0139 - Wo der Werwolf lauert
Frantisek«, sagte der Sauhirt und grinste einfältig.
Er umarmte den Landstreicher, den er schon seit etlichen Jahren kannte. Die beiden Männer klopften sich auf die Schultern, und jeder versicherte dem ändern, daß er wie das blühende Leben aussähe und noch niemals besser ausgesehen hätte.
Frantisek Gabö half dem Schweinehirten dann, dem Ferkel einen Dorn aus dem Fuß zu ziehen. Die Bache und vier weitere Ferkel grunzten dabei um sie herum. Der Hütejunge sah zu.
Baraschi arbeitete sehr sorgfältig und fügte dem Ferkel nicht mehr Schmerzen zu, als unbedingt notwendig. Es kläffte im Wald, der Hund des Schweinehirten, eine zottelige Promenadenmischung, rannte herbei, gefolgt von dem zweiten Hütejungen.
Fantisek Gabö begrüßte beide. Die Jungen erhielten je einen klebrigen Bonbon, der Hund ein Stück Knackwurst. Danach schickte der Schweinehirt sie gleich wieder weg, denn das Säuehüten war keine Tätigkeit, bei der man faul in der Sonne liegen konnte.
Die beiden Freunde aber, der Landstreicher und der Sauhirt von Dragoviste, zogen sich zu dem schattigen Platz am Waldrand zurück, wo Baraschi seinen Proviant in ein Tuch eingewickelt am Baum hängen hatte.
Er holte eine halbvolle Flasche Rotwein und eine Wasserflasche aus dem Bach. Frantisek Gabö und Janosz Baraschi legten sich im Schatten nieder, sie aßen und tranken. Für den Schweinehirten war es selbstverständlich, den Rest seines Proviants mit seinem alten Freund Frantisek zu teilen.
Gabö wieder wäre es niemals eingefallen, etwa auf den Schweinehirten herabzusehen. Janosz Baraschi war kein großes Kirchenlicht, aber eine gute und ehrliche Haut.
Er hörte sich gern reden. Obwohl Frantisek Gabö auf seinen weiten Reisen zweifellos viel mehr erlebt hatte, hörte er sich geduldig an, was ihm der Schweinehirt über all seine Sauen, Ferkel und Eber zu erzählen hatte.
Sie waren Janosz Baraschis bevorzugtes Thema. Nach den Schweinen kamen die Menschen in Dargoviste an die Reihe. Baraschi erzählte, wer gestorben war, wer wen geheiratet hatte, wo seit Frantisek Gabös letzten Besuch Kinder auf die Welt gekommen waren und was sonst noch Besonderes vorgefallen war.
Endlich, nach einer runden Dreiviertelstunde, kam der Schweinehirt auch auf das Hauptereignis in dieser Gegend zu sprechen. Er berichtete dem staunenden Frantisek Gabö von dem Tod des alten Hexers Bela Stancu und den beiden verhexten Wölfen, die im Dorf gefangengehalten wurden.
»Wie?« fragte Frantisek Gabö. »Der graue Wolf schreibt mit seiner Pfote den Namen Bill, kann Zahlen aufzeichnen und rechnen? Und die weiße Wölfin gibt ihren Namen mit Nicole an?«
»So ist es, Frantisek. Das Zwergdonnerwetter… ich wollte sagen, der Pope, traut den beiden Wölfen nicht. Deshalb hat er sie iso… ise… absondern lassen. Sie sind im leeren Stall von Chivu Tineanu eingesperrt, drei bewaffnete Männer bewachen sie ständig. Sie lassen niemanden mehr an sie heran. Du kommst gerade zur rechten Zeit, Frantisek, du verstehst doch etwas von Spuk und Höllenmächten.«
Frantisek Gabö war in weiten Teilen des früheren Siebenbürgen als Frantisek der Hexenschreck bekanntgeworden, nachdem er mit Professor Zamorra, Bill Fleming und Nicole Duval in dem rumänischen Dorf Czerkössy der aus dem Jenseits zurückgekehrten blutigen Gräfin Jedwiga Vaszary, ihrem Hexenzirkel und sogar dem Satan selbst die Stirn geboten hatte. Professor Zamorra und seine Helfer hatten den Sieg über die Mächte der Finsternis errungen, obwohl Nicole Duval sich bereits in der Gewalt der Hexen befunden hatte. [3]
Das war im vergangenen Jahr passiert. Zamorra, Bill und Nicole hatten sich rasch wieder von Frantisek Gabö trennen müssen. Ein dringender Fall hatte sie nach England abberufen.
Frantisek Gabö war Professor Zamorras Einladung, ihn einmal auf Château de Montagne zu besuchen, bisher noch nicht nachgekommen. Als Frantisek Gabö die Namen Bill und Nicole hörte, dachte er sofort an den Freund und die Geliebte Professor Zamorras.
Doch daß beide in Wölfe verwandelt worden sein sollten und in Dragoviste gefangengehalten wurden, erschien ihm zu phantastisch. Trotzdem fand er keine Ruhe mehr, er mußte sich Gewißheit verschaffen.
Janosz Baraschi erzählte dem Landstreicher auch von dem dämonischen Schloßherrn am Oituz-Paß und von den Dämonenwölfen. Von den Dämonenwölfen und auch von dem Dämon hatte Frantisek zuvor schon einmal Gerüchte gehört.
Aber nichts Genaueres. Siebenbürgen oder Transsylvanien
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