015 - Zombie-Wahn
einem
durchlöcherten Hemd, die Hände, die ins Innere des Wagens griffen, waren dünn,
knochig und mit einer Haut überzogen, die wie brüchiges Pergament aussah.
Doch alle diese Einzelheiten sah
Erneste viel zu spät, und er konnte sich keinen Reim darauf machen.
Seine Augen weiteten sich vor
Entsetzen, als er erkannte, daß die Gestalt – tot war und sich allen Naturgesetzen
zum Trotz doch bewegte! Erneste wich zurück. Zu spät!
Die Tür zur Fahrerseite wurde von
außen aufgerissen. Regen peitschte ins Gesicht des Mannes, der blitzschnell den
Kopf wandte.
Dann packten ihn auch schon
krallenartige Hände und rissen ihn nach vorn. Der Pfarrer aus Montmirail schrie
und setzte sich zur Wehr.
Die unheimlichen Gestalten tauchten
aus dem Regen auf wie Geister und ließen Erneste keine Chance.
Der Mann spürte, wie sie nach ihm
schnappten und sich festbissen.
Die Zombies ließen den schlaffen
Körper los und kümmerten sich nicht mehr um ihn.
Die Brut aus dem Grab drängte in
den Wagen, dessen Motor noch lief, dessen Türen weit offen standen.
Ein geheimnisvoller, rätselhafter
Befehl war in sie eingepflanzt. Sie waren Sklaven und mußten gehorchen …
Die möglichen Eventualitäten wurden
von ihnen erkannt. So hatte der Herr und Meister, der sie aus dem Grab gerufen
hatte, sie präpariert …
Zwölf Zombies fanden im Innern des
Renault Platz … waren auf engstem Raum zusammengepfercht.
Ein Untoter hockte zusammengekauert
am Lenkrad. Die Türen des Fahrzeugs wurden nicht geschlossen, als die knochige,
welke Hand die Handbremse löste und den Gang einlegte. Das Auto fuhr ruckend
an.
Weitere Zombies versuchten
mitzukommen. Sie hielten sich einfach an den offenen Türen fest, andere zogen
sich aufs Dach oder auf die Kühlerhaube, dritte wiederum klammerten sich an den
Stoßstangen fest.
Von dem Fahrzeug selbst war kaum
noch etwas zu erkennen, rundum wimmelte es von durchnäßten, nach Erde
riechenden Leibern.
Zwei Zombies wurden überrollt.
Einem geriet beim Anfahren das
linke Bein unter die Räder. Es wurde ihm abgerissen. Der Zombie reagierte
darauf nicht. Er empfand keinen Schmerz und verlor kein Blut. Er war eine
lebende Leiche, die nichts weiter eingebüßt hatte als ein Glied ihres von
unsichtbaren Mächten getriebenen Körpers …
Der Renault rollte über die
holprige Straße und beförderte eine unheimliche, todbringende Fracht nach
Montmirail.
Insgesamt sechzehn Zombies, im
Innern und außerhalb des Fahrzeugs, machten die seltsame, groteske Reise mit.
Die anderen aus dem Grab wankten
weiter durch die Nacht, stur wie Panzer, und ließen sich durch kein Hindernis
aufhalten. Einmal gerufen, waren sie nicht mehr zu bremsen …
Die während der Fahrt von dem Wagen
herunterrutschten, erhoben sich sofort wieder und setzten ihren Weg zu Fuß fort
… Weit hinten lag Pfarrer Erneste. Wie eine Marionette richtete sich der Tote
plötzlich auf.
Wankend kam er auf die Beine,
starrte mit leerem Blick in die Regennacht und auf das graue, verwaschene Band
der schmalen Straße, die nach Montmirail führte.
Er war ein Zombie und kannte den
Auftrag, den alle Zombies hatten.
Die Entfernung nach Montmirail war
weiter als zum Gut der Sophie Foche.
Erneste, regendurchnäßt mit
zerzaustem Haar, blieb plötzlich stehen, wandte sich um und lief dann den Weg
zurück, den er vor wenigen Minuten mit dem Wagen gekommen war …
●
Kunaritschew vergewisserte sich
sofort.
Er eilte zum Bett Chantale de
Loires, während von unten herauf Unruhe entstand. Die Schüsse waren nicht
ungehört geblieben.
Victor Delacroix kam keuchend die
letzten Stufen nach oben, gefolgt von den drei Begleitern, die Stammgäste in
diesem Haus waren und offenbar zu seinen engsten Freunden zählten, da er
ständig mit ihnen zusammen war.
Die Freunde waren heute abend schon
mit einigen Merkwürdigkeiten konfrontiert worden. Aber das schien sie kaum zu
berühren.
X-RAY-7 vernahm die nach oben
polternden Schritte, die die hölzernen Stufen und das Treppengeländer erschütterten.
Aber er kümmerte sich erst um Chantale de Loire.
Tief atmend lag sie in ihrem Bett,
nur halb zugedeckt. Es sah so aus, als wäre ihr die Decke weggerissen worden.
Wahrscheinlich durch Lovells Hand.
Auf den ersten Blick entdeckte
Kunaritschew keine Verletzungen, und er war erleichtert, als er auch bei
näherem Hinsehen nichts entdeckte, was auf eine Verletzung der jungen Französin
hingewiesen hätte.
Offenbar war Delacroix’ Tochter
gerade noch
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