0137 - Wir und die Diamanten-Gang
gewesen es herauszunehmen. Es war nicht schwer, zu mutmaßen, dass es sich dabei um die Diamanten gehandelt hatte, von denen ein Teil seinem ehemaligen Komplizen Sinclair gehörte.
Während wir noch darüber sprachen, kam einer der Detectives mit dem Mülleimer aus der Küche an. In diesem steckte zusammengeknüllt die Tracht einer Krankenpflegerin.
Ich fragte Haverley sofort, ob man auf der Spritze, die das Heparin enthalten hatte, Fingerspuren entdeckt habe. Der Lieutenant bestätigte mir das. Ich, obwohl ich meiner Sache sicher war, fuhr zusammen mit Phil zur Polizei, und dort konnten wir feststellen, dass diese Abdrücke mit einem Teil der in dem Zimmer gefundenen übereinstimmten. Das Bild rundete sich immer mehr.
Joan Sinclair, die Witwe von Marinos Komplizen, war in Begleitung eines Chicagoer Gangsters nach Palm Springs gekommen, um Marino im Guten oder Bösen zur Herausgabe der Steine zu veranlassen. Offensichtlich hatte ersieh gesträubt, und so wurde Lucia als Faustpfand entführt. Dann erschien das Pärchen bei Marino und stellte ihm ein Ultimatum. Dieser bekam einen Koller, griff nach der Pistole und bekam einen Herzschlag.
Da Lucia wertlos geworden zu sein schien, wurde sie losgelassen, nachdem man sich aber davon überzeugt hatte, dass der silberne Zigarrenkasten außer Zigarren nichts enthielt, kamen die zwei auf die Idee, Lucia müsse das neue Versteck der Steine wissen. Joan markierte die Krankenschwester und versuchte, das Mädchen zum Reden zu bringen, und zwar so, dass es anschließend nicht mehr in der Lage sein würde, Angaben über seine Mörderin zu machen. Wäre die Sache so verlaufen, wie sie geplant war, so hätte wahrscheinlich niemand vermutet, dass sie eine Heparineinspritzung erhalten hatte.
Es wäre festgestellt worden, dass der Tod durch plötzlich auf getretene innerliche Blutungen erfolgt sei. Dieser Anschlag war in doppelter Hinsicht missglückt. Lucia hatte nichts verraten, aber sie war auch nicht verblutet.
Es gab noch Menge zu tun. Wir fragten telegrafisch an, was es mit dem Gangster mit dem Entlassungsschein aus Joliet Prison auf sich hatte. Das Papier war auf den Namen Pete Kramowsky ausgestellt. Ferner verlangten wir Übermittlung der Fingerabdrücke von Joan Sinclair und fragten, wer der junge Gangster sein könnte, mit dem Phil sie angetroffen hatte. Wir besaßen dessen Prints, aber es gab in Palm Springs keinen Bildtelegrafen, und so beschlossen wir, sofort nach Los Angeles zu fahren und sie über unsere Filiale funken zu lassen.
Von Palm Springs nach Los Angeles sind es genau drei Stunden. Wir schafften die Strecke sogar in kürzerer Zeit. Leider hatten wir Pech. Es war barbarisch heiß, eine-Warmluftdecke hing über dem Talkessel, in dem die Stadt liegt, und hielt alle Auspuffgase, den Rauch und die Dünste fest. Kurz gesagt, über Los Angeles lag der »Smog«. (Das Wort setzt sich aus den beiden Ausrücken Smoke = Rauch und Fog = Nebel zusammen.) Dieser Smog biss sich erbarmungslos in die Augen, während wir den Sunset Boulevard hinaufzottelten, vorbei an den Kirchen, Tankstellen, Freilichtkinos, den Wolkenkratzern und luxuriösen Geschäftspalästen und Hotels.
Als wir bei unserer Filiale angekommen waren, tränten uns die Augen, und wir waren' dementsprechend schlecht gelaunt. Die Fingerabdrücke wurden sofort durchgegeben, und vorsichtshalber ließen wir auch hier eine Fahndung nach Joan Sinclair und ihrem Komplizen ankurbeln.
»Hier kann man schwerer jemanden aufstöbern, als in New York«, meinte unser Kollege G-man Fred Murner, missmutig. »Ihr redet von New York und Chicago, aber dieses Nest hier ist noch tausendmal schlimmer. Schade, dass ihr keine Zeit hab, sonst würde ich euch Skid Row, unser Armen- und Verbrecherviertel, zeigen. Gleich neben den Palästen der Ölgesellschaften und dem Rathaus hausen dort fast 20 000 Menschen in unglaublicher Verkommenheit. Niemand kümmert sich darum, und niemand macht einen Versuch, diesen Zustand zu ändern.«
Wir wussten das bereits, aber falls Joan Sinclair sich wirklich in Los Angeles aufhielt, so würde sie bestimmt nicht in Skid Row wohnen. Jedenfalls hatten wir keine Lust, in diesem übel riechenden Backofen auch nur eine Minute länger zu bleiben, als nötig war.
Um halb zehn Uhr abends kamen wir in Palm Springs an. Wir hatten gewaltigen Hunger, aber vorher erkundigten wir uns bei Haverley, ob sich was getan hätte. Die Antwort war: Nichts. Das Krankenhaus teilte mit, es gehe Lucia in jeder Hinsicht
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