0141 - Der hinkende Mörder
kommen, und da ich nicht wusste wie, gab ich Phil einen leisen Tritt gegen das Schienbein.
»Wir möchten gern etwas über eine Ihrer Freundinnen erfahren«, sagte mein Freund.
»Um wen handelt es sich?« fragte sie neugierig.
»Um eine Miss Jane Huff. Außerdem hat sie noch den Vornamen Joy.«
»Die Dame kenne ich absolut nicht. Wie kommen Sie darauf, es sei meine Freundin?«
»Oh, dann verzeihen Sie, Mrs. Antesi. Wir glaubten, dass sich auch mit Ihnen befreundet sei, aber wenn das nicht so ist, so hat es keinen Zweck.«
»Wieso auch?« fragte sie verwirrt.
»Nun, weil Ihr Mann sie gut zu kennen scheint.«
»Mein Mann?« sagte sie ganz leise und erschreckt. »Was hat denn Camillo mit einer Amerikanerin zu tun?«
»Sind Sie nicht selbst Amerikanerin?«
»Natürlich, aber wir verkehren nur mit Italo-Amerikanern, wie man das nennt. Die anderen sehen uns doch nur über die Schultern an.«
»Von der jungen Dame, deren Namen ich soeben nannte, hatte ich einen durchaus anderen Eindruck. Sie schien mit Ihrem Gatten recht gut befreundet zu sein.«
»Das ist nicht wahr«, stieß sie hervor, »Camillo hat keine Freundin, und am wenigsten solche, von denen ich nichts weiß, Camillo ist mir treu«, behauptete sie stolz.
»Das Gegenteil haben wir auch nie behauptet«, meinte Phil. »Wenn ich sagte befreundet, so meine ich das nur im besten Sinne des Wortes.«
»Warum eigentlich wollen Sie denn etwas über diese Frau erfahren?«
Phil zögerte einen Augenblick und sah mich an. Genauso wie ich hatte er bemerkt, dass wir auf die süße Tour nichts erreichen konnten.
»Das Mädchen wurde ermordet und trug den Namen Ihres Mannes auf einem Notizzettel in der-Tasche«, sagte ich schroff.
Die kleine Frau wurde leichenblass, und dann stieg ihr das Blut in die Stirn. Sie krallte ihre Hände in die Lehnen des Sessels und atmete so schnell und gepresst, dass ich fürchtete, sie würde ohnmächtig werden.
»Warum erzählen Sie mir das?« keuchte sie. »Glauben Sie vielleicht, ich hätte sie ermordet?«
»Wir glauben gar nichts. Wir suchen nur den Mann, der sie mit einem Klingeldraht erwürgt hat.«
»Mit… einem… Klingeldraht!«
Jetzt kippte sie tatsächlich um. Ich konnte sie gerade noch auffangen, und Phil rannte dahin, wo er die Küche vermutete. Nach einer halben Minute kam er mit einem nassen Handtuch zurück und wusch ihr das Gesicht, aber so schnell, wie er gedacht hatte, ging es nicht. Er fühlte nach dem Puls und nickte.
»Alles in Ordnung. Sie wird gleich wieder da sein. Sieh dich schnell einmal um.«
Ich warf einen raschen Blick in die Schubladen und Schränke. Ich fand nicht das Geringste. Auch im Schlafzimmer war meine Mühe umsonst und ebenso in der Küche. Der dritte Raum schien so etwas wie eine Bastelstube zu sein. Werkzeuge aller Art hingen an den Wänden und lagen herum. Bretter, Nägel, Stücke Plastik, Farben, Pinsel, kurz, es war alles da, was man sich wünschen konnte.
In einer Ecke stand ein Schrank mit elektrischen Schaltern, Steckdosen, Glühbirnen und ein paar Drahtrollen. Eine dieser Rollen hatte es mir angetan. Der Draht glich dem, mit dem Joy Belter erwürgt worden war, aufs Haar. Unmöglich konnte ich die ganze Rolle mitnehmen, aber auf dem Tisch lag eine scharfe Zange. Ich schnitt ein Stück ab und steckte es in die Tasche.
Im Wohnzimmer bemühte Phil sich immer noch um die Ohnmächtige.
»Wenn sie nicht ganz schnell wieder aufwacht, so müssen wir einen Arzt holen. Bitte, geh doch einmal ins Schlafzimmer, und sieh nach, ob du Kölnisch Wasser oder Derartiges findest.«
Ich beeilte mich, und da auf der Glasplatte des Toilettentisches neben Bürsten und Kamm nur ein Fläschchen mit süßem Parfüm stand, zog ich die Laden auf. Das Erste, was mir in die Hände fiel, war ein Postsparbuch mit einem Guthaben von fünftausenddreihundertsiebzig Dollar. Ob das wohl der Rest der Erbschaft war? Ich blätterte die Seiten zurück, fand aber keine größere Eintragung, dagegen seit ungefähr acht Wochen regelmäßige Habenposten von tausend bis zweitausend Dollar, von denen jeweils ein Teil stehen blieb, während der Rest in kleineren Beträgen abgehoben worden war. Das sah durchaus nicht nach Erbschaft aus. Entweder hatte Antesi irgendein gut gehendes, wahrscheinlich illegales Nebengeschäft, oder seine Frau hatte einen reichen Freund.
Kaum hatte ich das Buch zurückgelegt und das Wohnzimmer wieder betreten, als die kleine Frau die Augen auf schlug. Sie blickte sich verwirrt um und begann zu
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