0152 - Der Tod aus der Urne
Straße hinuntergesprungen, Mr. Samuels. Da hat jemand nachgeholfen.«
»Derjenige, der mich gestern abend anrief?«
»Vermutlich. Er sagte: ›Uns kriegen Sie nie raus, Samuels!‹ das heißt, daß er einer der Pensions-Bewohner ist. Ich werde mich da mal umsehen. Ist es Ihnen möglich, die Kündigungsfrist auf sechs Wochen zu verlängern?«
»Sechs Wochen sind der äußerste Termin«, sagte Samuels.
»Ich hoffe, daß ich den Fall in wesentlich kürzerer Zeit lösen kann, Mr. Samuels.«
»Das hoffe ich auch.«
»Im Hause Goldstone soll man das Gefühl haben, daß diese Verlängerung der Kündigungsfrist durch den Tod von Herb Gordon erreicht wurde«, sagte Zamorra.
Unter den Bewohnern mußte sich nun ein gewisses Triumphgefühl breitmachen. Wer immer den Mord an Herb Gordon begangen hatte, er hatte im Interesse aller Pensions-Gäste gehandelt. Und natürlich auch im Sinne der Pensions-Besitzer. Man hatte einen Aufschub erwirkt. Irgendwann würde darüber gesprochen werden, und dann wollte Zamorra dabeisein.
Samuels fragte, wie Zamorra den Fall in Angriff nehmen wollte.
Der Para-Mann antwortete: »Ich werde mir in der Familienpension ein Zimmer mieten.«
»Meinen Sie, die Goldstones werden Sie aufnehmen? So kurz vor dem Umzug?«
»Ich werde sagen, ich brauche das Zimmer für höchstens drei oder vier Wochen. Sie wären dumm, wenn sie an mich nicht vermieten würden.«
Genauso machte Zamorra es.
Er kam in einem Taxi an.
Joanne Goldstone beobachtete ihn durch das Fenster. Sein Gepäck war klein. Eine Reisetasche und ein mittelgroßer Handkoffer reichten als Staffage aus.
Das Taxi fuhr ab. Zamorra betrachtete die Familienpension und nickte dann so, daß Joanne es sehen konnte. Zufriedenheit lag auf seiner Miene. Er war mit dem Gebäude restlos einverstanden.
Nachdem er das Gepäck aufgenommen hatte, marschierte er auf das Haus zu. Joanne machte ihm die Tür auf.
»Oh, sehr liebenswürdig von Ihnen«, sagte Zamorra mit einem dankbaren Lächeln.
»Sie wünschen?«
»Mein Name ist Zamorra.«
»Ja, Mr. Zamorra?«
»Ich hörte, Sie hätten preiswerte Zimmer zu vermieten… Ich meine, wenn Ihnen die Familienpension gehört.«
»Sie gehört mir. Und meinem Mann. Ich bin Joanne Goldstone.«
»Freut mich, Mrs. Goldstone«, sagte Zamorra höflich. Sie musterte ihn die ganze Zeit. Zum Glück sah er gut genug aus, um in solchen Fällen keine Ablehnung zu ernten. Joanne war mit Zamorras Äußerem sichtlich zufrieden. Ihr Blick hellte sich mehr und mehr auf. Aus der gespielten Freundlichkeit wurde eine echte. Zamorra stellte sein Gepäck in den Flur und rieb sich die Hände.
»Für wie lange würden Sie das Zimmer haben wollen, Mr. Zamorra?«
»Drei, vier Wochen«, sagte der Professor.
»Es ist Ihnen sicherlich aufgefallen, daß in der ganzen Straße kein Mensch mehr wohnt.«
»Ja. Ich finde das ulkig«, grinste Zamorra. »Was ist denn da los? Spielt in Ihrem Haus jemand so laut Klavier, daß die Nachbarn das Feld räumen mußten?«
»Hier soll eine neue Stadt entstehen«, sagte Joanne mit verbitterter Miene. »Wolkenkratzer aus Stahl und Beton sollen die schönen alten Häuser hier ablösen.« Zamorra erfuhr alles, was er bereits wußte, nickte, hörte interessiert zu und tat so, als wäre das alles vollkommen neu für ihn.
»Ich würde die Miete für - sagen wir - drei Wochen im voraus bezahlen, Mrs. Goldstone«, schlug er vor.
Damit hatte er Joanne bereits im Handumdrehen gewonnen. Er hatte sie von Anfang an richtig eingeschätzt.
Sie griff so schnell nach seiner Reisetasche, daß er zu spät kam, sie selbst aufzuheben. Also trug er den Koffer. Sie zeigte ihm sein Zimmer.
Es war das, in dem Rick Jarmyn gewohnt hatte, wie er später erfahren sollte.
Joanne erwähnte Jarmyn mit keiner Silbe, und auch nicht das, was ihm passiert war. Zamorra kramte umständlich sein Geld aus der Tasche und bezahlte die Miete.
Joanne konnte mit nichts glücklicher gemacht werden wie mit raschelnden Banknoten. Das war Musik für sie. Ihre Augen strahlten selig.
Sie wollte wissen, welchen Beruf Zamorra hatte. Er tischte ihr ein Märchen auf. Er behauptete, er wäre Schriftsteller, stamme aus Paris und wäre nach London gekommen, weil er über das Leben eines populären Unterhausabgeordneten ein Buch schreiben wolle. Joanne Goldstone nahm ihm seine Story ab.
Sie ließ ihn für eine Weile allein.
Er zog sich um.
Dann stellte ihn Joanne den Hausbewohnern vor. Als ersten lernte er Ernest, ihren Mann, kennen. Der hatte
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