013 - Draculas Liebesbiss
Stirn.
Wertvolle Minuten gingen
verloren. Larry ließ sich seine Unruhe nicht anmerken.
Als der Lkw gemächlich in der
gegenüberliegenden, schwach durch eine Bogenlampe beleuchteten Einfahrt
verschwunden war, setzte der Taxifahrer die Verfolgung fort.
Sie überholten zwei andere
Fahrzeuge, dann ein Taxi, das am Straßenrand parkte und darauf wartete, daß
zwei junge Burschen, die aus einem Kino kamen, die Straße überqueren konnten.
Fünf Minuten später …
»Es hat keinen Sinn mehr. Er ist
uns entwischt.« X-RAY-3 sah ein, daß eine weitere Verfolgung zu keinem Ziel
führte. Die Hauptstraße besaß mehrere Abzweigungen. Das Taxi, hinter dem sie
her waren, konnte inzwischen in drei verschiedene Richtungen gefahren sein. Die
Enttäuschung stand im Gesicht des Schotten geschrieben. »Tut mir leid«,
murmelte er.
»Sie können nichts dazu. Hoffen
wir nur, daß Sie die Nummer richtig gesehen haben. Wenden Sie, fahren Sie zu
Harrigan’s Club zurück …«
●
Dracula gab dem Fahrer ein
Zeichen. »Sie können anhalten.«
Der Chauffeur nickte,
verlangsamte die Fahrt und näherte sich dem linken Randstein.
Schon hielt der Fahrer die
Geldtasche in der Hand, um den angezeigten Betrag von 8 Schilling und 6 Dimes
entgegenzunehmen.
Er öffnete dem Fremden die Tür.
Die Augen der beiden Männer begegneten sich.
Im gleichen Augenblick vergaß,
der Taxichauffeur, was er wollte.
»Sie haben mich nie gesehen«,
sagte Dracula mit dumpfer Stimme. »Wenn ich Sie jetzt verlasse, werden Sie
einfach irgendwohin fahren. An der ersten Ampel, die Rot zeigt, vergessen Sie
mein Gesicht! Sie werden mich niemals beschreiben können! Die nächste Kreuzung,
an die Sie kommen, wird Sie daran erinnern, wieder an den Punkt zurückzufahren,
den Sie hatten, als ich einstieg. Sie werden dort auf Ihren nächsten Fahrgast
warten und dann einfach davonfahren, als sei an diesem Abend nichts
vorgefallen! Wiederholen Sie …!«
Mit leiser Stimme wiederholte der
Fahrer Wort für Wort.
Dracula nickte. »Ich gehe jetzt.
Wenn Sie meine Schritte nicht mehr hören, steigen Sie ein …!«
Genauso geschah es.
Der Unheimliche mit dem dunklen
Umhang verschwand in einer menschenleeren, düsteren Seitenstraße, wie sie
üblich im Stadtteil Soho waren.
Seine Schritte klangen auf dem
Straßenpflaster und verebbten schließlich. Der Fahrer wandte sich um, setzte
sich hinter das Steuer, stellte das Taxameter auf Null, schaltete das Licht
ein, damit man sehen konnte, daß das Taxi zu mieten sei, und fuhr davon. An der
ersten Ampel, die Rot zeigte, vergaß er seinen Fahrgast, an der nächsten
Straßenkreuzung drehte er und fuhr – wie es die Sicht erlaubte – gerade schnell
genug den Weg zurück, den er vor wenigen Minuten gekommen war. Als er den Punkt
erreichte, wo sein geheimnisvoller Gast eingestiegen war, hielt er, zündete
sich eine Zigarette an und lehnte sich zurück.
Es war ein mieser Tag. Das
Geschäft florierte heute nicht so recht. Vielleicht würde es später besser
werden, wenn die Bars und Bumslokale sich leerten. Dann wollte jeder so schnell
wie möglich nach Hause …
●
Er stand minutenlang wie eine
Statue vor dem alten, grauen Haus.
Dann näherte er sich dem Eingang.
In einem unbeleuchteten Schaufenster sah man mehrere Urnen, mit Blumen gefüllte
Vasen und zwei handgeschnitzte Holztafeln, auf denen Mister Horsley, der
Besitzer des Beerdigungsinstitutes, seiner verehrten Kundschaft versprach, alle
Formalitäten schnell und fachgerecht zu erledigen und für eine reibungslose und
feierliche Bestattung zu sorgen.
Dracula betätigte den
Klingelknopf. Ein dumpfes Summen erklang irgendwo in dem stillen Haus.
Dann ging oben in der Dachkammer
ein Licht an. Hinter schmutzigen, rissigen Vorhängen zeigte sich ein Schatten.
Quietschend wurde ein Fenster geöffnet.
»Ja?« fragte eine mürrische,
verschlafene Stimme. »Was ist?«
»Ich muß Sie dringend sprechen,
Mister Horsley.« Draculas Stimme klang fest und sicher.
»Mitten in der Nacht? Was wollen
Sie?« Der Schatten oben am Fenster beugte sich weiter nach vorn. Offenbar
wollte Horsley sehen, wer zu so später Stunde Einlaß begehrte.
»Es ist dringend, wie ich schon
sagte. Es geht um einen plötzlichen Todesfall.« Dracula trat zwei Schritte
zurück, um sich dem Mann oben am Fenster zu zeigen.
»Aber solche Dinge haben doch
auch Zeit bis morgen.«
»Es ist in Ihrem eigenen
Interesse, Mister Horsley! Dinge, die keine Zeit haben, pflege ich mit einem
Sonderhonorar zu
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