0151 - Der Rächer und sein Richter
hören.«
Die Frau wollte noch etwas erwidern, aber der Hörer war von Hunk Johnes schon aufgelegt worden. Einen Augenblick schüttelte Mrs. Britan den Kopf, dann wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu. Sie hatte genug zu tun, um einen albernen Anruf innerhalb weniger Minuten vergessen zu können.
Und das war entschieden ein Fehler.
***
Wir besichtigten das Gefängnis, soweit es für unsere Aufgabe von Interesse war. Der Fluchtweg von Hunk Johnes war leicht zu ermitteln. Er musste das Krankenrevier - ein vergitterter Bau wie jeder andere, nur mit einigen Gittertüren im Innern weniger - durch das Tor verlassen haben, durch das die beiden Männer aus dem Lastwagen die Kisten mit den Medikamenten hereingetragen haben. In einem günstigen Augenblick konnte er sich auf diesem Weg zweifellos hinaus in den Hof stehlen und sich dort unter dem Lastwagen festkrallen, bis dieser das Gefängnis wieder verließ.
Nachdem uns durch eine Besichtigung der Örtlichkeiten das klar geworden war, befragten wir die Sträflinge, die mit Hunk Johnes Zusammen im selben Krankenzimmer gelegen hatten.
Unsere Befragung förderte nichts zutage, was uns hätte weiterhelfen können. Hunk Johnes schien ein sehr vorsichtiger Mann zu sein, denn er hatte nichts von seinen Fluchtabsichten verlauten lassen, oder aber er hatte den Plan selbst so überraschend gefasst, dass gar keine Zeit geblieben war, einem anderen etwas davon zu erzählen.
Wir verließen das Gefängnis wieder mit dem Boot, mit dem wir auch auf die Insel gekommen waren und fuhren von der Manida Street in der Bronx wieder herunter nach Manhattan.
Es war nachmittags gegen halb vier, als wir wieder im Office saßen. Durch einen Anruf in der Kantine bestellten wir uns ein paar Würstchen, um das versäumte Mittagessen halbwegs nachzuholen. Dann machten wir uns auf zu Mr. High, um ihm Bericht zu erstatten.
Der Chef hörte ruhig zu, wie immer wenn ihm etwas berichtet wird. Dann sagte er nachdenklich: »Dieser Johnes ist also ein Mörder. Das wird unsere Aufgabe erschweren. Jemand, der nur noch ein paar Jahre abzusitzen hätte, würde vielleicht nicht das Äußerste riskieren, wenn er sich gestellt sieht. Aber Johnes muss befürchten, dass aus seiner Strafe nun endgültig ein lebenslänglich gemacht wird wegen seines Ausbruchs. Da steht zu befürchten, dass er um sich schießen wird, wenn er sich gestellt sieht. Oder was meinen Sie?«
Phil zuckte die Achseln.
»Damit er um sich schießen kann, müsste er erst einmal eine Pistole haben.«
»Die wird er haben«, warf ich ein. »Für einen Mann vom Schlage eines Hunk Johnes, ist es überhaupt keine Schwierigkeit, sich eine Kanone zu beschaffen. Aber das alles soll mir wenig Sorge machen. Viel mehr interessiert mich, wo wir ihn finden können! Wohin ist er? Steckt er noch innerhalb der Bannmeile von New York? Hat er sich schon mit irgendwelchen Tricks über Land geschmuggelt? Versucht er, nach Kanada zu entkommen? Will er im Lande bleiben oder nicht? Das alles sind Fragen, die mich im Augenblick viel mehr interessieren.«
»Zunächst werden wir versuchen, herauszufinden, wo er an Land geklettert ist«, sagte Phil. »Er trug so eine Art Schlafanzug, aber ein Ding, dem man seine Gefängniskluft auf eine Meile Entfernung ansehen kann. So ein Aufzug muss doch aufgefallen sein!«
»Nicht schlecht«, nickte ich. »Und da er am frühen Morgen floh, musste er also bei Tage irgendwo aus dem East River herausgeklettert sein. Wenn ihn nicht gar irgendein Boot aufgefischt hat. Vielleicht sollten wir einen Aufruf in den Zeitungen veröffentlich lassen?«
»Das ist nicht übel«, sagte der Chef. »Veranlassen Sie, dass unsere Presseabteilung eine derartige Meldung an die Zeitungen weitergibt. Danach werden wir weitersehen.«
Wir standen auf und verließen Mr. High. Während Phil zur Presseabteilung ging, um das Nötige zu veranlassen, fuhr ich mit dem Lift weiter hinauf, um mir aus dem Archiv die Unterlagen von Hunk Johnes zu besorgen.
Ungefähr um fünf Uhr nachmittags war es, als Phil und ich im Office wieder zusammentrafen.
»Die Sache für die Zeitungen wird nur noch vervielfältigt und kann dann an die Redaktionen geschickt werden«, meldete Phil.
»Schön«, sagte ich. »Dann wollen wir uns inzwischen über die Akten unseres Mannes hermachen. Es kann nicht schaden, wenn wir ein möglichst genaues Bild von ihm bekommen.«
Schon wollten wir die Arbeit beginnen, da klingelte das Telefon. Ich meldete mich und hörte zu meiner Verwunderung
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