0137 - Die Bestien der Madame
bleichgesichtige Frau mit gelben Katzenaugen…
Melissa Morte!
***
»Ihre Beichte war sehr interessant, Madame M.«, sagte ich.
»Schade für Sie, daß Sie damit nichts mehr anfangen können, John Sinclair«, erwiderte die Hexe triumphierend. »Vielleicht ist es Ihnen noch nicht aufgefallen, aber Sie und Ihre Freunde sitzen in der Falle.«
»Glauben Sie?«
»Ich weiß es. Sie haben keine Chance. Meine Ungeheuer werden zum Leben erwachen und Sie töten!«
»Nicht so voreilig!« sagte ich schneidend.
Ich machte zwei schnelle Schritte auf die Hexe zu. Wenn es mir gelang, sie in meine Gewalt zu kriegen, glaubte ich nicht, etwas von ihren Monstern befürchten zu müssen.
Madame M. rührte sich nicht von der Stelle.
Sie grinste mich höhnisch an.
Ich streckte meine Arme nach ihr aus, doch ehe meine Hände sie berührten, passierte etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Ein Lichtstreifen zeichnete im Bruchteil einer Sekunde die Konturen der Hexe nach, und kaum war das geschehen, da war von Melissa Morte nichts weiter vorhanden als diese leuchtenden Konturen.
Meine Finger griffen ins Leere.
Das Licht zerfaserte.
Die Hexe war verschwunden.
Von irgendwoher gellte uns das gemeine Gelächter der unheimlichen Frau entgegen. Ich hatte das Gefühl, als liefe Eiswasser meinen Rücken hinunter.
»Erwachet!« befahl Melissa Morte ihren Ungeheuern mit kreischender Stimme. »Erwachet und tötet! Zerfleischt sie! Vernichtet die größten Feinde der Hölle!«
Plötzlich ein Schrei, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Nicht Melissa Morte hatte ihn ausgestoßen. Auch nicht Jane Collins, sondern Glenda Perkins, die mit schreckgeweiteten Augen auf uns zurannte.
»John!« schrie sie entsetzt. »John! Das Monster dort hinten! Es hat sich bewegt!«
***
»Irgend etwas ist faul«, sagte Drue Copperstein zu Lucy Flint.
»Diese alte Hexe hat uns nicht grundlos abgewimmelt. Würde mich nicht wundern, wenn sie in ihrer Bude irgendeine Schweinerei abzieht.«
»Du siehst zu viele Filme«, sagte Lucy.
»Ja. Aber nicht solche, in denen so etwas passiert. In den Streifen, die ich mir ansehen muß, sind alle immer furchtbar lieb und nett zueinander. Für Madame M. aber scheint es das Wort Liebe nicht zu geben. Dafür gibt es für sie möglicherweise das Wort Haß in doppelter Ausführung.«
Lucy schüttelte sich. »Hör auf, so zu reden.«
»Hast du nicht ihren stechenden Blick gesehen?«
»Wenn du noch eine Weile so weiterredest, kriegst du mich nicht mehr in dieses Horrorkabinett«, sagte Lucy Flint schaudernd. Sie strich sich eine rotblonde Strähne aus dem leicht geröteten Gesicht.
»Man sollte der Alten auf die Finger gucken.«
»Du bist wohl nicht bei Trost. Madame M. geht uns nichts an. Also kümmern wir uns nicht um sie.«
»Vielleicht heckt sie etwas aus, das man verhindern sollte.«
»Dafür ist die Polizei zuständig, nicht du – und ich schon gar nicht, Drue.«
»Aber irgend jemand muß der Polizei doch einen Wink geben.«
»Was willst du denen denn sagen? Daß Madame M. ihren Laden zu einer ungewöhnlichen Zeit dichtgemacht hat? Darf sie das denn nicht?«
»Das kommt auf den Grund an.«
»Vielleicht fühlt sie sich nicht wohl. Sie hat totenblaß ausgesehen.«
»Ja. Wie ihr eigenes Gespenst. Verdammt, ich kann fühlen, daß sie irgend etwas Mieses vorhat, und da die Bullen auf Gefühle allein noch nicht angetrabt kommen, werde ich mir Gewißheit verschaffen.«
Lucy blickte ihren Freund verblüfft an. »Ist das dein Ernst?«
»Mein vollster.«
»Und was ist bitte mit mir?« fragte Lucy entrüstet. »Du läßt mich hier einfach sitzen?«
Er grinste. »Wenn du möchtest, kannst du gern mitkommen.«
»Oh, nein, dankeschön. Darauf verzichte ich lieber.«
»Bestell dir noch einen Drink, okay?«
»Ich glaube, ich mag dich nicht mehr, Drue Copperstein.«
Er lachte und küßte sie. »Klar magst du mich noch, und du weißt, daß ich in diesem Augenblick nur meiner Pflicht als britischer Staatsbürger nachkomme.«
»Von wegen. Du tust nichts weiter als deine persönliche Neugier befriedigen.«
»Gib mir 15 Minuten, okay? Wenn ich in einer Viertelstunde nicht zurück bin, rufst du die Bullen an.«
Lucy schüttelte langsam den Kopf. »Du solltest da nicht hingehen, Drue.« Aber sie wußte, daß sie ihn davon nicht abbringen konnte. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, führte er es auch aus.
Er blinzelte. »Bis gleich.«
Dann verließ er das Pub.
Vorne war das Horrorkabinett
Weitere Kostenlose Bücher