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0150 - Wo der Scheiterhaufen leuchtet

0150 - Wo der Scheiterhaufen leuchtet

Titel: 0150 - Wo der Scheiterhaufen leuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Eisele
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ihm das passiert war.
    Die Nerven, beruhigte er sich.
    Er wischte sich über die schweißnasse Stirn. Ganz dicht an den Hauswänden entlang folgte er Edward Manning. Der Haß auf den Kerl, der ihm sein Mädchen abspenstig gemacht hatte, war zurückgetreten. An seiner Stelle glomm jetzt Neugier. Was hatte der Kerl hier zu suchen? Da stimmte doch einiges nicht!
    Bon Forrester war entschlossen, herauszufinden, was da nicht stimmte.
    Vielleicht konnte er Manning auf eine andere Art loswerden.
    Ohne, daß er sich die Finger schmutzig machte.
    Mal sehen.
    Manning blieb stehen, zündete sich eine Zigarette an; eine weiße Rauchfahne zerfaserte über seinem Schädel. Dann ging er weiter.
    Je näher sie dem Dock kamen, desto kühler wurde es. Am Ende der schmalen Straße, die von flachbrüstigen, häßlichen Häuserfassaden gerahmt wurde, war sogar feiner Nebel auszumachen. Das Straßenpflaster glänzte feucht.
    Bon Forrester fröstelte.
    Verdammt, etwas stimmte nicht mit ihm. Er war doch sonst nicht so empfindlich.
    Er ärgerte sich über sich selbst. Daß seine Reaktionen eine Warnung seines Unterbewußtseins waren, darauf kam er nicht.
    Im Gegenteil. Er führte sie darauf zurück, daß er noch nie in einer derartigen Situation gewesen war. Wenn es einmal Ärger gegeben hatte, in der Pub oder am Dock, so hatte er das direkt und fair geregelt. Dies hier war ein ganz anderer Fall. Mit Fairneß kam man da nicht weiter. Edward Manning war verschlagen wie eine Ratte.
    Hinter seinem hübschen Gesicht wucherte die Fratze eines Teufels.
    So stellte er sich das vor.
    Die Schritte Mannings hallten von den Wänden wider. Die meisten Fenster waren dunkel. Die Menschen, die hier wohnten, waren arm. Ihr Leben bestand nur aus Arbeit. Sie waren froh, früh in die Betten zu kommen, um am nächsten Morgen wieder einigermaßen fit zu sein.
    Weiter entfernt, knapp 20 Schritte voraus, brannte die letzte Straßenlaterne. Sie verströmte ihr Licht, doch es wurde vom Nebel gefiltert und wirkte so regelrecht milchig und trübe.
    Die Straße neigte sich abwärts.
    Die Wohnhausfassaden blieben hinter Bon Forrester zurück. Jetzt gab es in diesem Viertel nur noch Geschäftshäuser, die allesamt einen verkommenen Eindruck machten. Der Verputz war rissig, an vielen Stellen bröckelte er bereits ab und entblößte das nackte Mauerwerk.
    Dann kamen die Lagerhallen.
    Irgendwo wurde wieder ein Tuten laut. Von Big Ben schlug es Mitternacht. Seltsam dumpf hallten die Schläge durch die Nacht.
    Der Verkehrslärm war kaum mehr zu hören. Er war zu einem unterschwelligen Summen und Brausen geworden, das ständig leiser wurde.
    Der Nebel wogte dicht über dem Boden. Mit jedem Schritt, den Bon Forrester machte, wirbelte er auseinander, zerfaserte, um sich sodann schnell wieder zu vereinen.
    Edward Manning schien durch weite, weiße Schleier zu schreiten.
    Ein seltsam unwirklicher Anblick.
    Nur noch schemenhaft war er zu sehen.
    Bon Forrester ging schneller, um die Distanz zu verkürzen.
    Blauschwarz umgab ihn die Dunkelheit. Der Nebel breitete sich aus.
    Also mußten sie jetzt ziemlich nahe an den Docks sein.
    Die Luft roch nach Salz und Fisch und nassem Holz.
    Bon Forrester holte auf. Edward Manning war wieder deutlicher zu sehen.
    Plötzlich aber war er verschwunden.
    Bon fluchte unterdrückt. Mit zwei, drei großen Sätzen erreichte er die Stelle, wo er Manning das letzte Mal gesehen hatte. Er sah sich um.
    Ein handtuchschmaler Durchgang. Linkerhand.
    Bon Forrester zögerte nicht. Die tintige Finsternis, die darin drohte, schreckte ihn nicht. Er hatte mehr als ein Mal Nachtschicht gehabt, mehr als ein Mal ein Schiff um Mitternacht entladen. Das wurde von der Gewerkschaft gar nicht gerne gesehen, und so hatte man vor den Kontrolleuren mehr Angst gehabt als vor Geistern und Dämonen…
    Er grinste, doch so ganz wohl war ihm doch nicht bei dem Gedanken.
    Geister und Dämonen…
    Das erste Mal, daß er an diesem Abend bewußt daran dachte.
    Aber er wurde abgelenkt.
    Auch diese instinktive Warnung seines Unterbewußtseins verhallte ungehört – oder besser: unberücksichtigt.
    Das Unheil nahm seinen Lauf…
    Bon Forrester erreichte das Ende des schmalen Durchgangs und fand sich auf den Dockanlagen. Auch hier waren die Hausfassaden schmutzig und grau, nur hier und da von einem Gitterbalkon oder einer Feuerleiter unterbrochen. Die Fenster boten sich klein und grau dar.
    Doch der Hafen war eine Ausnahme. Verglichen mit den anderen Docks bot er keinen so traurigen

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