Sie ein, und sagen Sie mir, wie ich fahren soll.«
Mit unsicheren Schritten begab sich das Mädchen zur Beifahrertür. Zamorra hätte es gestützt, aber das wollte es nicht, und er respektierte das.
Matt sank sie auf den Sitz. Der Professor rutschte hinter das Volant. Das Mädchen beschrieb ihm den Weg, den er fahren sollte. Er lenkte den Wagen nach ihren Weisungen.
Vor einem alten, schäbigen Haus bat sie ihn anzuhalten. Er stoppte das Fahrzeug. Von dem Gebäude bröckelte der Verputz in großen Flächen ab.
»Hier wohnen Sie?« fragte Zamorra verwundert.
»Nur vorübergehend. Meine Eltern starben vor zwei Monaten. Sie hinterließen mir nichts als Schulden. Ich bin froh, daß ich hier Unterkommen konnte;«
Das Mädchen stieg aus.
»Wohnen Sie allein hier?« fragte Zamorra. Das Mädchen nickte. Der Professor stieg aus, und begleitete das Girl.
Die morsche Tür ächzte, als das Mädchen sie bewegte. Zamorra betrat hinter ihr einen muffig riechenden Raum. Seit vielen Jahren konnte hier drinnen keiner mehr gewohnt haben.
Warum belog ihn das Mädchen?
Er bekam die Antwort in derselben Sekunde. Mit der Kraft ihres Willens schleuderte das Girl die morsche Tür hinter Zamorra zu.
Jetzt erst erkannte der Professor ihre grünlich schimmernden Augäpfel, und er begriff, daß das Girl ihm das clever inszenierte Theater nur deshalb vorgespielt hatte, um ihn in die Falle zu locken.
Sie war nicht hilfebedürftig. Und sie war auch garantiert nicht vergewaltigt worden. Die beiden Männer, die wie Tiere über sie hergefallen waren, hatte sie erfunden, um Zamorra zu täuschen.
Ihr Gesicht verzerrte sich zu einem gemeinen Grinsen. »Dem Feuer bist du entkommen, Zamorra! Aber mir entkommst du nicht!« schrie sie, und dann stieß sie ein schrilles Lachen aus, das dem Professor durch Mark und Bein ging.
***
»Was sagen Sie zu meiner Geschichte, Mr. Fleming?« fragte Laurence Cukor. »Reichlich verrückt, wie?«
»Ich bin sicher, daß Sie die Wahrheit erzählt haben.«
»Sie halten mich für keinen Narren, obwohl ich Ihnen so starken Tobak aufgetischt habe?«
»In der vergangenen Nacht fanden zwei Menschen den Tod. Ich bin davon
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