0137 - Wir und die Diamanten-Gang
dazu war ich zu weit entfernt, und außerdem stand der-Tisch zwischen uns.
»Wer bist du?«, fragte er, ohne sich die Mühe zu machen, aufzustehen.
»Ein Beamter der Bundespolizei«, sagte ich in einem verzweifelten Versuch, ihn einzuschüchtern. »Legen Sie das Schießeisen weg. Bilden Sie sich nicht ein, ich sei allein hierhergekommen. Sie können Ihre Lage nur verschlimmern.«
»Was für eine Lage?«, fragte er grinsend. »Ich weiß nur, dass Sie mit Gewalt hier eingedrungen sind, und mit solchen Leuten macht man kurzen Prozess. Joan!« Er flüsterte der Frau ein paar Worte zu, und diese eilte in den Nebenraum.
Die Augen des Burschen zogen sich zu schmalen, hasserfüllten Schlitzen zusammen, die Pistole hob sich, und ich hörte, wie der Sicherungshebel klickte.
Ich duckte mich zum Sprung. Wenigstens wollte ich mich nicht ohne Gegenwehr niederschießen lassen, aber ich kam nicht dazu. Hinter mir erklangen Schritte. Das Gesicht meines Gegenübers veränderte sich, die Pistole schwankte. Ich sah, wie er den Zeigefinger krümmte, und dann warf ich mich zu Boden. Über mich hinweg knatterten Schüsse.
Ich vernahm ein Stöhnen und den dumpfen Schlag eines niederstürzenden Körpers. Noch bevor die Waffe wieder auf mich gerichtet war, machte ich einen Hechtsprung über den Tisch hinweg. Und dann landeten wir, der Sessel, der Kerl und ich, auf dem Fußboden. Immer noch hielt er seine Waffe fest. Ein Schuss krachte, zischte an meinem Ohr vorbei, und dann hörte ich einen Spiegel klirren. Vielleicht war es auch das Glas eines Bildes.
Ich drehte ihm den Arm um, und er verlor die Pistole, aber ich bekam sein Knie in den Magen, und das war nicht gerade schön.
Ich ballte die Faust und hätte ihn genau an der Kinnspitze erwischt, wenn mich nicht jemand unsanft am Kragen gepackt und hochgerissen hätte. Ich drehte mich nach dem neuen Angreifer um, einem Zweizentnermann mit aufgekrempelten Hemdsärmeln, aber der hielt mich eisern fest.
»Loslassen«, schrie ich. »Augenblicklich loslassen.«
»Das könnte dir so passen«, höhnte er und umklammerte mich von hinten.
Ich machte den alten Trick. Ich ließ mich nach vorn fallen und zog ihn mit. Er flog über mich hinweg und gegen den Kleiderschank, dessen Tür in Trümmer ging. Dann war der Raum voller Menschen, nur der Kerl und die Frau, die ich dort angetroffen hatte, waren verschwunden. Auf dem Teppich, gerade innerhalb der Tür, lag ein Toter. Er hatte zwei Brustschüsse und einen Kopfschuss weg. Es hätte nicht viel gefehlt, und ich wäre gelyncht worden, denn keiner wollte auf mich hören. Glücklicherweise kam dann ein Cop, mit dem ich einig wurde. Er warf zuerst einmal die Menschen hinaus, die protestierten, weil sie ja um das Vergnügen, mich zu verprügeln, gekommen waren. Dann telefonierte er an Lieutenant Haverley.
Das ist jetzt gerade drei Minuten her.
***
Zuerst untersuchten wir die Leiche. Der Mann mochte vierzig Jahre alt sein und trug einen billigen Konfektionsanzug. Die Pistole, die er benutzt hatte, lag neben ihm. Es war eine alte 38er Smith and Wesson, deren Nummer man herausgefeilt hatte. Er hatte etwas über 60 Dollar in der Brieftasche, aber das interessierte uns weniger, als der Entlassungsschein aus Joliet Prison, der genau acht Tage alt war. Im Joliet-Gefängnis hatte auch Al Sinclair gesessen.
Fünf Minuten später war auch Lieutenant Haverley zur Stelle. Diesmal hatte er sofort die beiden Detective und den Arzt mitgebracht. Diesen brauchten wir ja nun nicht. Phil gab ihm die genaue Personenbeschreibung des Mannes und der Frau und ersuchte darum, energisch nach beiden zu forschen. Wir stellten die ganze Wohnung auf den Kopf. Fanden aber nicht das Geringste. Es stellte sich heraus, dass sie möbliert gemietet war, und zwar erst seit einer Woche.
Es fanden sich Fingerabdrücke in rauen Mengen. Wir würden also wahrscheinlich sehr schnell wissen, ob mein Verdacht, es handele sich bei der Frau um Joan Sinclair, gerechtfertigt war. Ihr Begleiter konnte nur ein recht smarter Gangster sein, der ihr geholfen hatte, sich der silbernen Zigarrenkiste zu bemächtigen. Nur den Inhalt schienen die beiden nicht gefunden zu haben.
Ich musste an die Bemerkung denken, die Marino seiner Tochter gegenüber gemacht hatte. Er hatte gesagt, es gäbe Leute, die den Kasten gerne mitnähmen, aber sie würden die Dummen sein. Nun, die zwei waren die Dummen gewesen. Der Kasten musste früher einmal etwas von großem Wert enthalten haben, aber Marino war so schlau
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