0152 - Der Tod aus der Urne
niemandem ist dieser Spiegel besser aufgehoben als bei Ihnen, Professor«, sagte der Antiquitätenhändler ernst. »Nehmen Sie ihn mit auf Ihr Schloß nach Frankreich. Vielleicht schaffen Sie es eines Tages, sein gefährliches Geheimnis zu ergründen.«
Zamorra plante, diese magische Nuß mit Hilfe seines Amuletts zu knacken, sobald er wieder zu Hause war.
»Hängen Sie den Spiegel im Château de Montagne auf, Professor«, sagte Toi Gene mit einem müden Lächeln. »Aber seien Sie auf der Hut. Vergessen Sie nicht, diesen Teufelsspiegel in Vollmondnächten zu verhängen, sonst gibt es eine Katastrophe.«
***
Er war mal Lehrer gewesen.
Gott, wie lange war das nun schon her. Eines Tages hatte er vom Unterrichten die Nase voll gehabt. Die Kinder hatten ihn zuviel geärgert. Deshalb hatte er den Kram hingeschmissen und die Schule für immer verlassen.
So hatte Rex Atlans sozialer Abstieg begonnen. Eine Zeitlang hatte er Nachhilfeunterricht gegeben, dann hatte er sich eine Schießbude auf dem Rummelplatz zugelegt, war damit sehr bald pleite gegangen… und heute war Atlan ein Penner, dem die Rotznasen nachliefen und den sie verspotteten, den man mit gerümpfter Nase betrachtete.
Der Park, in dem er in den letzten Nächten geschlafen hatte, wurde jetzt öfter von Polizisten durchstreift, weil sich ein Sittenstrolch in dieser Gegend herumtreiben sollte.
Andauernd hatten sie Atlan geweckt, ihm dumme Fragen gestellt und nicht schlafen lassen. Deshalb hatte er beschlossen, sich eine andere, weniger frequentierte Bleibe zu suchen.
Außerdem wurde es in diesen Oktobernächten ohnedies schon verdammt ungemütlich auf der Parkbank.
Mit seinen abgetretenen Schuhen schlurfte Rex Atlan durch die Gegend.
Zwei Möglichkeiten für eine Übernachtung hatte er ungenützt gelassen.
Unter der Brücke war es ihm zu windig und zu feucht gewesen. Und auf einer Baustelle hatte die Nachtschicht zuviel Lärm gemacht. So Kam Atlan in die Coronet Street.
Es war Nacht. Über den verlassenen Häusern schimmerte der Mond.
Leere Häuser.
Zu beiden Seiten der Straße. Atlan lachte in sich hinein. Paradiesisch war das geradezu. Wer hätte das gedacht? Eine Straße mitten in London, wo keiner wohnte - abgesehen von einem einzigen Haus, wie der Penner nun feststellte.
Aber alle anderen Gebäude waren für ihn einladend offen, standen ihm zur Auswahl. Er wußte nicht, für welches er sich entscheiden sollte.
Auf eine unerklärliche Weise fühlte sich Atlan von den erhellten Fenstern der Familienpension angezogen. Da konnte er natürlich nicht übernachten.
Dort hätten sie Geld verlangt, und Geld war etwas, was Atlan nur in kärglichem Maße zur Verfügung stand. Aber gleich daneben konnte er einziehen.
Im Nachbarhaus kostete das Übernachten keinen Penny.
Atlan rieb sich das bartstoppelige Kinn. Er roch nicht gut. Wie lange hatte er sich schon nicht mehr gewaschen? An beiden Händen konnte er die Tage nicht abzählen.
Atlan lehnte es jedoch ab, sich selbst als asozial zu bezeichnen.
Entschlossen trat der Penner in die Dunkelheit des Hauses. Er kicherte. Und er lauschte amüsiert dem Echo.
Sofort fühlte er sich wohl hier drinnen. Mit schnellen Schritten lief er zum ersten Stock hoch. Auf dem Korridor war Wasser.
Atlan drehte den Wasserhahn auf. Es plätscherte im Becken. Herrlich. Rasch betrat der Penner eine der leerstehenden Wohnungen.
In einer Ecke lag eine zerschlissene Matratze. Nicht mehr gut genug, um die Übersiedlung mitzumachen, aber noch gut genug für Atlan, der auf dieser Matratze die Härte der Parkbank vergessen konnte.
Hastig entkleidete sich der Penner. Was trug er nicht alles am Leib. Sommerwäsche - Winterpelz. Was er besaß, hatte er an.
Im Dunkeln wusch er sich dann, so gründlich dies ohne Seife möglich war. Anschließend kroch er wieder in seine ausgelüfteten, aber noch warmen Kleider.
Zehn Minuten später fiel er in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Ein feindseliges Knurren ließ ihn um Mitternacht mit einem heiseren Aufschrei hochfahren.
Ein Hund.
Irgendwo im Haus mußte sich ein Hund befinden. Er haßte diese zottigen Bestien, die nachts herrenlos durch die Gegend schlichen, auf der Suche nach irgend etwas Eßbarem.
Er haßte die Tiere und fürchtete sie. Irgendwann einmal konnte der Hunger eines solchen Hundes so groß sein, daß er über einen friedlich schlafenden Penner herfiel. Das war gar nicht so abwegig.
Das Knurren wiederholte sich.
Atlan zog die Knie an. Er vibrierte innerlich. Die
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