0140 - Mörder auf freiem Fuß
in irgendeinem Zusammenhang mit der Sache?«
»Nein«, sagten die beiden wie aus einem Mund.
»Ja«, sagte Mills. »Es sind Abruzzos Leute. Sie kamen im Auftrag ihres Chefs und drohten, mir den Hals umzudrehen, falls ich nicht den Mund hielte.«
»Sehen wir uns Mr. Abruzzo an«, schlug Tonfield vor.
Es war nicht schwer, Sammy Abruzzo zu finden. Er saß in seiner Stammkneipe und wurde blaß um die Nase, als er seine beiden Gardisten in Begleitung von drei Männern sah, die nach Polizisten rochen.
Typen wie Abruzzo laufen in New York zu Dutzenden herum. Sie sind unangenehm für die Straße, in der sie wohnen, aber man kann nicht sagen, daß sie gefährlich für die Allgemeinheit wären. Es sind Faulpelze, Tunichtgute, im schlimmsten Falle Schlägertypen, die zuviel von den eigenen Kräften überzeugt sind. Sie stecken bis an die Ohren in kleinen, schäbigen Geschäften. Hin und wieder werden sie bei einem Gesetzesverstoß erwischt und für einige Zeit hinter Gitter gebracht. Gewöhnlich sammeln sich um solche Typen eine Anzahl Burschen, die sich für Gangster halten, weil sie zwei Diebstähle begangen haben und schon einmal einen Büroangestellten niederschlugen, der ihnen in die Quere kam, als sie sich besonders stark fühlten.
Wenn es ernst wird, braucht man mit dieser kleinen Großstadt-Pest nicht viel Federlesens zu machen. Sie klappen rasch zusammen. Sammy Abruzzo machte keine Ausnahme.
»Wem hast du den Tip über das Waffengeschäft in der 18. Straße weitergegeben?« fragte Inspektor Tonfield.
»Ich habe keinen Tip weitergegeben«, jammerte Sammy. »Ich habe nur einem alten Freund die Adresse von Mills genannt. Ich…«
»Spar deine Luft. Wer war der alte Freund?«
Abruzzo zögerte. Ihm war offensichtlich wenig wohl in der Haut. Tonfield verstand sein Handwerk.
»Ich glaube, daß du ganz schön in der Tinte sitzt, Sammy«, warnte er. »Mache sie nicht dicker, als sie ohnedies schon' ist. Wer war der Freund?«
»Kid Holback.«
Tonfield stieß einen Pfiff aus.
»Kid Holback, genannt der Stier«, erklärte er uns. »Vor zwei Monaten in San Francisco zum Tode verurteilt. Die Vollstreckung des Urteils wurde wegen eines Formfehlers während der Verhandlung aufgeschoben. Holback entsprang bei dem Massenausbruch. Das wäre der zweite auf der Liste der noch freien Verbrecher.«
Es war nicht schwer, Abruzzo zu bewegen, Einzelheiten über Holbacks Besuch zu erzählen. Der kleine und der große Gangster kannten sich aus einem zufälligen gemeinsamen Gefängnisaufenthalt.
»Er kam und verlangte kurzerhand, daß ich ihm Waffen besorge. Ich konnte nichts für ihn tun«, berichtete Abruzzo. »Ich hatte keine Waffen. Holback wünschte, daß ich ihm Geld lieh, damit er Schießeisen kaufen könne, aber ich wollte ihm kein Geld geben. Ich schickte ihn zu Mills.«
»Warum schicktest du nicht irgendwen zur Polizei?« schimpfte Tonfield.
Abruzzo rollte seine großen braunen Augen.
»Sie kennen den .Stier' nicht, Inspektor. Dem macht es gar nichts, einem Mann eigenhändig das Genick zu brechen.«
»Hat Holback nichts darüber gesagt, was er in New York unternehmen wollte?«
»Er sagte nur, daß hier ein dickes Ding zu drehen sei!«
»Wieviel Leute waren bei ihm?«
»Nur einer. Er wird Vier-Finger-Harry genannt.«
»Der ist tot, von Cops erschossen. — Was hast du dem ,Stier' noch geliefert?«
»Anzüge, Schuhe…« gestand Abruzzo fast flüsternd.
Klar, daß wir den Vorstadt-Gangster nebst seinen Gardisten ebenfalls einpackten. Es wurde sehr eng im Wagen.
Wir waren kaum abgefahren, als wir einen Anrui über die Funk-Zentrale erhielten. Tonfields Leute hatten festgestellt, daß der blaue Mercury auf den Namen Sammy Abruzzo zugelassen war. Sammy selbst hörte diese Meldung mit an.
»Ich konnte nichts machen, Inspektor«, jammerte er. »Kid hätte mich totgeschlagen, wenn ich seinen Wunsch nicht erfüllt hätte.«
Tonfield setzte uns auf der 18. Straße neben meinem Jaguar ab. Wir fuhren zum Hauptquartier.
Auf meinem Schreibtisch lag ein Zettel.
»Komm zu mir ’rüber!« Unterschrift:
Round.
Ich ging in sein Büro. Carrol Bender kam mit. Round saß an seinem Schreibtisch und lachte.
»Mensch, Jerry, da haben die Friscoer vielleicht eine Herde Söhne des Teufels aus dem Kittchen entwischen lassen, und sie alle 'Scheint es mit Macht in unser friedliches New York zu ziehen. Mr. Salman hat seine sechs Besucher sofort erkannt. Hier sind die Fahndungsblätter.«
Ich las. Eine Bande von größerer
Weitere Kostenlose Bücher