0143 - Die Schöne aus dem Totenreich
je länger er ihn ansah, um so bekannter kam er ihm vor.
Ja, er kannte den Mann. Sogar sein Name fiel Myxin wieder ein.
Haro, Bote der Götter.
Damals wurde er so genannt, weil die Götter ihn mit starken Kräften ausgestattet hatten, damit er deren Botschaften verkündete.
Die Götter waren Weise, Magier, Gestalten des Lichts, und sie hatten sich im ewigen Kampf mit den Mächten der Finsternis befunden, zu denen Myxin damals auch gehörte.
Wenn Haro erwachte und Myxin erkannte, würde er ihn töten.
Aber wie kam er in dieses Felsengrab?
Myxin wußte es nicht, aber er hoffte, ihn als Streiter zu gewinnen.
Und noch jemand gehörte dazu.
Kara, das Mädchen aus dem Totenreich, die Schöne aus der Finsternis, wie sie auch genannt wurde. Sie und Haro waren oft zusammen, denn Kara, die Tochter eines Propheten, hatte den Dämonen getrotzt. Sie war nach ihrem Tod zurückgekommen, um die Kräfte des Guten zu sammeln. Existierte sie vielleicht auch noch?
Wenn – und Myxin glaubte plötzlich daran – dann bekam er wirklich eine ausgezeichnete Unterstützung.
In dem Gesicht des Atlanter rührte sich kein Muskel. Unbewegt, starr und steif lag der Mann vor ihm, versunken in einem langen, nie enden wollenden Schlaf.
Myxin dachte daran, daß auch er aus einem 10.000-jährigen Schlaf erweckt worden war, mit Haro sollte das gleiche geschehen.
Der kleine Magier streckte die Arme aus, so daß beide Hände über dem Gesicht des Schläfers lagen. Dann spreizte Myxin alle zehn Finger. In diesem Augenblick geschah es. In seinem Rücken vernahm er das Geräusch.
Jemand war da!
Die Gefahr! Er hatte sie vergessen. Nun rächte es sich.
Myxin kreiselte auf der Stelle herum.
Die beiden standen im Eingang. Makabre Gestalten mit feuerroten Haaren, schwarzer Lederkleidung und Flügeln.
Asmodina hatte ihre Todesengel geschickt!
***
Also doch!
Er hatte es gewußt. Asmodina war raffinierter und stärker gewesen als Myxin. Sie hatte ihn unter Beobachtung gehalten. Und jetzt, als er dicht vor dem Ziel stand, schlug sie zu.
Durch ihre Todesengel.
Diese grausamen Geschöpfe, die bereits Myxins Schwarze Vampire getötet hatten.
Jetzt wollten sie ihn vernichten.
Myxin schaute sie an. Er sah in die kalten Gesichter, die von den feuerroten Haaren wie Lohen umweht wurden, er sah die Lederkleidung, die ihre Busen bedeckte, darunter jedoch einen Streifen heller Haut freiließen, und sein Blick glitt über die engen Hosen, die mit dem Körper verwachsen zu sein schienen.
Die Todesengel strahlten eine Grausamkeit aus, die Myxin erschreckte. Der kleine Magier besaß noch die Sensibilität, um die Strömungen genau auffangen zu können und zu spüren.
Die Geschöpfe waren Feinde!
Und sie kamen näher.
Ihre Flügel hatten sie zusammengefaltet, sie brauchten sie nicht mehr. Dafür griffen ihre Hände in die Gürtel, wo ihre Waffen steckten.
Kurze Schwerter, mehr langen Messern ähnelnd. Dazu Fesseln, die sie jetzt hervorholten.
Glänzende Stricke. Bläulich schimmernd wie Stahl und äußerst biegsam.
Myxin suchte verzweifelt nach einem Ausweg. Es gab keinen.
Der Weg zum Ausgang war versperrt. Nie konnte er mit seinen schwachen Kräften gegen die beiden Todesengel gewinnen. Und sein eventueller Helfer, der Held Haro, lag in tiefem Schlaf.
Myxin mußte sich allein verteidigen.
»Komm her!« forderten die Todesengel.
»Was wollt ihr?« fragte der kleine Magier.
»Dich!«
»Und warum?«
»Wir haben dich beobachtet. Asmodina hat uns den Auftrag gegeben. Sie hat dich bestraft, sie hätte dich auch töten können, doch sie war gnädig und tat es nicht. Sie nahm dir nur deine Kräfte, aber du hast versucht, sie zu hintergehen, in dem du dich mit Sinclair verbündet hast. Das verlangt nach Strafe. Du wirst sterben!«
»Wer will mich töten?« fragte Myxin.
»Wir!«
Da sank Myxin in die Knie. Es sollte wie eine Geste der Demut aussehen, doch das war es nicht. Urplötzlich schnellte er wieder hoch, spreizte seine Hände und schleuderte den beiden Todesengeln einen magischen Bannspruch entgegen.
Er prallte ab.
Myxin hatte Worte aus dem alten Atlantis benutzt, doch sie wirkten auf die beiden Todesengel nicht. Die lächelten nur und griffen sofort hart zu.
Ihre Hände umklammerten Myxins Gelenke, zwangen durch den harten Griff den kleinen Magier in die Knie.
Eine hob den Fuß und stellte ihn in Myxins Nacken, so daß sein Kopf gebeugt wurde.
Mit der Stirn berührte Myxin den Boden.
Und wieder einmal wurde ihm bewußt, wie schwach er
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