0131 - Der elektrische Stuhl wartet
beiden hat einen Schuß abgefeuert. Die Polizei hat das mit Sicherheit festgestellt. Sie werden mir die Notwehr nicht glauben.«
»Du kannst ihnen viel über Hunter und seine Bande erzählen.«
»Ja, das kann ich, aber ich käme deswegen nur selbst ins Gefängnis. Du kennst diese Richtersprüche, die in ihrer Lächerlichkeit so grausig wirken. Ich höre förmlich, wie der Richter sagt: Thomas Evans, ich verurteile Sie wegen doppelten Mordes zum Tode auf dem Elektrischen Stuhl. Außerdem verurteile ich Sie wegen Beteiligung an Bandenverbrechen zu fünf oder zehn Jahren schweren Kerkers.« Er lachte hart auf. »Die Jahre brauchte ich dann freilich nicht abzusitzen.«
Evans hatte den Wagen in Philadelphia zurückgelassen. Zuerst waren sie mit einem Überlandbus weitergefahren und hatten in irgendeiner Kleinstadt übernachtet. Dort war Evans die Zeitung mit einem Bericht über den Mord in die Finger gefallen, ein Bericht, in dem Evans Name noch nicht genannt wurde, aber in dem mitgeteilt wurde, daß man bei den beiden Erschossenen, die zwar zur New Yorker Unterwelt gehörten, keinerlei Waffen gefunden hätte, und daß es sich um einen Raubmord handeln könnte.
Dieser Zeitungsbericht brachte Evans völlig zur Verzweiflung.
»Ich verstehe es nicht«, stammelte er. »Glaub mir, Ann, ich sah genau, daß Cabozzi eine Pistole in der Hand hielt. Es war Notwehr.«
»Ich glaube es dir«, antwortete das Mädchen müde. »Sei ruhig, Tom.«
»Ich verstehe nicht, wer die Waffen zur Seite geschafft hat«, überlegte Evans laut. »Es können nur Hunter und seine Leute gewesen sein, die in dem Haus gewartet haben.«
»Hier steht, daß eine Miß Benett in dem Haus wohnt«, sagte Ann, die den Artikel las. »Sie hat ausgesagt, daß sie den Täter gesehen hat.«
»Aber Cabozzi hat gesagt, daß Hunter in dem Haus auf mich wartete.«
»Vielleicht sagte er es nur, um dich hinzulocken.«
»Möglich, aber wer hat dann die Waffen weggeschafft? Hunter oder irgendwer anders muß in der Nähe gewesen sein.«
»Das ist doch möglich. Du sagtest, es wäre ein unübersichtliches Gelände gewesen.«
»Ja, das stimmt. Sie müssen dort irgendwo in den Büschen gelauert haben.« Er hob den Kopf. »Aber warum haben sie mich dann nicht von hinten abgeknallt?«
Weder er noch Ann konnten diese Frage beantworten.
»Jetzt kann ich mich erst recht nicht mehr der Polizei stellen. Ich habe nicht mehr die geringste Chance zu beweisen, daß es Notwehr war.«
Sie fuhren mit der Bahn weiter. Evans wollte nach Mexiko. Er mußte die Staaten verlassen. Ann widersprach nicht länger.
Der Mann wollte keinen der großen Expresszüge nehmen, weil er fürchtete, sie würden genauer kontrolliert. So fuhren sie mit Kurzstreckenbahnen, und die erste Station mußten sie in Black-Dome machen. Dort war es, wo Evans sah, daß man ihn als Mörder steckbrieflich suchte.
»Was ist los, Tom?« fragte Ann.
»Wir können nicht in Black-Dome bleiben«, keuchte er. Er zog das Mädchen vor die Anzeigetafel der abgehenden Züge. Der nächste Zug, der nach Süden fuhr, ging erst am anderen Morgen, und Evans schien es unmöglich, länger in einer Stadt zu bleiben, in der sein Steckbrief an den Wänden hing. Er dachte nicht daran, daß er den gleichen Steckbrief in jeder Stadt der Vereinigten Staaten finden würde.
»Geh in den Wartesaal und bleib, bis ich dich hole!«
Ann gehorchte. Sie wartete länger als eine Stunde. Dann kehrte Evans zurück.
»Komm«, sagte er hastig. »Beeil dich!« Er warf ein paar Münzen auf den Tisch und zog sie mit fort.
In einer Seitenstraße des Bahnhofgebäudes drängte er sie zu einem Wagen.
»Wo hast du ihn her?« fragte sie.
»Ich habe ihn gemietet. Beeil dich! Steig ein!« antwortete er ungeduldig. Er log. Er hatte den Wagen von einem Parkplatz der Innenstadt gestohlen.
Zwei Stunden später bemerkte der Besitzer des Wagens den Diebstahl und alarmierte die Polizei. Der Sheriff von Black-Dome gab durch Funk die Beschreibung des Wagens an die Dienststellen der-Staatspolizei.
Eine Stunde nach Mitternacht stoppte ein Polizist der Highway-Streife vor der Tankstelle auf dem Highway 18 kurz vor der Stadt Postcity.
Der Tankwärter kam heraus. Er und der Polizist kannten sich.
»Kalt heute, Jonny, nicht wahr?« sagte er und rieb sich die Hände. »Habe gerade Tee aufgeschüttet. Willst du ‘nen Schluck?«
Der Polizist stellte sein Motorrad ab und kam mit hinein. Er wärmte sich die Hände an der heißen Tasse.
»Gibt‘s was Besonderes?«
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