0146 - Die große Beute
einen hohen steifen Kragen. Sein gewöhnlicher Anzug war eine Art Cutaway, wie ihn andere Leute nur zur Beerdigung tragen.
Während seine beide Gehilfen sich hinter der Theke postierten, ging Hoverback in sein Büro zurück, entnahm einem Schubfach ein Etui, in dem sich zwei oder drei Rohdiamanten befanden, klemmte sich eine Lupe ins Auge und studierte die Steine.
Zehn Minuten nach elf Uhr ertönte die Klingel der Ladentür. Hoverback legte die Lupe fort, schloss die Edelsteine ein und erhob sich, um nach dem Kunden zu sehen. Als er die Tür des Büros öffnete, wurde ihm die Mündung einer Pistole in die Magengrube gedrückt. Er blickte in das Gesicht eines Mannes, der eine dunkle Brille trug und den Hut tief in die Stirn gezogen hatte.
»Keine Bewegung, Alter!«, knurrte der Mann.
Der Mann schob Harry Hoverback vorsichtig in den Raum hinein.
Bei allem altmodischen Aussehen, war das Hoverback-Geschäft genauso gut gesichert wie die anderen Läden der Fifth Avenue, allerdings hingen die Alarm- und Sicherheitseinrichtungen alle an einem zentralen Stromkreis. Die Schaltung aber für diesen Stromkreis war so raffiniert getarnt, dass niemand den Sicherungskasten finden konnte - niemand, der nicht genau Bescheid wusste.
Harry Hoverback fürchtete nicht eine Sekunde lang um seine Schätze. Er war ganz sicher, dass ein Höllenzauber losgehen würde, sobald der Gangster irgendeinen der Schaukästen antastete. Er dachte nur daran, dass er sich in Sicherheit bringen musste, sobald der Gangster anfangen würde, um sich zu schießen.
Der Mann mit der Sonnenbrille und der Pistole ging auf den Schreibtisch des Juwelenhändlers zu. Er zog die linke Schublade auf, griff tief hinein.
Hoverback sah mit Entsetzen, dass der Mann genau wusste, wo sich der Knopf für die Tarnung der Hauptsicherung befand.
Der Gangster wechselte, nachdem er den Knopf gedrückt hatte, zur gegenüberliegenden Wand hinüber. Dort hing ein Bild des ersten Harry Hoverback, des Geschäftgründers. Ruhig fasste der Mann den Rahmen und klappte das Bild wie eine Wandtür zurück. Der Knopfdruck hatte den Verschluss gelöst. Hinter dem Bild in einer Wandvertiefung lag die Schalttafel. Mit wenigen raschen Griffen schraubte der Gangster die Sicherungen heraus.
Als er sich Hoverback zudrehte, sah dieser, dass der Mann grinste. Er machte eine eindeutige Bewegung mit dem Pistolenlauf.
»Vorwärts in den Laden.«
Hoverback stolperte über die Schwelle in den Ladenraum. Seine Angestellten standen hinter der Theke und hielten die Arme über den Köpfen hoch.
Außer ihnen befanden sich vier Männer im Raum, alle in Trenchcoats, alle in irgendeiner Form getarnt. Die meisten hatten die Halstücher bis zu den Augen hochgezogen, einer trug eine Brille und einen offensichtlich angeklebten Schnurrbart.
»Alles in Ordnung, Jungs«, sagte der Gangster mit der Sonnenbrille.
»Packt ein!«
Sie machten kurzen Prozess, huschten hinter die Theke, stießen die beiden alten Männer zur Seite, rissen die Schubläden der Schaukästen auf und stopften sich die Taschen mit Ringen, Ketten und Armbändern voll.
Hoverback erwachte aus der Betäubung. Er sah, dass seine Schätze in den Taschen der Gangster verschwanden, dass die Alarmeinrichtung nicht funktionierte, und er begriff, dass er in wenigen Minuten ein armer Mann sein würde.
Er trug eine 7,65er Pistole bei sich. Die Aufmerksamkeit des Mannes mit der Sonnenbrille war von ihm abgelenkt, aber dessen war er sich nicht einmal bewusst. Er handelte ganz instinktiv, riss die Waffe aus der Jackentasche und feuerte.
Hoverback war kein guter Schütze. Seine erste Kugel ging daneben, obwohl der Mann nur wenige Schritte von ihm entfernt stand.
Der Gangster fuhr herum, als der Juwelier zum zweiten Mal abdrückte. Auch diese Kugel verfehlte den Mann, aber sie traf einen der anderen Gangster, der aufschrie und sich an die Schulter fasste.
Dann bellte die Waffe des Anführers auf. Der Einschlag der Kugeln warf Hoverback zurück. Er drehte sich um die eigene Achse und brach zusammen.
»Raus!«, schrie der Mann mit der Sonnenbrille.
Die Gangster drängten zur Tür. Für einen Augenblick hinderten sie sich gegenseitig. Das war die Sekunde, die einer der beiden alten Ladengehilfen benutzte, um eine Pistole aus einem Fach des Ladentisches zu nehmen. Sicherlich war er kein besserer Schütze als sein Chef, aber er hatte mehr Glück. Seine Kugel traf den Gangster, der schon Hoverbacks Kugel in die Schulter bekommen hatte, von hinten in
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