0137 - Wir und die Diamanten-Gang
zustande. Wir zogen uns in die Bar zurück, der Kellner breitete ein grünes Tuch über den Tisch und brachte ein Paket neuer Karten. Alf ließ mit einem Seufzer das Spiel, das er bereits aus der Tasche gezogen hatte, wieder verschwinden. Meine Sorge, es werde nicht alles mit rechten Dingen zugehen, war nun wenigstens gemildert. Brillanten-Fred war eitel Liebenswürdigkeit und ließ nicht merken, dass er sich neulich mit mir gestritten und mir die Ansichtspostkarte vom Friedhof in Santa Monica geschickt hatte.
Ob ich ihm noch andere Aufmerksamkeiten, wie zum Beispiel die Schießerei beim Motel, verdankte, stand vorläufig noch in den Sternen geschrieben, aber ich würde wohl noch dahinterkommen .
Während Tom, der eigentlich Thomas Alleg hieß, mit fabelhafter Gewandtheit die Karten mischte und austeilte, sah ich mich verstohlen nach den beiden Frauen um. Die saßen am Nebentisch, nippten an ihren Drinks und waren ein Herz und eine Seele. Das Gespräch um die neueste Mode, ein Thema bei dem die Interessen einer Millionärsgattin und die eines Gangsterliebchens gleichlaufen.
Wir spielten ein hartes, aber faires Poker. Soviel ich auch aufpasste, konnte ich nicht den winzigsten Versuch zu mogeln feststellen.
Um zwölf Uhr, ich hatte bereits dreißig Dollar gewonnen, verabschiedete sich Mrs. Rockerfield. Wir alle, insbesondere Brillanten-Fred, redeten ihr zu, zu bleiben, aber sie behauptete, sie sei todmüde.
Langsam erhitzten sich unsere Köpfe, teils vom Spiel und teils von den Drinks, die der Millionär unablässig auffahren ließ. Selbst Florence, die den Kiebitz machte, bekam rote Wangen und kicherte jedes Mal schadenfroh, wenn einer gründlich hereinfiel.
Plötzlich mitten in einem besonders spannenden Spiel, fing jemand irgendwo draußen laut zu schreien an.
Rockerfield zog die Stirn kraus, murmelte etwas, das wie »hysterische, alte Schachtel« klang und sprang auf. Ich warf noch einen letzten bedauernden Blick auf meine ausgezeichnete Karte und machte es ihm nach. Die Frau schrie immer noch, und es hörte sich so an, als ob das Geschrei sich verstärkte und näher komme.
Bevor wir noch die Ausgangstür der Bar erreicht hatten, flog diese auf. Ich musste dreimal hinsehen, ehe ich Mrs. Grace Rockerfield erkannte. Sie war barfuß und trug einen Morgenrock. Ihre Haare steckten unter einem Netz. Und auf dem Gesicht lag eine dicke Schicht Creme, die ihr das Aussehen eines Zirkusclowns gab. Einen Augenblick stand sie regungslos und rang die Hände. Dann bekam sie ihren Mann zu packen und schrie:
»Mein Schmuck. O James, sie haben mir meinen Schmuck gestohlen.«
Jetzt wurde ihr Mann sehr beweglich. Zuerst stieß er seine untröstliche Gattin in Alfs Arme, und dann setzte er sich erstaunlich schnell in Bewegung. Wir anderen folgten. In den Fürstenzimmern brannte kein Licht, aber sämtliche Türen standen offen, ebenso das Fenster, durch das ein kühler Windzug hereinwehte. Rockerfield drehte den Schalter im Schlafzimmer, und der Kronleuchter flammte auf.
Das Erste was ich sah, waren die geöffneten Laden des Toilettentischs.
Der Millionär warf nur einen Blick darauf, drehte sich um und stieß mit seiner Frau zusammen, die uns nachgekommen war und unter der Tür stand.
»Wo hast du das Zeug gehabt?«, fragte er.
»Da, in der zweiten Schublade«, stammelte sie und deutete mit zitternder Hand darauf. »Der Kerl hat das ganze Köfferchen mitgenommen.«
»Habe ich dir nicht gesagt, du sollst den Kram jeden Abend ins Safe schließen lassen oder wenigstens die Schubladen dichtmachen?«, schnauzte Rockerfield. »Jetzt haben wir die Bescherung, und ich kann mich mit der Versicherung herumbalgen.«
»Da zum Fenster ist er hinaus«, stöhnte sie. »Meine Perlen. Oh, meine schönen Perlen.«
Es waren noch keine zwei Minuten vergangen. Wenn der Bursche, was ich ohne Weiteres annahm, mit einem Wagen geflüchtet war, so musste es möglich sein, ihn einzuholen. Es gab drei Straßen, die er benutzen konnte, eine nach Los Angeles, die zweite nach El Centro an der mexikanischen Grenze, und die dritte, die er allerdings kaum eingeschlagen hätte, führte in die Wüste von Arizona.
Wir hielten uns nicht lange mit Untersuchungen auf.
»Ist eben ein Wagen abgefahren?«, rief ich den Pförtner an, der gänzlich verdattert dastand.
»Ja, gerade vor einer Minute.«
»Los. Vielleicht fassen wir ihn noch.«
Wir liefen hinaus zum Parkplatz. Mr. Rockerfield und sogar Brillanten-Fred mit seinen Gorillas folgten. Es war
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