014 - Draculas Höllenfahrt
und vor allen Dingen für Ihren Mut, Mister Meyerling. Sie haben mich sehr
nachdenklich gemacht. – Passen Sie auf, begehen Sie keine Dummheit! Wenn etwas
Ungewöhnliches und Bedrohliches hinter den Mauern des Sanatoriums vorgeht, dann
werden wir es schon schaffen!«
Meyerling lächelte matt. »Sie
meinen – mit Einsatz der Polizei?« Er schüttelte den Kopf. »So geht es nicht
Mister Brent! Leider nicht! Der Beweis zeigt sich wieder mal in London. Mit
normalen Mitteln kommt man nicht weiter. Wenn Sie das Leben des rätselhaften
Dracula verfolgen, werden Sie immer wieder darauf stoßen, daß es ihm im letzten
Augenblick gelang, noch einmal davonzukommen. Und auch in den Fällen, wo man
glaubte, den teuflischen Fluch gebannt zu haben, der auf Draculas Leben und
Sterben lastet, zeigte sich, daß rätselhafte Mächte – selbst der Zufall – ihm
immer wieder die Möglichkeit gaben, eine neue Existenz zu finden. Bis zur
Stunde weiß man nichts von dem Blut, das einen Menschen in eine blutsaugende
Bestie verwandelt. Es wäre interessant für einen ernsthaften, objektiv
denkenden Wissenschaftler, sich mal mit diesen Problemen und Untersuchungen zu
beschäftigen. Aber bisher ist es noch keinem Wissenschaftler gelungen, Draculas
Blut einer Prüfung zu unterziehen. Immer war es so, daß diejenigen, die damit
in Berührung kamen – den Verstand verloren. Irgend etwas lief immer schief. Und
deshalb werden Sie mit dem Einsatz der Polizei kein Glück haben, Mister Brent.
Gesetzt den Fall, Ihre Schwester befindet sich wirklich in den Händen Draculas,
dann muß auf dem schnellsten Weg etwas geschehen. Anders allerdings als Sie
denken. Ich verfüge über große Kenntnisse und über die entsprechenden Mittel.
Wenn sich die Gelegenheit finden sollte, dann werde ich etwas unternehmen.«
»Bitte nichts übereilen! Ich muß
erst mal darüber nachdenken. Die Dinge liegen komplizierter, als Sie vielleicht
denken. – Miriam kam in das Sanatorium. Dabei stieß sie auf ein Geheimnis. Sie
wollte mich sprechen. Hier …« Er ließ den automatischen Anrufbeantworter
ablaufen. »Aber ich war nicht zu Hause. Aston hat sofort Verdacht geschöpft,
als er den Namen Brent hörte, davon bin ich überzeugt. Er mußte alles dransetzen,
Miriam zu hindern, mit mir Kontakt aufzunehmen. Er hat sie beobachtet, seit
ihrer Abfahrt von der Anstalt. Die Sache wird noch komplizierter, wenn man
bedenkt, daß Aston nicht weiß, ob ich mich zur Zeit in New York aufhalte oder
nicht: Um jedoch sicherzugehen, hat er Miriam als Geisel geholt. Eine
Vermutung, keinen Beweis gibt es für diese Annahme. Es wäre grundfalsch, wenn
ich jetzt im Sanatorium auftauchen würde, ob mit Erlaubnis oder mit Gewalt.
Miriam wäre in größter Gefahr. Aston muß – zunächst – in dem Glauben sein, daß
ich noch nicht das geringste ahne. Denn davon geht seine Handlungsweise aus,
ich bin überzeugt davon. – Von Ihren Beobachtungen weiß er noch nichts.«
»Das hoffe ich.«
»Würde es Ihnen etwas ausmachen,
meine Interessen mitzuvertreten, ohne daß dies ein zusätzliches Risiko für Sie
bedeutet?«
»Ich habe noch nie jemand einen
Gefallen abgeschlagen, wenn es darum ging, eine gute Sache zu vertreten.«
Larry Brent öffnete eine Lade in
seinem Schreibtisch und drückte dem Deutschen einen zigarettenschachtelgroßen
Behälter in die Hand.
»Ein Funksprechgerät, Mister
Meyerling. Kinderleicht zu bedienen. Damit können Sie mich zu jeder Zeit
erreichen. Die Reichweite des Gerätes ist beachtlich. Es schafft achtzig
Meilen.« Er erklärte ihm die Bedienung der Knöpfe und Tasten. Meyerling begriff
die Handhabung auf Anhieb.
»Bleiben Sie über dieses Gerät mit
mir in Verbindung! Wir können uns ständig absprechen. Beobachten Sie auch
weiterhin Astons Sanatorium! Sie sitzen auf dem rechten Pferd, aber was das
Schicksal meiner Schwester anbetrifft, so bin ich noch unschlüssig. Hier muß
ich – aus rein persönlichen Überlegungen und im Interesse meiner Schwester –
mit Samthandschuhen vorgehen. Halten Sie mich auf dem laufenden! Im Falle einer
offensichtlichen Gefahr und eines eindeutigen Hinweises bin ich innerhalb von
zwanzig Minuten in Ihrer Nähe, das verspreche ich Ihnen.«
Meyerling öffnete seine
abgegriffene Ledertasche. Er legte das hochempfindliche Gerät zu den anderen
Utensilien.
Larrys Augen wurden zu schmalen
Schlitzen, als er sah, was sich noch alles in der Tasche befand.
Ein Fernglas, ein armdicker,
zugespitzter Holzpfeil – und ein fünfzig
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