0144 - Alptraum in der Geisterbahn
befand sich etwa in der Mitte der Rückwand, bestand ebenfalls aus Holz und war durch einen querliegenden Balken von außen gesichert. Das Mädchen hob den Balken ab und warf ihn zu Boden. Jetzt sah sie auch das Türschloß, das der Balken verdeckt hatte. Es schimmerte bläulich, war ein simples Vorhängeschloß und nötigte Coleen nur ein müdes Lächeln ab.
In der Clique hatten sie sich früher einen Spaß daraus gemacht, solche Schlösser mit Haarnadeln zu öffnen. Und Coleen trug eine Spange im Haar, die auch eine Nadel besaß, damit das kleine Schmuckstück festgehalten wurde.
Coleen Kilman opferte die Spange und bog die Nadel so zurecht, daß sie ihr primitives Werkzeug ohne Schwierigkeiten in das Schloß einführen konnte.
Dann werkelte sie ein paarmal, drehte die Nadel nach links, anschließend nach rechts, schob sie vor, ein wenig zurück, probierte es noch einmal und lächelte triumphierend, als der Widerstand des Schlosses gebrochen wurde.
Jetzt hatte sie freie Bahn.
Coleen steckte die Spange in die Tasche ihrer Hose, griff mit einer Hand an den Türrand und zog auf. Erbärmlich quietschte die Tür in den Angeln, aber sie gab den Weg ins Innere der Geisterbahn frei.
Coleen hatte die erste Etappe erreicht. Sie schlüpfte durch den Spalt und drückte die Tür vorsichtig wieder zu.
Es wurde dunkel.
Pechschwarz, und im ersten Augenblick erschrak sie, denn es war auch nicht still. Überall knisterte und knackte es, die Geräusche drangen aus allen Ecken und Winkeln an ihre Ohren. Zudem schloß die Rückwand nicht ganz dicht, der Wind pfiff durch die Ritzen und streifte auch ihr Gesicht.
Coleen Kilman stellte fest, daß es doch nicht so finster war, wie sie angenommen hatte.
Irgendwo sickerte graues Licht durch Spalten und Ritzen und wurde von der Dunkelheit weiter vorn aufgesaugt.
Coleen konnte sich aussuchen, wohin sie sich wenden wollte. Sie ging nach rechts.
Dabei streckte sie die Hände aus, um nicht irgendwo dagegen zu laufen. Außerdem setzte sie eine Fußspitze tastend erst vor, bevor sie einen Schritt machte.
Langsam kam sie voran.
Schließlich wurde sie wagemutiger und wandte sich mehr der Mitte des Baus zu.
Von draußen war der Lärm noch schwach zu vernehmen. Er erinnerte jedoch an ein ewiges Raunen und Summen, das nie zur Ruhe kam, solange der Weihnachtsmarkt nebst Rummelplatz noch bestand.
Eine Wand hielt sie auf.
Sperrholz. Ein kleiner Splitter, der ihr in die Kuppe des linken Ringfingers fuhr. Coleens Zunge strich über die winzige Wunde.
Dann bewegte sich die junge Frau an der Sperrholzwand vorbei und erschrak.
Vor ihr schwebten zwei glühende Augen.
Drohend standen sie in der Luft; etwa in Kopfhöhe schauten sie das Mädchen an.
Aber sie bewegten sich nicht.
Zitternd blieb Coleen stehen, ein Teil des Mutes hatte sie verlassen. Was sollte sie tun?
Als sich die Augen nicht bewegten, da fiel es Coleen ein. Sie befand sich schließlich in einer Geisterbahn. Daß dort Monster oder andere Tiere herumstanden, war nur natürlich. Sie erinnerte sich auch an ihr kleines Feuerzeug.
Das holte sie hervor und knipste es an.
Die Flamme zuckte ein paarmal, verlöschte jedoch nicht. Coleen sah sich tatsächlich einem Monster gegenüber.
Vor ihr stand ein Werwolf mit zottigem Fell. Der hatte die glühenden Augen.
Coleen Kilman lächelte vor Erleichterung. Sie schirmte die Flamme mit der freien Hand ab und schaute zu Boden, wo vor ihr einige Kabel herliefen.
Über die wäre sie fast gestolpert.
Das Mädchen bewegte sich weiter. Sie umging den Werwolf und sah zu, daß sie in die Nähe der Schienen gelangte. Wenn sie denen folgte, traf sie vielleicht auf Barry, ihren Freund.
Allerdings mußte Coleen feststellen, daß sie sich in einer Art Requisiten- oder Gerümpelkammer befand, denn die Wesen, die hier herumlagen oder aufgestellt waren, hatten bereits Staub angesetzt. Ausrangierte Spielereien, die dem heutigen Stand der Technik nicht mehr entsprachen.
Schienen fand sie auf jeden Fall nicht.
Aber Coleen entdeckte eine schmale Gasse, die tiefer in den eigentlichen Bereich des Gebäudes führte. Die Gasse endete vor den Rückwänden der Aufbauten, in die man eine schmale Tür eingelassen hatte. Ein Schloß besaß sie nicht, auch keine Klinke oder Knauf. Coleen konnte die Tür aufdrücken.
Sie tat es und ließ das Feuerzeug ausgeschaltet. Der untere Rand schleifte über den Boden. Staub wurde hochgewirbelt, der in Coleens Nase kitzelte. Das Mädchen hatte große Mühe, einen Niesreiz
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