0141 - Die Hexe vom Schädelfelsen
näher, war jetzt so nahe an Zamorra, daß er ihn fast berühren konnte. Der Parapsychologe atmete tief durch. Er traute es sich ohne Weiteres zu, ohne jegliche Hilfsmittel mit dem Burschen fertigzuwerden. Dennoch beabsichtigte er, das Amulett einzusetzen. Er wollte den Vampir nicht nur ausschalten, sondern ihn auch als Informationsquelle benutzen.
Doch der Vampir war schneller. Blitzschnell schossen seine Hände vor, griffen nach dem Professor.
Zamorra reagierte rein instinktiv, riß abwehrend die Arme hoch und kreuztè sie vor dem Gesicht des Vampirs. Erschrocken fuhr die Bestie zurück. Zamorra verzog das Gesicht zu einem triumphierenden Lächeln. »Das bringt mich in meinen Forschungen ein Stück weiter«, sagte er. »Also wirkt das Kreuz-Symbol auch auf Vampire, die einer anderen Dimension entstammen.«
Er brachte ein paar rasche Karateschläge bei dem Vampir an, der sich den Ausgang dieser Begegnung sicherlich anders vorgestellt hatte. Der Blaßgrüne taumelte. Zamorra fuhr herum, bückte sich und hob das Amulett auf, das er dem Vampir entgegenstreckte. Ein schwaches Leuchten ging von der silbernen Scheibe aus. Der Vampir war im nächsten Moment gelähmt, unfähig, sich zu bewegen.
»So, mein Freund«, brummte Zamorra. »Und jetzt wirst du mir einiges erzählen. Über die Welt, in der ich mich aufhalte und über ähnliche Dinge.«
Der Vampir keuchte. »Nimm das Amulett weg, Verfluchter! Sofort! Ich befehle es dir!«
»Du kannst mir viel befehlen, wenn der Tag lang ist, Freundchen«, knurrte der Professor. »Rede schon!«
Der Vampir stöhnte und wimmerte, und begann mit seiner Auskunft. Zamorra lächelte schwach. Sein Verdacht war richtig. Er befand sich tatsächlich in der Welt der Stadt. Nur eine einzige Stadt gab es hier, die Stadt des Herrschers Camoran, doch dieser war seit einigen Jahren tot. Offenbar, überlegte der Professor, herrschte hier ein schnellerer Zeitablauf vor. Denn so lange war es wirklich noch nicht her, daß er Camoran bezwang.
Je länger der Vampir die Stadt beschrieb, in deren weitem Umfeld es nur einige wenige Dörfer und kleinere Ansiedlungen gab, desto sicherer war Zamorra. Er war zum zweitenmal in diese Welt geraten. Beim erstenmal hatte Merlin ihm den Weg gewiesen, und diesmal war der Schädelfelsen zum Tor zwischen den Welten geworden.
»Die Priesterin des Blutes hat dich zum Tode verurteilt«, zischte der Vampir und wand sich verzweifelt unter dem brennenden Glühen des Amuletts. »Sie will dich sterben sehen, damit Camorans Mord gerächt wird.«
»Die Priesterin des Blutes«, murmelte Zamorra überlegend. Nicole hatte diesen Begriff auch verwendet, soweit er sich entsann. »Wer ist sie?«
»Sie trat die Herrschaft an, als Camoran starb«, schrie der Vampir. »Und sie ermöglichte es uns, mit ihr zu herrschen. Wir sind die Macht! Wir sind ihre Arme und Hände! Wir kontrollieren die Welt der Stadt für sie!«
»So ist das also«, murmelte der Parapsychologe. »Schön, mehr werde ich wohl von dir nicht erfahren.« Er drückte dem Vampir die Silberscheibe auf die Brust, dort, wo er das Herz des Nachtgeschöpfes vermutete. Der Vampir schrie grell auf und zerfiel in einem rasend schnellen Vorgang zu Staub.
Zamorra richtete sich auf. Sekundenlang wurde es ihm wieder schwarz vor den Augen. Er begriff, daß er längst noch nicht wieder vollkommen regeneriert war. Die Schwäche drohte ihn in die Knie zu zwingen. Doch er beherrschte sich eisern.
Nach einer Weile verging der Schwächeanfall wieder. Zamorra wagte nicht daran zu denken, was geschehen wäre, wenn diese Schwächephase ihn erfaßt hätte, während der Vampir ihn angriff. Wahrscheinlich hätte die Bestie ihn zur Ader gelassen und ihn dadurch, weil er ohnehin schon geschwächt war, getötet.
Er warf dem Staubhäufchen einen kurzen Blick zu. Dann kam ihm eine Idee. Er kannte Fälle, in denen Vampire wiederbelebt worden waren, wenn ein Tropfen frischen, warmen Blutes die Asche berührte. Das aber wollte er verhindern. Er griff zu und formte den Aschehaufen zu einem Kreuz um. Allein die Form, die für jeden Vampir bedrohend und tödlich wirkte, würde das Wiedererwachen nachhaltig verhindern, selbst wenn jemand versuchte, den Vampir durch Blut in sein bösartiges, unheiliges Leben zurückzurufen.
Zamorra erhob sich wieder. Zufrieden betrachtete er sein Werk und hängte sich dann das Amulett am Silberkettchen um den Hals. Es lag offen auf seiner Brust.
Im gleichen Moment erlosch die Kerze endgültig.
Zamorra trat
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