0143 - Brücke ins Jenseits
knurrte Phil. »Wenn ich heute Abend nach Hause gehe, möchte ich reinen Tisch haben.«
Es widerstrebte ihm genau wie mir, eine angefangene Sache liegen zu lassen, wenn man sie beenden kann. Also hielt ich am nächsten Drugstore, und wir tranken beide je zwei Tassen extra starken Kaffee. Danach fühlten wir uns ein wenig besser.
Phil schaltete die Polizeisirene ein, und wir jagten zum Ort des Überfalls. Schon von Weitem sahen wir die vielen Polizeifahrzeuge herumstehen. Ambulanzwagen kamen und fuhren wieder ab. Eine dichte Menschenmenge staute sich vor einer Einfahrt, in die sie nicht hineingelassen wurde.
Wir stiegen aus, als die Menschenmenge den Verkehr so verstopfte, dass an ein Weiterkommen nicht mehr zu denken war. Zu Fuß bahnten wir unseren Weg.
»FBI! Bitte, lassen Sie uns durch! Bitte, lassen Sie uns durch!«
Wir mussten unsere Ellenbogen kräftig zu Hilfe nehmen, um unserer Bitte den nötigen Nachdruck zu verleihen. Aber wir schafften es bis zu der Postenkette von Cops, die die Einfahrt abriegelte.
»Cotton, FBI«, sagte ich und hielt einem der Hünen meinen Dienstausweis hin.
»Bitte, Agent!«, erwiderte er und trat zur Seite.
Wir schlüpften durch die Lücke und eilten die Einfahrt entlang nach hinten. Wir gelangten in einen Hof, der auf drei Seiten von doppelt mannshohen Mauern umgeben war. Auf der rechten Seite dagegen erstreckte sich eine flache Bude, die mit Wellblech gedeckt war.
Auf dem Hof lagen acht oder neun Männer. Ihre Körper hatten sich zu unnatürlichen Stellungen zusammengekrümmt. Fotografen der Mordkommission rannten umher.
Ganz links an der Mauer stand eine Gruppe von Detectives der Stadtpolizei. Einige Gesichter darunter kannten wir.
Wir gingen hin. Die Detectives waren in ein Gespräch mit einem Mann verwickelt, der quer über der Wange ein breites frisches Pflaster trug. Sein Gesicht war aschgrau.
Wir stellten uns dazu und lauschten schweigend der Unterhaltung.
»Nein, es ist wahr«, versicherte der Mann gerade. »Sie trugen alle Uniform! Alle! Genau wie der da!« Er deutete auf einen Polizeibeamten, der sechs Schritte weiter weg auf einer Bahre lag. Ein paar Detectives beschäftigten sich mit ihm.
Ich tippte einem der Kollegen von der Stadtpolizei auf die Schulter. Als er sich umdrehte, erkannte er mich sofort.
»Cotton! Was machen Sie denn hier?«
Ich zuckte die Achseln. »Wollte mich nur mal umhören, was hier los war.«
»Hier hauste der Celling Gang.«
»Das hörte ich schon.«
»Sie waren mit vierzehn Mann hier.«
»Woher wissen Sie das?«
»Der Mann da gehört zu der Bande.«
»Aha. Und? Was gab es hier?«
»Der Bursche behauptet, sie wären von Polizisten überfallen worden. Männern in der Uniform von Stadtpolizisten.«
»Sieh an«, sagte ich ernst. »Die Sitten und Gebräuche von Al Capone werden wieder praktiziert. Erzählen Sie das doch mal ein bisschen ausführlicher«, bat ich den Gangster, der sich über die Stelle rieb, wo er das frische Pflaster trug.
»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Das war ungefähr vor einer Stunde. Ich saß mit den anderen in der Bude. Wir spielten Karten. Dann gingen mir die Zigaretten aus.«
»Okay, Mann, weiter!«
Er verschnaufte einen Augenblick. Das Grauen stand noch in seinem Gesicht.
»Ich beschloss also, mir Zigaretten zu holen.«
»Mitten im Spiel?«, zweifelte ich, da ich die Natur solcher Burschen kenne.
»Ich war sowieso gerade am Verlieren«, gestand er.
»Aha, das erklärt freilich alles. Also Sie gingen, um sich Zigaretten zu holen! Durch die Einfahrt hinaus auf die Straße?«
»Na ja«, sagte er widerwillig, »ich habe bei Berly erst ein Gläschen getrunken, wo ich doch schon draußen war. Aber als ich wieder zurückkam, hörte ich, dass hier auf dem Hof geschossen wurde. Holla, dachte ich, da sind die Boys doch nicht plötzlich in etwas hineingeraten? Ich lief in die Einfahrt rein. Gerade als ich auf den Hof bog, sah ich eine Menge Cops, die aus allen Rohren um sich schossen. Mit den Jungs sah es schlecht aus. Die meisten lagen bereits stumm oder brüllend auf dem Hof herum.«
Er steckte sich eine Zigarette an, bevor er weiterberichtete.
»Es ging alles verdammt schnell. Bevor ich kapierte, was eigentlich los war, zogen sich die Cops auf ihren Lastwagen zurück, mit dem sie gekommen waren. In halsbrecherischem Tempo jagten sie zur Einfahrt hinaus. Dabei muss mich noch einer von ihnen gesehen haben, denn er schoss auf mich. Aber zum Glück bekam ich nur einen Streifschuss. Kaum waren diese
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