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014 - Das Haus der boesen Puppen

014 - Das Haus der boesen Puppen

Titel: 014 - Das Haus der boesen Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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soll.«
    Ich fröstelte unwillkürlich.
    »Ich war oben«, sagte ich. »Und ich suchte stundenlang nach einem Ausgang. Es gibt nur einen geheimen Gang.« Noch etwas war mir unklar. »Sie wurden erst am Morgen gefunden, Carlotta. Wie ist das möglich?«
    Es war vielleicht ein wenig unverschämt, sie einfach Carlotta zu nennen, aber im Geist nannte ich sie bereits geraume Weile so.
    »Ich erreichte das Haus erst gegen Morgen, nachdem ich Sie und die Puppen aus den Augen verloren hatte und die halbe Nacht durch die Dunkelheit geirrt war. Die Puppen entdeckten mich, aber ich konnte mich gut verstecken. Ich wusste nun, dass ich am richtigen Ort war. Dann kam dieser wahnsinnige Schmerz.« Sie schüttelte sich. »In den Beinen. Als wühlte jemand mit einem großen Messer in meinem Fleisch. Und der Schmerz ließ nicht nach. Ich musste schreien. So fanden sie mich.«
    Ich berichtete ihr, was die Frau mit der Nadel und der Wachspuppe getan hatte. Sie nickte, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Aber es war nicht selbstverständlich. Es war pure Hexerei. Abergläubischer Hokuspokus – der jedoch wirksam war.
    »Danach verschwamm alles«, fuhr sie nach einem Augenblick fort. »Dieses Gift in den Zähnen … Ich weiß nur, dass ich ihr
    Opfer werden sollte, aber ich verstand es nicht. Verstehen Sie es?« Ich schüttelte verneinend den Kopf.
    »Wollt ihr mir allen Ernstes sagen«, unterbrach Helen erstaunt die Stille, »dass ihr an Hexerei und Gespenster glaubt?«
    Carlotta sah sie an. »Hätten Sie das alles gesehen, Sie wären mehr als bereit, zu glauben. Wissen Sie nicht, dass es Menschen gibt, die anders sind, die nicht nur durch das Fleisch, sondern auch durch die Phantasie geboren werden. Und die deshalb nicht nur menschliche Kräfte besitzen, sondern auch solche der Phantasie?«
    Helen starrte sie blass an.
    »Abergläubisches Geschwätz«, erwiderte sie. »Es gibt keine Geister. Um uns ist nur die Welt aus Atomen und Molekülen.
    Und vielleicht noch Gott. Aber das ist ein Wunschbild. Alles was es sonst noch geben mag, ist in uns selbst.«
    »Wie die Phantasie«, entgegnete Carlotta. »Oh, wie recht Sie haben! es ist alles in uns – man muss es nur zu wecken verstehen. Es gab immer solche, die es konnten, in den Jahrtausenden der menschlichen Geschichte. Die Magier und Wunderdoktoren aller Jahrhunderte waren die wahrhaftig Mächtigen dieser Welt. Ja, ich glaube ohne Einschränkung, dass diese alte Zigeunerin mit ihren Puppen Dinge vollbringen kann, die nur unsere Phantasie begreift, aber nicht mehr unser gesunder, logischer, wissenschaftlich verbildeter Verstand.«
    »Aber das ist Wahnsinn«, flüsterte Helen. »Glaubst du das auch?«
    Ich gab keine Antwort. Ich kannte Carlottas Hang zum Aberglauben bereits. Und so, wie sie es erklärte ›nicht nur durch das Fleisch, sondern auch durch die Phantasie geboren‹, klang es nicht mehr so absurd – nicht nach allem, was wir erlebt hatten.
    War nicht Hypnose schon eine Macht, die über die klaren Grenzen der Wissenschaft hinausging und die Normen sprengte? Warum nicht noch einen Schritt weitergehen und an das Magische glauben? Welche andere Erklärung gab es sonst, die nur annähernd so logisch und vernünftig klang? War es nicht eine gesunde Toleranz, nicht einfach abzuleugnen, was offensichtlich war?
    »Charlie?« wiederholte Helen eindringlich.
    Ich sah sie an. »Erkläre mir, wie es geschehen konnte, dass Carlotta den Schmerz spürte, den die Nadel der Wachspuppe zufügte.«
    »Aber siehst du es denn nicht? Sie glaubte daran. Glaube versetzt nicht nur im Volksmund Berge. Eine starke suggestive Kraft ist das ganze Geheimnis. Ihr eigenes Bewusstsein spielte ihr diesen Streich.«
    Ich nickte.
    »Das klingt logisch«, sagte ich ruhig. »Aber da ist nur ein kleiner Haken dabei. Carlotta wusste nicht, dass es eine Puppe und eine Nadel gab und eine Zigeunerin, die beides benützte, um ihr Schmerz zuzufügen, damit sie schrie und ihr Versteck verriet.« Ich schüttelte den Kopf. »Sie konnte es gar nicht wissen. Von mir aus erkläre es parapsychologisch, wenn dir das Wort Hexerei nicht gefällt. Aber eines war es ganz bestimmt nicht: Selbstbetrug. Und was ist mit ihrem Mann, mit Eddie Gilbert, der steif wie eine Puppe drei Tage in einer Auslage stand und dann auf die gleiche Art starb wie sein Wachskonterfei auf einem Tisch in einem alten Haus mehr als zehn Kilometer entfernt?« Ich schüttelte erneut den Kopf. »Ich bin auch geneigt, an Zufälle zu glauben, aber

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