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0148 - Die Stadt der Ungeheuer

0148 - Die Stadt der Ungeheuer

Titel: 0148 - Die Stadt der Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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niemand erkennen, daß sie magisch behandelt worden war. Nicole überlegte kurz, dann begann sie zu zeichnen. Strich um Strich vervollständigte sie das ursprüngliche Muster, zog die ausgelöschten Linien wieder nach.
    Die Kreide kribbelte zwischen ihren Fingern, als sei sie schwach elektrisch geladen. Ein untrügliches Zeichen dafür, daß sich finstere, böse Magie gegen die Zeichnung stemmte.
    Doch dann hatte sie den letzten Strich getan. Es war geschafft.
    Das alte, dämonenbannende weißmagische Zeichen existierte wieder. Nicole kam sich vor wie ein Zauberer, dem eine einmalige, großartige Beschwörung geglückt ist.
    Die magische Abschirmung, die aus Château Montagne eine Bastion gegen die Apathie-Seuche machte, mußte jetzt wieder existieren!
    Damit gab es im Schloß keine Verdummung mehr.
    Eine neue Idee entstand in ihr.
    Bill Fleming! Er konnte einen Helikopter chartern und direkt im Schloßhof landen! Eine Gefahr für unterwegs bestand nicht, weil die Strahlung nicht höher als hundert Meter reichte, und in dieser Höhe konnte er das Schloß im Loire-Tal von Paris aus anfliegen. Über die Landephase machte Nicole sich keine Gedanken.
    Sie eilte wieder ins Gebäude zurück. Sie mußte versuchen, Bill von der neuen Situation in Kenntnis zu setzen. Doch unter der Telefonnummer in Deutschland meldete sich niemand mehr.
    Nicole sah im Register nach. Die Rufnummern von zahlreichen Flughäfen im In- und Ausland waren darin verzeichnet.
    Was hatte Bill gesagt? Düsseldorf?
    Sie rief in Düsseldorf an.
    »Lassen Sie Mister Bill Fleming über Lautsprecher ausrufen; er dürfte in einer oder zwei Stunden zum Flug Düsseldorf— Paris eintreffen. Teilen Sie ihm bitte mit…«
    Die Bestätigung kam.
    Nicole atmete auf. Bill würde direkt zum Schloß kommen. Das bedeutete einen nicht zu unterschätzenden Vorteil. Denn hier standen bedeutend mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Nicht zu vergessen das geradezu gigantische Archiv Zamorras…
    Nicole atmete erleichtert auf.
    Sie ahnte nicht, daß sie etwas Entscheidendes übersehen hatte.
    Etwas, das für Bill Fleming und seine Freundin Manuela zum Verhängnis werden sollte…
    ***
    Die violette Sonne stand schon merklich tiefer als zu Beginn seiner Flucht. Zamorra verharrte vor der riesigen Stadtmauer. Absichtlich war er nicht in Richtung Tor marschiert. So konnte er darauf verzichten, sich unsichtbar zu halten, weil es hier mit ziemlicher Sicherheit kaum einen Wachtposten geben würde, der sich um einsam heranziehende Wanderer kümmern würde.
    Der Durst brannte ihm auf der Zunge. Zamorra legte den Kopf in den Nacken und starrte an der gelblichen Mauer empor. Das fahle Gelb verursachte ihm Unbehagen. Er versuchte, diesen Eindruck zu verdrängen, aber ganz wollte es ihm nicht gelingen. Auch die Erinnerung, die Stadt während des Anfluges in sanftem, weichen Goldton aufschimmern gesehen zu haben, half ihm dabei nicht.
    Es war unmöglich, an der glatten Wand hinaufzukommen. Es gab keine Risse und Vorsprünge, an denen er sich als Fassadenkletterer betätigen konnte.
    Aber er mußte irgendwie in die Stadt kommen. Drinnen gab es Wasser, um seinen Durst zu stillen. Das Problem war eben nur, dorthin zu kommen. Er traute es sich nicht zu, das Stadttor unbemerkt zu benutzen.
    Abwesend lauschte er der ungewissen Aura des Bösen, die diese gesamte Dimension verstrahlte. Sie wurde ihm vom Amulett vermittelt.
    Das Amulett!
    Es konnte ihm helfen.
    Abermals sah der Professor an der Mauer empor. Es mochte reichen. Er murmelte eine Formel der Weißen Magie und konzentrierte sich darauf, die freiwerdenden Kräfte durch das Amulett zu verstärken und zu lenken.
    Während die Magie aktiv wurde, spürte er die Anstrengung. Alles forderte seinen Preis, bei der Weißen ebenso wie bei der Schwarzen Magie. Nur machten es sich die Adepten der Finsternis einfacher; sie nahmen in der Regel Blutopfer irgendwelcher Art vor, um ihre Kräfte wieder zu regenerieren.
    Zamorra mußte es auf eine andere Weise tun.
    Er begann plötzlich zu schweben.
    Unter seinen Füßen war kein Boden mehr. Zentimeter um Zentimeter stieg er an der glatten Wand empor. Magie ließ ihn hinaufschweben.
    Der erste Meter!
    Und es ging höher!
    Zwei Meter - drei Meter!
    Fünfzehn Meter hoch war die Mauer, zu hoch, um von irgendwelchen Angreifern überwunden zu werden, und bot damit gleichzeitig einen ersten Eindruck von der Größe dieser Stadt. Hunderttausende mußten darin wohnen, vielleicht eine Million.
    Eine Million

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