0151 - Der Rächer und sein Richter
Mr. Hydes’ fahrige Stimme. »Sind Sie das, Cotton?«, fragte er, obwohl er doch meinen Namen gehört haben musste.
»In voller Lebensgröße, gesund, diensttauglich und bei vollem Verstand«, sagte ich.
»Lassen Sie diese dummen Witze, Cotton! Setzen Sie sich in irgendeinen Dienstwagen und fahren Sie hinauf nach Randalls Island.«
»Warum? Gibt’s im Stadion dort eine interessante Sportveranstaltung?«
»Ach Quatsch!«, schrie Hydes mit einer Stimme, die sich fast überschlug. »Bei den Tennis-Anlagen auf der Ostseite ist einer der Parkwächter gefunden worden. Neben ihm liegen die Kleider, die Hunk Johnes trug, als er heute Morgen ausriss!«
»Was ist mit dem Wächter?«, fragte ich schnell.
Einen Augenblick schwieg sogar der nervöse Hydes. Dann kam seine Stimme wieder, und jetzt war sie ganz kleinlaut: »Dem Wächter ist der Schädel eingeschlagen worden. Mit einem großen Stein, der neben dem Leichnam gefunden wurde…«
***
Mit heulender Sirene fegten wir die Third Avenue hinauf nach Norden, bogen in die Zufahrt zur Triborough Brücke ein und jagten über die Brücke. Drüben nahmen wir die Abfahrt, die hinab auf die verschlungenen Wege der Insel führte. Die ganze Insel wird beherrscht von Sportgelände, das in Park- und Grünflächen eingebettet ist. Auf der östlichen Seite gibt es eine Reihe von Gebäuden und Plätzen, die irgendeinem Tennis-Club gehören.
Dort also sollte man den Wächter gefunden haben. Wir suchten uns den Weg durch die gewundenen Straßen und kamen endlich ans Ziel. Schon von Weitem sahen wir eine Reihe von Wagen der New Yorker Stadtpolizei.
Darunter den großen Einsatzwagen der Mordkommission.
Wegen des Nebels hatte man große Standscheinwerfer aufgebaut, die zur Staridardausrüstung jeder Mordkommission gehören, aber selbst diese starken Scheinwerfer konnten nur schwach das milchige Grau durchdringen.
Etwa zwanzig Yards vor der Reihe der Fahrzeuge hatten uniformierte Cops eine Sperrkette gezogen. Vielleicht hatten sie unsere Sirene gehört, die Phil kurz vorher abgeschaltet hatte, jedenfalls ließen sie uns durch, ohne dass wir anhalten und ihnen die Ausweise zeigen mussten.
Ich fuhr .den Jaguar von links an die Reihe der abgestellten Dienstwagen heran, stieg aus und schlug mir den Mantelkragen hoch. Die Luft war feucht und kalt, Wie man es bei starkem Nebel gewöhnt ist.
Wir stapften durch das Gras ein wenig die Überböschung hinunter. Unten hörte man Wasser plätschern, und irgendwo aus dem Dunst über dem East River erscholl das durchdringende Tuten eines Nebelhorns.
Ungefähr zehn Zivilisten, dazu drei Officer der Stadtpolizei und ein Mann in einem weißen Kittel standen rings um eine Gestalt, die am Boden lag und mit dem Kopf halb im hohen Gras verborgen war.
Als wir die Böschung hinabgeklettert kamen, wandten sich uns ein paar Köpfe zu. Ich erkannte Lieutenant Baker vom Büro der Mordkommission. Er winkte uns flüchtig zu, und ich hörte, wie er zu den anderen sagte: »Das sind Cotton und Decker vom FBI! Wenn uns die besuchen, brauchen wir uns um die Sache keine Kopfzerbrechen mehr zu machen. Sie ziehen die Geschichte rüber zum FBI, und damit ist der Fall für uns erledigt.«
»Irrtum, Baker« sagte ich und gab ihm die Hand, während ich den anderen kurz zunickte. »Das FBI wird diesen Mord nicht übernehmen. Wir suchen Hunk Johnes, aber wir haben nicht die Absicht, jedes Verbrechen zu bearbeiten, das er vielleicht inzwischen begeht.«
Baker seufzt: »Schade. Ich dachte schon, wir wären diese Sache los. Arbeit haben wir nämlich genug.«
»Wir auch!«, sagte Phil lakonisch und kniete neben dem Toten nieder. Da so viele Leute um ihn herumstanden, war als sicher anzunehmen, dass die Spurensuche bereits erfolgt war, sodass wir uns deshalb keine Rücksichten mehr aufzuerlegen brauchten.
»Wie konnte das geschehen?«, fragte Phil, »er muss Johnes doch gesehen haben!«
Baker schüttelte den Kopf und deutete auf eine hohe und dicke Weide, die halb an der Böschung stand.
»Johnes hat sich hinter diesem Baum versteckt. Anscheinend hatte er seine Gefängniskluft bereits ausgezogen und hier ins Gras gelegt. Der Wächter sah das Zeug von oben und kam herunter. Als er an der Weide vorbeikam, sprang Johnes dahinter hervor und schlug ihn mit dem Stein nieder. Dann schleifte er ihn hierher. Vielleicht wollte er ihn sogar ins Wasser stoßen.«
»Das ist anzunehmen«, sagte ich. »Er wird ihn nicht umsonst von der Weide hier heruntergeschleppt haben.«
»Warum
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