015 - Der Schatz des Poseidon
viel gefehlt und Rosario hätte salutiert. »Wird sofort erledigt!« Er drehte sich auf dem Absatz um und schickte sich an, das Büro im Eilschritt zu verlassen.
»Noch etwas!«, rief ihm Volpone nach.
»Jawohl!« Wieder eine Kehrtwendung.
Der ›Don‹ beugte sich vor und erneut nahm seine Stimme den Ton klirrenden Eises an. »Ich möchte Ihnen nicht raten, noch einmal zu vergessen, dass es ›Versicherungsprämien‹ heißt! Andernfalls …«
Rosario schluckte. »Andernfalls …?«
»Ich sage nur ein Wort: Betonschuhe!«
3.
Am Abend des siebten September 2063, beinahe auf die Minute genau drei Tage nach der Unterredung zwischen MAFIA-Chef Alfonso Volpone und Francesco Rosario, fuhr ein Konvoi von drei schwarzen Bodengleitern mit getönten Scheiben und dem Mechanics-Emblem an den Seiten auf der Straße, die von Detroit nach Süden führte. Die Verkehrskontrolle achtete darauf, dass kein weiteres Fahrzeug dem Konvoi näher als eine halbe Meile kommen konnte, um eine Gefährdung des Konzernchefs Lino Frascati, der sich im mittleren der Gleiter befand, so weit wie möglich auszuschließen. Da Freitag war und der aus der Stadt heraus führende Wochenendverkehr bereits voll eingesetzt hatte, sorgte dies für einen beträchtlichen Stau hinter Frascatis Konvoi, zumal dieser auch nicht besonders schnell fuhr.
Als linker Hand das westliche Ende des lang gestreckten Erie-Sees in Sicht kam, befahl Frascati, die Geschwindigkeit weiter zu drosseln. Versonnen betrachtete er den in der Abendsonne glitzernden See durch die Scheiben, die nur von einer Seite lichtdurchlässig waren. Der 52 Jahre alte Italo-Amerikaner der vierten Generation, der seit mehr als fünf Jahren an der Spitze eines der größten und mächtigsten Konzerne der Welt stand, versuchte, die Fahrt zu genießen. Seit mehr als zwei Monaten hatte er sich ununterbrochen in der Konzernzentrale aufgehalten. Sein unmittelbar am Seeufer, südlich der ehemals eigenständigen Stadt Monroe, gelegenes Privathaus pflegte er sowieso selten genug zu betreten und seit dem ersten erfolgreichen Test des Star Gates vor acht Wochen hatte er keine Zeit mehr gehabt, an so etwas wie Ausspannen überhaupt zu denken.
Streng genommen, überlegte Frascati, hatte er auch jetzt – oder sogar: vor allem jetzt – keine Zeit dazu. Aber abgesehen von einer längst überfälligen Ruhepause musste er auch einige wichtige Entscheidungen, die er zu treffen hatte, gründlich durchdenken und dies, das wusste er aus Erfahrung, konnte er am besten in der Ruhe und Abgeschiedenheit seiner Villa.
Die wichtigste der Entscheidungen, die anstanden, war die Frage, ob die Existenz der Star Gates öffentlich bekannt gegeben werden sollte. Natürlich nur die von Mechanics Inc. konstruierten Star Gates in Detroit und auf dem Mond – Phönix und alles, was auch nur im entferntesten damit zusammenhing, musste unter allen Umständen streng geheim bleiben. Doch es waren bereits einige Gerüchte durchgesickert und Frascati wusste, dass nichts so sehr die Spionagelust der konkurrierenden Konzerne anstachelte wie Gerüchte. Deshalb war es wahrscheinlich am besten, die Flucht nach vorne anzutreten. Außerdem war ihm von seinen eigenen Spionen hinterbracht worden, dass mindestens einer der anderen Konzerne, nämlich Flibo in Rheinstadt, ebenfalls an der Entwicklung eines Star Gates arbeitete. Auch dies war ein guter Grund, rechtzeitig mit einer Erfolgsstory an die Öffentlichkeit zu gehen.
Ja, dachte Frascati, es musste getan werden – je eher, desto besser. In jedem Fall noch in der kommenden Woche.
Der Konvoi bog von der Hauptstraße ab und passierte die erste Absperrung an der Grenze von Frascatis Privatgrundstück, das eine Fläche von mehr als fünfzig Hektar aufwies. An zwei weiteren Sperren mussten sie anhalten, bevor sich der Konvoi aufteilte: Die beiden Begleitfahrzeuge fuhren in die für sie vorgesehene Tiefgarage, während Frascatis Gleiter in einen Tunnel einfuhr, der unmittelbar unter der Villa in einem weitläufigen Bunker endete. Etwa zweihundert Männer und Frauen, in der Hauptsache Wachpersonal, hielten sich ständig auf Frascatis Anwesen auf; dennoch war oberirdisch außer einigen Zäunen und der im Stil eines alten, hölzernen Ranchgebäudes gehaltenen Villa nichts zu sehen. Die obligatorische Landebahn befand sich einige Kilometer abseits des Sees hinter einer Hügelkette. Der Konzernchef hatte beim Bau des Anwesens sehr darauf geachtet, die Landschaft unmittelbar am Ufer des
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