014 - Planet der Götter
inneren Sicherheitsbereich der Mechanics-Anlage in der Mondstadt. In der Tat hatte Haikos Autorität und sein Hinweis auf Sondervollmachten ausgereicht, eine genauere Überprüfung des Mädchens zu verhindern. Die Kontrollautomaten waren durch menschliche Wachposten ersetzt worden und die ließen sich durch die entsprechenden Befehle beeindrucken.
»Soviel zu den verstärkten Sicherheitsmaßnahmen«, spöttelte Mareise, als sie im roten Bezirk waren. Nach wie vor war die Waffe schussbereit. Haiko hatte keine Chance. Auch wenn das Mädchen die entsicherte Pistole in der Tasche trug, hatte sie den Finger trotzdem ständig am Abzug.
Chan sah zum Kuppeldach hinauf. Irgendwo da oben waren die Sterne. Irgendwo da oben war auch Phönix.
»Warum arbeitest du eigentlich für Mechanics und nicht für Dai-Mi-Su?«, fragte Mareise übergangslos. »Du bist doch ein Asiate. Wie kommst du auf den Amerika-Kontinent?«
»Mechanics bezahlt besser«, gab er trocken zurück.
»Und man kann sich besser einschleusen lassen, wenn man wie die Leute aussieht, gegen die man spitzeln muss, nicht wahr?«
Er versteifte sich. Er dachte wieder an das Dai-Mi-Su-Mädchen, das er hatte töten müssen.
Er begann, Mareise zu hassen. Nicht nur, dass sie ihn hereingelegt hatte, sie riss auch noch die Wunden seiner Seele wieder auf.
»Wohin jetzt?«, fragte er.
»Das sollte dir klar sein. Zum Star Gate. Wir sehen es uns einmal näher an. Routine-Sicherheitsüberprüfung. Vielleicht hat ja auch hier jemand eine Bombe gelegt, nicht wahr?«
»Biest«, murmelte er.
Dass sie selbst es war, die die Bombe legen würde, war ihm vollkommen klar.
Er wusste nur noch nicht, wie er es verhindern sollte, ohne dass sie ihn erschoss. Denn er selbst wollte nicht schon wieder töten müssen. Er musste eine Möglichkeit finden, sie kampfunfähig zu machen, ohne dass einer von ihnen getötet wurde.
Vor allem musste er sie deshalb lebend gefangen nehmen, damit sie verhört werden konnte. Wenn Flibo so weit war, dass ID-Karten manipuliert werden konnten, war höchste Vorsicht geboten. Denn dann konnten sich Flibo-Agenten Zugang zu den geheimsten Einrichtungen von Mechanics Inc. verschaffen.
Haiko Chan wartete weiter auf seine Chance, während sie sich dem noch einmal abgesicherten Teil des Werkskomplexes näherten, in welchem sich das Luna-Tor befand.
*
Jerry Bernstein erlebte sein großes Abenteuer!
Seine Wohnung außerhalb des Mechanics-Geländes in Detroit hatte er nicht mehr von innen gesehen. Männer und Frauen aus Fishers Abteilung kümmerten sich schon fast rührend um ihn. Er brauchte nur eine Liste der Dinge aufzustellen, die er auf dem Planeten Phönix zu benötigen glaubte, auf die er nicht verzichten wollte.
Die Liste wurde sehr umfangreich.
Bernstein ging davon aus, dass er die Erde auch auf Urlaub nicht so schnell wieder sehen würde. Und wie er Sankt Bürokratius und seinen Amtsschimmel kannte, würde eine ›Nachbestellung‹ entweder gar nicht funktionieren oder auf organisatorische Schwierigkeiten stoßen, die alles bis ins Endlose verzögerten.
Also nahm er mit, was sich eben mitnehmen ließ. Im Endeffekt lief es fast auf eine komplette Wohnungsauflösung, auf einen kompletten Umzug hinaus.
Und Bernstein war erstaunt, dass ihm auch das letzte Teil genehmigt wurde! Dass er mit einem Raumer zum Mond und von dort aus mit dem Star Gate nach Phönix gelangen würde, war ihm klar, aber der Mondflug kostete Stauraum und damit immenses Geld. Aber Geld schien wohl auch in der gegenwärtigen Situation für Mechanics Inc. keine Rolle zu spielen. Der Konzern scheute keine Unkosten, einen Reporter zu einem fremden Planeten zu entsenden.
Bernstein bekam nur noch Gelegenheit, sich von seinen Kollegen zu verabschieden. Ein Sicherheitsbeamter stand im Hintergrund und lauschte aufmerksam, ob Bernstein auch keine versteckten Andeutungen machte.
Er hütete sich davor. Er wollte sich die Chance seines Lebens nicht im letzten Moment doch noch selbst zunichte machen, um statt dessen auf den Asteroiden oder den inneren Planeten zu versauern.
Er bedauerte nur, den Neid seiner Kollegen nicht genießen zu können, weil er ihnen nicht verraten durfte, wohin er flog.
Ein paar Stunden später war er bereits unterwegs. Das große Abenteuer, die große Story, auf die er so lange gewartet hatte, begann. Die Sterne warteten auf ihn!
*
Nach so unendlich langer Zeit hatte keiner mehr geglaubt, dass doch noch einmal Reisende von den Sternen kommen
Weitere Kostenlose Bücher