0147 - Amoklauf der Maschinen
stellte Ras Tschubai Funkverbindung mit dem Flaggschiff her.
Der Afrikaner lächelte zufrieden, als Jefe Claudrins Stimme in der kleinen Zentrale des Beibootes ertönte. Tschubais schwarze Hautfarbe bildete einen auffälligen Kontrast zu dem Lindgrün seiner einfachen Uniform.
„Wir haben euch auf der Raumortung", dröhnte Claudrin. „Das Fragmentschiff hält seinen bisherigen Kurs bei. Es scheint also alles in Ordnung zu sein."
„Danke, Kommodore", entgegnete der Teleporter. „Geben Sie uns Bescheid, sobald etwas geschieht, das uns zum Abbruch des Unternehmens zwingt."
Doch die nächsten Minuten verstrichen ohne Zwischenfall. Es sah ganz so aus, als sollten sie unbehelligt an Bord des Würfelschiffes gelangen. Van Moders und Dr. Riesenhaft waren in heftige Diskussionen verwickelt, in deren Verlauf jeder die Kompetenz des anderen in Fragen der Kybernetik bezweifelte.
Besonders Riesenhaft sparte nicht mit bissigen Bemerkungen über die bisherige Arbeit seines jungen Kollegen.
„Das wichtigste bei der Robotik ist immer noch die Erfahrung", erklärte er. „Der Zufall oder das Glück haben Sie zwar an die Spitze aller Kybernetiker gespült, aber wir, die Männer mit Erfahrung, haben die Grundlagenforschung nicht aus den Augen gelassen. Deshalb bin ich in der Lage, den gesamten Posbikomplex von einem völlig anderen Gesichtspunkt zu betrachten."
„Das kann man wohl behaupten", knurrte Van Moders aufgebracht. „Die Gesichtspunkte Ihres Kollegenkreises sind mir leider nur zu bekannt. Keiner von Ihnen bringt es fertig, von den konservativen Ansichten loszukommen. Betrachten wir den Einbau der Haßschaltung innerhalb der Hyperinpotronik. Es ist doch einleuchtend, daß die Verzahnung ungeheuer kompliziert und gründlich durchgeführt werden mußte, um überhaupt zu funktionieren. Eine gewisse Abhängigkeit beider ..."
Riesenhaft ruderte wie wild mit seinen Armen. „Ich weiß schon, worauf Sie hinauswollen", unterbrach er mit schriller Stimme, während er mit seiner Armprothese nachdrücklich auf die Kontrollen schlug. „Hätten Sie sich besser mit den grundlegenden Erkenntnissen der Kybernetik befaßt, dann wäre es Ihnen kein Geheimnis, daß ein positronisches Gehirn unteilbar ist, es kann, wenn es funktionieren soll, nicht jene schizophrene Aufspaltung ertragen, die Sie uns immer für selbstverständlich entgegenhalten."
Von diesem Moment an bewegte sich die Diskussion der beiden Männer in Regionen, in die die übrigen Teilnehmer des Kommandos nicht folgen konnten. Während Dr. Riesenhaft grundlegende Formeln und Erkenntnisse aus den entlegenen Winkeln seines Gehirns hervorholte, wartete Van Moders mit immer neuen Theorien auf. Marshall hatte mehrfach das Gefühl, daß selbst die beiden Gesprächspartner sich nicht mehr verstanden, wenngleich die zunehmende Erregung Riesenhafts darauf hindeutete, daß Van Moders an den Grundfesten herkömmlicher Kybernetik zu rütteln begann. Erst der letzte Teil der Unterhaltung, den Dr. Riesenhaft mit dem Aufschrei: „Das ist ja Blasphemie!" einleitete, wurde wieder allgemeinverständlich.
„Nennen Sie es Blasphemie", rief Van Moders. „Trotzdem behaupte ich, daß jeder biologische Vorgang von dem gleichen, biopositronisch durchgeführt, übertroffen werden kann, weil der positronische Teil einer Anlage Fehler ausschließt, die bei einem rein biologischen Vorgang immer möglich sind."
Dr. Riesenhaft zerrte an seinem Spitzbart. „Wollen Sie behaupten, daß eine rein positronische Anlage keine Fehlerquellen aufweist?"
„Selbstverständlich", erklärte Van Moders, „kommt es bei einer Positronik zu Fehlern, die jedoch nicht willkürlich sind, sondern die auf Grund der Kenntnisse aller programmierten Daten errechnet werden können."
„Zur Kontrolle einer derartigen Anzahl von Daten würden Sie eine andere Positronik benötigen, die wiederum kontrolliert werden müßte, Van Moders." Riesenhaft wurde etwas ruhiger. „Merken Sie denn nicht, wohin das führen würde? Zur Kontrolle der Kontrolle wäre eine weitere Kontrolle notwendig, und immer so weiter, da wir nie wissen, ob unsere gebrauchte Kontrolle fehlerfrei arbeitet."
„Ihre Überlegung ist zwar richtig, geht aber von falschen Voraussetzungen aus", meinte Van Moders gelassen. „Zur Kontrolle der ersten Anlage müssen gleichzeitig drei weitere arbeiten. Kommen diese alle zum gleichen Ergebnis, ist ein Fehler ausgeschlossen. Sie wissen, wie gering die Wahrscheinlichkeit ist, daß an vier verschiedenen
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