0131 - Druiden-Rache
Bedeutete das, daß das Amulett über keine eigenen Energien mehr verfügte, daß seine Kraft erloschen war? Hatte sich die Kraft einer entarteten Sonne verbraucht?
Er fühlte, wie sein Bewußtsein schwand. In den Tiefen seines Geistes schrie ihm etwas zu, den Zeitschirm abzuschalten. Doch er kam nicht mehr dazu, den entsprechenden Befehlsimpuls an das Amulett zu senden. Er verlor das Bewußtsein.
Und im gleichen Moment - verlosch die Zeitstille von selbst… Die Uhren liefen weiter…
***
Inspektor Youenn blinzelte sprachlos. Mit offenem Mund stand er da, versuchte, die für ihn von einem Moment zum anderen vollständig veränderte Situation zu begreifen.
Er war allein am Strand!
»Zauberspuk«, stieß er verbissen hervor, immer noch die entsicherte Dienstwaffe in der Faust. »Verdammt, das kann nicht wahr sein! Träume ich?«
Von einem Moment zum anderen war alles um ihn herum verschwunden, nur noch er allein stand am Strand der Tremadoc Bay.
Eine Halluzination?
Aber - da waren die Reifenspuren des Avenger. Da waren jede Menge Fußspuren. Ein Kampf hatte sich abgespielt. Motorabgase lagen in der Luft. Unwillig stieß Youenn die Luft wieder aus.
Und da…
Da lag Sergeant Martynn Ewans' Uniform. Leer, verlassen. Und dazwischen glitzerte etwas!
Federnd ging Youenn in die Knie, griff mit der linken Hand in den schwarzen, glitzernden Staub. Wie Kohle, dachte er, aber dieser Staub fühlte sich nicht wie Kohlenstaub an, rann ihm blitzschnell durch die Finger, ohne daß überhaupt ein Körnchen zurückblieb. Youenn wiederholte das Spielchen. Abermals haftete der Staub nicht in den Kapillarlinien seiner Handfläche.
Er spie hinein.
Der Speichel versank einfach im Staub, ohne ihn zu benetzen!
»Unfaßbar«, murmelte er betroffen. Und im gleichen Moment wußte er instinktiv, ohne sagen zu können, woher er diese Gewißheit nahm, daß dieser amorphe Staub sein Sergeant gewesen war.
Und noch etwas stahl sich in seine Überlegungen. Eine unfaßbare, suggestive Macht, die von diesem nichtkristallinen Staub ausging, selbst nach dem Tode des Druiden. Es war fast wie ein peitschender Befehl.
Zamorra! Zamorra ist der Mörder!
Langsam erhob Youenn sich wieder, schob die Dienstpistole ins Futteral zurück. Der vom Land kommende Wind pfiff ihm kühl um die Ohren, wehte den Staub leicht zur Seite.
Youenn setzte sich in Bewegung, folgte den Spuren des Avenger. Und ohne daß er es bemerkte, geschah noch etwas.
Eine kleine Staubwolke erhob sich aus der zusammengefallenen Uniform, schwebte entgegen dem aufgekommenen Wind auf den Inspektor zu, setzte sich in seinem Nacken fest. Und diesmal haftete der Staub…
Inspektor Youenn ahnte nichts davon, daß er endgültig zu einer Marionette der Druiden geworden war…
***
Jene Gehirne, die durch und durch böse waren, standen miteinander in Korrespondenz, ohne daß ihre Körper sich trafen. Die telepathische Verbindung war einfacher.
»Martynn Ewans ist tot.«
Bestürzung breitete sich aus, als die Nachricht in ihrer Runde eintraf. Fragen durchpulsten den Druiden, der die Nachricht verbreitete. »Wie geschah es? Wie starb er? Wer tötete ihn?«
»Der Meister des Übersinnlichen lockte Ewans in eine Falle, und seine Assistentin tötete ihn.«
»Professor Zamorra!«
Haß- und Zornimpulse schwangen durch die Sphäre.
»Wie oft schon hat er Geschöpfe unserer Art vernichtet! Wir müssen ihm das Handwerk legen. Was überhaupt tut er hier, wie geriet er auf unsere Spur?«
Schweigen. Niemand wußte eine Antwort.
»Die Opferung?«
»Verrat?«
»Wir müssen ihn töten, vielleicht will er die Zeremonie stören, das Opfer verhindern.«
»Mit Sicherheit.«
»Wir werden die Zeremonie nicht aufschieben. Der Ruf wird planmäßig ergehen. Wir werden Asmodis um Hilfe bitten im Kampf gegen diesen - Zamorra!«
Die Art, in der der Gedankenimpuls Zamorra formuliert wurde, wirkte wie ein Fluch. Abgrundtiefer Haß auf den Kämpfer gegen das Schattenreich manifestierte sich in den Druiden. Sie wollten töten, mußten diesen Zamorra ausschalten, vernichten.
Es war beschlossen.
***
Auf der Fahrt zur Polizeiwache hatte Gyulan Darryl Zeit und Gelegenheit nachzudenken. Er war von einem Moment zum anderen ruhig geworden, überlegte und rekapitulierte.
Diesem Zamorra wollte man den Mord zunächst in die Schuhe schieben, jetzt war er selbst auch in den Kreis der Verdächtigen gerutscht. Sie beide allein vermochten sich zu entlasten. Denn Darryl ahnte, daß der Wirt des »Devil's Hand«
Weitere Kostenlose Bücher