0149 - Wir jagten die Ratten
gab er erstaunt zur Antwort. »Es muß in ihrer Schreibtischschublade liegen, es gehört ihr privat.«
Er machte dann große Augen, als Phil sein Besteck herauszog und die Schublade aufsperrte.
Das Minifon lag tatsächlich in der Lade. Ich nahm es heraus und fand eine Verbindungsschnur, mit derei Hilfe ich es an den Radiolautsprecher anschließen konnte.
Der Tondraht war fast abgespult.
Ich schaltete das winzige Gerät ein und spulte den ' Draht zurück. Dann schaltete ich auf Wiedergabe und ließ es ablaufen. Sofort hörte ich Miß Crests klare Stimme:
»Parker hat angerufen, will seinen Auftrag 3162 stornieren! — Nicht vergessen, zu Mrs. Drobbs Geburtstag weiße Nelken zu besorgen! — Bei Ingenieur Tomasi wäre eine Gehaltserhöhung fällig.«
So ging das eine ganze Weile weiter.
Kein Zweifel, die eminent tüchtige Sekretärin benützte das Gerät als tönendes Notizbuch.
Zehn Minuten später hörten wir etwas sehr Interessantes:
»Ich habe dir gegenüber immer noch ein Gefühl der Schuld«, sagte Abner Drobbs Stimme.
»Unsinn!« Wilma Crest lachte etwas gekünstelt auf. »Deine Frau ist so wundervoll, Ab, daß ich dir um ihretwillen schon vor Jahren vergeben habe!«
»Ich habe mich aber gegen dich wie ein Lump benommen, Wilma. Und ich kann mich manchmal des Eindrucks nicht erwehren, daß du dich än mir rächen willst!«
»Aber nein, Abner, du hast von mir nichts zu fürchten. Immerhin kann ich ja sofort ausscheiden, wenn dir meine tägliche Gegenwart unerträglich ist!«
»Bitte nicht, Wilma!« Drobbs Stimme hatte einen beschwörenden Klang. »Ich brauche dich doch!«
Dann war dieses, Privatgespräch zu Ende.
Mit einem Wort, Wilma hatte heimlich und unbemerkt eine Unterhaltung mit ihrem Chef auf genommen!
Es folgten noch ein paar geschäftliche Notizen. Diese brachen schlagartig ab. Fünf spannungsgeladene Minuten lang war der Tondraht leer, dann plötzlich hörte ich eine Kinderstimme, die etwas sang. Ich verstand immer wieder das eine Wort »Entchen«.
Wir hörten uns das Gebrabbel eine ganze Weile an, dann schaltete ich das Gerät ab.
Das Gesicht Pat Wills war ein einziges großes Fragezeichen.
»Wilma Crest heißt in Wirklichkeit Manuela Bloome«, sagte ich. »Sie ist der geheimnisvolle Hintermann der ›Ratten‹. Aber die Entführung Dana Drobbs hatte mit dem eigentlichen Aufgabengebiet der Bande nichts zu tun. Überlegen wir:
1. Manuela Bloome verschwand vor zehn Jahren und änderte ihren Namen, weil sie bei Coroner & Cie. den Coup mit den 10 000 Dollar aus der Kasse gemacht hatte;
2. Sie hörte auf, ihr Haar blond zu färben, und trug es wieder in der schwarzen Naturfarbe, das reichte aus, um sie unkenntlich zu machen;
3. Sie fand bei Drobb eine Stellung und wurde seine Freundin;
4. Das ging eine Reihe von Jahren gut, bis Drobb Muriel Evans kennenlernte, sich in sie verliebte und sie — unter Bruch seines Manuela gegebenen Wortes — auch heiratete;
5. Manuela Bloome schwor Rache. Sie wartete Jahre und knüpfte schließlich Verbindungen zu Hello Ashburne an. Sie war es, die Ashburne & Sedley die Geschäftsgeheimisse der Firma Drobb in die Hände spielte und damit langsam aber sicher den Ruin ihres früheren Freundes herbeiführte;
6. Aber damit nicht genug, faßte sie einen viel teuflerischen Plan. Zugute kam ihr, daß der Butler des Hauses Drobb ihre Freundin Mary Easters geheiratet hatte. Warum heimlich, wird sich noch herausstellen. Sie brachte Mary im Hause Drobb unter, zu dem großen Spiel gehörte es, daß Mary scheinbar Hal Corry nicht leiden konnte;
7. Manuela holte endlich zum großen Schlag aus. Sie entführte mit Hilfe ihrer Freunde Dana und wollte Drobb dadurch zwingen, seine väterliche Fabrik an Ashburne & Sedley zu verkaufen. Die Million wollte sie zusätzlich schlucken;
8. Unter all diesen Umständen haben wir eine reelle Chance, daß Dana Drobb noch am Leben ist.«
Phil nickte zustimmend, während Will entgeistert fragte:
»Aber wie hat Wilma die Entführung bewerkstelligt? Weder sie noch Mary oder Corry kann das Kind geraubt haben.«
»Unsinn!« widersprach Phil. »Wie die Sache gedreht wurde, hat Hal Corry bereits am Entführungstag ausgesagt. Ich nahm das natürlich nicht ernst. Dana Drobb wurde gegen 20 Uhr, als Wilma-Manuela, Corry und Mary allein . zu Hause waren, betäubt und von Corry in dem Wäschekoffer weggebracht. Was Mister Cotton immer wieder bis 21 Uhr 40 hörte, war nicht etwa Dana selbst, sondern nur die Übertragung des lange zuvor mit
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