014 - Draculas Höllenfahrt
Vorgeschichte …«
X-RAY-3 berichtete von den
Ereignissen, die sich vor gut einer Woche in London zutrugen und verschwieg nur
Details, die der Deutsche nicht zu wissen brauchte.
Josef Meyerlings Augen leuchteten.
»Dann habe ich in Ihnen gewissermaßen einen Mitstreiter gefunden.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich sagte eingangs, daß es eine
lange Geschichte wäre, alles über mein recht ungewöhnliches Leben zu erzählen.
Aber nun, nachdem ich Ihre Einstellung kenne, fällt es mir leichter, Ihnen
wenigstens das Wichtigste zu eröffnen: Seit jeher war ich der Ansicht, daß
Dracula einmal wirklich existierte und daß er alles andere ist als nur die
Schaufigur aus einem Roman. Als Zwölfjähriger hielt ich das erste Buch über ihn
in der Hand. Es folgten später weitere Veröffentlichungen, die ich gierig
verschlang. Als ich einundzwanzig war, machte ich meine erste Reise in die
Karpaten. Ich besuchte dort jedes Schloß. Ich war besessen von dem Gedanken,
auf den Fußspuren Draculas zu wandern. Ich blieb zwei Jahre im Ausland. Zu
diesem Zeitpunkt wußte ich alles über das Leben des geheimnisvollen Vampirs. Es
ist nicht übertrieben, wenn ich Ihnen sage, daß ich mein ganzes Leben der
Erforschung dieses Problems geopfert habe. Und meine Suche ist noch nicht zu
Ende. – Ich stöberte in meinem 30. Lebensjahr ein verschüttetes Gewölbe in den
Karpaten auf und stieß auf einen morschen Holzsarg, der verlassen war. Das
Geheimnis dieses Sarges wurde nie gelüftet. Ich arbeitete mit den Behörden
zusammen. Niemand konnte mir erklären, wie ausgerechnet dieser eigenwillige
Sarg in diese Gegend gekommen war und ob jemals ein Toter darin gelegen hätte.
– In einem alten Buch, in dem das Leben Draculas geschildert wurde, schrieb ein
unbekannter Verfasser, daß einige Utensilien, die Dracula einst besessen habe,
noch im Umlauf seien. Es gäbe einige Schmuckstücke, einen Umhang …«
Larry Brent nickte. »Dieser Umhang
tauchte vor einem halben Jahr in London auf. Ein Antiquitätenhändler fand ihn
zwischen einem Sack alter Klamotten, den er einer Zigeunerin abgekauft hatte.«
»Ja, davon erfuhr ich auch. Nach
meiner Ankunft in London allerdings war der Film schon gelaufen. Ich verfolgte
die Spur der Ereignisse und stieß auf Dr. Aston, der mit Dracula zum letzten
Mal zusammengetroffen sein muß …«
»Ich bewundere Ihre Kombinationsgabe.«
Larry Brent war ehrlich begeistert von Josef Meyerling. »Ihre Vermutungen sind
gar nicht mal so absurd. Ich habe Dr. Aston selbst auf dem Rückflug begleitet.
Mir fiel schon damals auf, daß er seine Arzttasche wie einen Augapfel hütete.
Es muß ihm gelungen sein, doch an Draculas Blut zu kommen …« Die letzten Worte
murmelte er nur noch vor sich hin, aber sie waren laut genug, um von Meyerling
verstanden zu werden.
»Vielleicht infizierte ihn auch
Dracula – ohne daß Aston es wollte.«
Larry schüttelte den Kopf. »Das
halte ich für unwahrscheinlich. Ich war über sechs Stunden nach den verworrenen
Ereignissen mit Aston zusammen. Jede Wesensänderung wäre mit aufgefallen.«
»Ja, da haben Sie auch wieder
recht.« Josef Meyerling fuhr sich durch das dichte, weiße Haar. Sein Gesicht
war sonnengebräunt. Die blauen Augen blickten frisch und jugendlich.
»Wir können auch völlig
danebentippen« meinte X-RAY-3. »Aston braucht nur indirekt etwas mit den Dingen
zu tun zu haben. Wenn er mit einer Person in der Anstalt experimentiert, dann
…«
»Dies war mein erster Gedanke«,
warf Meyerling sofort ein, als Larry sich selbst unterbrach. »Aber inzwischen
bin ich davon abgekommen. Ich beobachte das Sanatorium seit Tagen – vielmehr
seit Nächten, um es genauer zu sagen. Aston hat sich verändert. In der letzten
Nacht hat er ein Verhalten gezeigt, über das ich mir noch nicht im klaren bin.«
»Was war das?« wollte Larry wissen.
»Er verließ etwa anderthalb Stunden
nach dem Zwischenfall im Park das Gebäude. Sein Chevrolet kehrte nach genau
zwei Stunden wieder zurück. Das war gegen halb zwölf Uhr heute nacht. Ich
konnte von meinem Beobachtungsplatz aus leider nicht alles sehen. Die Garage
liegt seitlich vom Haus. Es kam mir jedoch so vor, als hätte er ein großes
längliches Bündel auf dem Rücksitz gehabt. «
Immer mehr Bilder reihten sich zu
einem Mosaik aneinander. Und doch war die ganze Angelegenheit mehr als
undurchsichtig.
Zwischen zehn und zwölf Uhr in der
letzten Nacht verschwand Miriam. Wohin war sie gegangen?
»Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit
–
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