015 - Der Schatz des Poseidon
Erie-Sees so natürlich wie möglich zu belassen.
Endlich allein , dachte er erleichtert, als sich sein Chauffeur, der sich nur für Notfälle in dem automatisch gesteuerten Gleiter befand, verabschiedet hatte. Er stieg in einen der drei Aufzüge, die den Bunker mit der oberirdischen Villa verbanden und legte die mehr als fünfzig Meter Höhenunterschied in wenigen Sekunden zurück. Als er die Kabine wieder verließ, befand er sich im Kellergeschoß seines Hauses.
»Guten Abend, Mr. Frascati«, ertönte eine sonore Stimme aus dem Nichts. »Schön, Sie wieder mal zu sehen!«
»Hi«, sagte er nur kurz, während er die wenigen Stufen hinaufstieg. Im nächsten Augenblick befand er sich in dem mehr als hundertfünfzig Quadratmeter messenden Wohnzimmer der Villa, das durch ein Panoramafenster einen unvergleichlichen Ausblick über den abendlichen See bot. Er blieb vor dem Fenster stehen und starrte gedankenverloren hinaus. Wie stets glitt sein Blick als erstes auf die Landzunge halbrechts von ihm, beinahe zweihundert Meter entfernt.
Zu dem steinernen Kreuz, das sich dort befand.
Die sonore Stimme, die ihn kurz zuvor begrüßt hatte, räusperte sich dezent. »Ähm, es liegt mir fern, Sie zu stören, aber es sind 7928 neue Mails für Sie eingetroffen!«
Frascati wandte sich um, verärgert über diese Unterbrechung seiner Gedanken. Im Gegensatz zu den meisten Menschen bevorzugte er eine respektvolle Anrede von seinem Hauscomputer. Er hasste plumpe Vertraulichkeiten, auch und gerade wenn sie von Maschinen kamen.
Unwillkürlich musterte er die Einrichtung des Wohnzimmers. Seit seinem letzten Aufenthalt in diesem Raum hatte sich nichts verändert – wie wollte es auch? Es gab genügend Leute, die während seiner Abwesenheit darauf achteten, dass alles so blieb, wie er es hinterlassen hatte und die überdies dafür sorgten, dass kaum ein Staubkörnchen Zeit hatte, sich niederzusetzen. Natürlich war jetzt niemand von ihnen anwesend – die Angestellten, Küchen- und Reinigungspersonal ebenso wie die Wachmannschaft, hatten strengste Anweisung, sich während seines Aufenthaltes in der Villa nicht sehen zu lassen. Er konnte sogar kilometerlange Spaziergänge am Seeufer oder in den angrenzenden Hügeln und Wäldchen unternehmen und dabei sicher sein, dass er keinem Menschen begegnete. Was natürlich nicht bedeutete, dass dabei nicht über ihn gewacht wurde. Das ganze, riesige Grundstück war durchzogen mit unsichtbaren, aber hocheffektiven Überwachungs- und auch Verteidigungsanlagen. Es war alles unternommen worden, um einen Aufenthalt Frascatis hier am See genauso sicher zu machen wie in seinem Büro in der Konzernzentrale.
»Hat das nicht Zeit bis Montag?«, fragte er den Hauscomputer, der während seiner Überlegungen geduldig gewartet hatte.
»Bei allem Respekt, Sir: Wenn Sie bis Montag warten, werden es mehr als zwanzigtausend Mails sein und Sie müssten sich schon mindestens verdoppeln, um damit fertig zu werden!«
Frascati seufzte. Die Arbeit holte ihn überall ein. »Ist etwas Interessantes dabei? Etwas, das mich persönlich betrifft und nicht von Anjou erledigt werden kann?« Alphonse de Anjou war Frascatis Stellvertreter bei Mechanics Inc.
Es folgte ein beinahe unmerkliches Zögern, während der Computer die eingegangenen Mails einer genauen Analyse unterzog. Dann antwortete er: »Christie’s in Seabath meldet einen sensationellen Fund aus Troja und fragt an, ob Sie sich dafür interessieren. In diesem Fall würde er, wie üblich, nicht in die öffentliche Versteigerung gelangen.«
Frascati hatte einige Schritte in den Raum hinein getan und war vor einer Vitrine mit einem Kodex stehen geblieben, der aus der Hand Leonardo da Vincis stammte. Er erinnerte sich, dass einst, vor vielen Jahrzehnten, dieser Kodex dem damals reichsten Mann der Welt gehört hatte. Das war, bevor dessen Firma, die ebenfalls zu den reichsten und mächtigsten der Welt gezählt hatte, an ihrer eigenen Arroganz beinahe zugrunde gegangen wäre. Als später dann nach und nach eine Vielzahl von Firmen zu dem verschmolz, was heute als Mechanics Inc. bekannt war, hatte man diese Firma nur noch unter ›ferner liefen‹ genannt.
Abermals seufzte der Konzernchef. »Christie’s ist auch nicht mehr das, was es früher einmal war. Das letzte mal haben sie versucht, mir eine Kanone aus den Feldzügen Julius Cäsars anzudrehen! Was ist es diesmal?
Eine Maschinenpistole aus dem Dreißigjährigen Krieg?«
»Nein; eine Laserwaffe von der Belagerung
Weitere Kostenlose Bücher