0143 - Brücke ins Jenseits
erst jetzt damit?«
»Ich musste am folgenden Montag wieder auf Tour gehen«, erklärte er. »Und am Sonntag lag ich im Bett und kurierte meinen Schädel aus. Ich bin vor zwei Stunden zurück nach New York gekommen. Ich fuhr sofort in die Gegend, wo ich diese Burschen kennengelernt hatte, weil ich mich nach ihnen umsehen wollte. Da sah ich, dass die Leute gruppenweise an den Häusern und Straßenecken herumstanden. Ich stieg aus und fragte, was los wäre.«
»Und was sagte man Ihnen?«
»Gestern Abend wäre auf dem Spielplatz ganz in der Nähe ein G-man erschossen worden. Das ist natürlich ein übertriebenes Gerücht…«
Ich schüttelte den Kopf.
»Oh, nein, Mister Baldwyne. Das ist leider Tatsache.«
Er riss den Mund auf und schluckte. Dann brachte er krächzend hervor: »Aber so etwas gibt es doch gar nicht! Welcher Gangster ist denn so verrückt, einen G-man umzulegen? Da kann er doch gleich Selbstmord begehen.«
»Völlig Ihrer Meinung«, sagte ich ernst. »Wer einen von uns ermordet, der täte wirklich besser, lieber Selbstmord zu begehen, denn wir werden ihn ja doch stellen. Und der elektrische Stuhl ist ihm dann sicher. Aber einer in dieser Gegend war so verrückt. Erzählen Sie weiter. Was sagten die Leute denn noch?«
»Sie wollten eine Abordnung zum FBI schicken. Der Mörder dieses G-man soll nämlich ein Mitglied einer Bande von Halbwüchsigen sein, die seit Langem das Viertel terrorisiert. Gegen diese Halbwüchsigen wollen eine Menge Leute aus der Gegend Anzeigen erstatten. Man hat da Frauen überfallen und einsame Spaziergänger und so weiter. Die wollen jetzt alle anrücken und ihre Anzeigen loslassen.«
Ich rieb mir die Hände.
»Das ist schön«, sagte ich. »Das verlängert den Zwangsaufenthalt dieser beiden ehrenwerten Herren vermutlich auf einige Jahre. Und die beiden gehören zu der Sorte, der ich so etwas gönne. Okay, Mister Baldwyne, hinterlassen Sie uns bitte Ihre Adresse. Wir werden Sie noch einmal vorladen, damit Ihre Aussage zu Protokoll genommen werden kann.«
»Könnte man das nicht gleich machen?«, fragte er.
»Sicher«, sagte ich ernst. »Aber wir jagen im Augenblick einen Mörder, Mister Baldwyne. Da wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie uns unsere ganze Zeit dafür ließen.«
Er stand auf und deutete eine kleine Verbeugung an.
»Entschuldigen Sie«, sagte er. »Ich hätte daran denken können. Ich wünsche Ihnen, dass Sie den Mörder Ihres Kollegen fangen. Hier ist meine Adresse. Ich stehe Ihnen zur Verfügung.«
Er legte seine Visitenkarte auf den Schreibtisch. Er hatte die Türklinke noch nicht in der Hand, als es wieder an der Tür klopfte. Auf meine Aufforderung hin drängten sechs Frauen und drei Männer herein.
»Da ist die Abordnung schon«, sagte Mister Baldwyne. »Auf Wiedersehen, meine Herren.«
***
In den nächsten zehn Minuten mussten wir uns mit der Abordnung der Bürgerschaft des betroffenen Viertels beschäftigen. Dann übergab ich sie einem halben Dutzend unserer Vernehmungsbeamten, damit diese sofort die Anzeigen gegen die Bande aufnahmen und möglichst viele Einzelheiten erfragten. Danach konnten wir uns endlich den beiden Fields zuwenden. Aber inzwischen war in mir ein Plan aufgekommen, den ich sofort verwirklichte. Ich ließ nämlich den alten Field von einem Kollegen aus dem Zellentrakt abholen und in eine Zelle sperren.
Er tobte wie ein Wahnsinniger, aber es half ihm nichts. Als die Tür unseres Office hinter ihm geschlossen war, fing der junge Field an zu weinen.
Phil sah mich an. Er hatte die Mundwinkel herabgezogen und machte eine verächtliche Handbewegung zu dem Jungen hin.
Ich wusste, was er dachte. Wie stark fühlen sich diese irregeleiteten Burschen, wenn sie mit zehn oder zwanzig Mann gleichzeitig auftreten können. Und wie jämmerlich feige sind sie, sobald man einem von ihnen einzeln gegenüber steht.
»So, Rocky«, sagte ich. »Jetzt wollen wir uns einmal miteinander beschäftigen.«
Er beugte sich vor, verzog das Gesicht und greinte: »Ich habe nichts getan! Gar nichts! Gar nichts!«
Seine Stimme überschlug sich fast.
»Der andere Kleinkram interessiert mich gar nicht«, sagte ich. »Ich bearbeite nur den Mordfall meines Kollegen. Gibst du zu, dass du gestern Abend Ben Charleston erschossen hast?«
Sein Unterkiefer hing herab, aber es kam kein Ton über seine Lippen. Unstet flackerte sein Blick zwischen Phil und mir hin und her.
»Also los!«, fauchte Phil. »Leg ein Geständnis ab, damit wir die Sache endlich zu den Akten
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