0154 - Desteros Rache
Schritte wurden oben bestimmt gehört. Die Stufen nahm ich auf Zehenspitzen. Dann stand ich vor der Kellertür.
Meine Gedanken wanderten in eine andere Richtung. Himmel, wie oft war ich diesen Weg schon gegangen, hatte Bier und Sekt raufgeholt, aber da war alles so völlig normal gewesen, da saß man oben im Wohnzimmer beisammen, trank etwas, lachte, feierte.
Auch diesmal befand ich mich im Haus der Conollys. Aber jetzt war alles anders. Ein schlimmes Schicksal hatte uns in eine fremde Dimension geschleudert, in das Pandämonium, wo Heulen und Zähneknirschen beheimatet waren. Schlimm, daran zu denken, daß man unter Umständen überhaupt nicht mehr zurückkam.
Ich schüttelte die trüben Gedanken ab, legte meine Hand auf die Klinke und öffnete vorsichtig die Kellertür. Zum Glück waren die Türangeln gut geölt. Nahezu lautlos schwang sie auf.
Ich befand mich am anderen Ende des langen Gangs und warf erst einmal einen Blick durch den Türspalt. Alles leer.
Nicht einen Zipfel konnte ich von Bill und Sheila sehen. Günstiger hätte ich es gar nicht treffen können. Abermals huschte ich auf Zehenspitzen weiter und erreichte schon bald die Tür des Arbeitszimmers.
Obwohl ich auf dem Gang ziemlich deckungs- und waffenlos stand, legte ich erst ein Ohr gegen die Tür und lauschte. Drinnen tat sich nichts. Ich hörte keine Stimmen, riskierte es, und öffnete die Tür.
Einen Lidschlag später stand ich im Zimmer. Es war leer.
Das heißt, die Möbel standen noch dort, aber den Sarg sah ich nicht mehr.
Das war wirklich ein Hammer!
Aber wer, zum Henker, hatte ihn weggeschafft? Und warum vor allen Dingen?
Im Moment war die Frage unwichtig, denn ich hatte etwas anderes entdeckt.
Den Sarg hatte irgend jemand mitgenommen, aber meine Beretta und auch das Kreuz lagen noch an ihrem Platz. Die beiden wichtigen Dinge waren vergessen worden. Zum erstenmal seit langer Zeit konnte ich wieder lächeln. Ich hängte mir die Kette um den Hals und fühlte die beruhigende Schwere des Kreuzes. Jetzt ging es mir wieder besser.
Die Beretta steckte ich zurück ins Holster. Noch ein schneller Blick, alles war klar, ich konnte beruhigt den Raum verlassen.
Kaum hatte ich die Tür aufgestoßen, als ich Stimmen hörte. Sie klangen dort auf, wo der Wohnraum lag. Also mußten sich meine Freunde da aufhalten. Aber nicht nur sie, denn auch eine zweite weibliche Stimme vernahm ich. Sie gehörte Asmodina!
***
Sheila und Bill zuckten unter dem erbarmungslosen Blick der Teufelstochter zusammen. Noch nie in ihrem Leben hatten sie solch gnadenlose und kalte Augen gesehen. Sie hatten das Gefühl, bis auf den Grund ihrer Seele durchleuchtet zu werden. Diese Frau strahlte eine Kälte und Grausamkeit aus, die schon bald körperlich fühlbar war und direkt wehtat. Unwillkürlich tastete Sheila nach Bills Hand. Sie suchte Schutz, der Anblick hatte sie zutiefst getroffen.
Das also war sie, die Tochter des Satans, der auch Dr. Tod und die Mordliga gehorchten.
Sheila fühlte sich plötzlich so winzig, so verloren und klein. Sie merkte, welch eine Macht von dieser Frau mit den langen, roten Haaren ausging, und sie konnte sich gut vorstellen, daß die Kreaturen der Hölle vor ihr dienerten. Wie auch Destero.
Er deutete eine linkische Verbeugung an und sprach zu ihr. »Wie du es befohlen hast, Herrin. Da ist die Leiche des Mannes, den du so haßt. John Sinclair ist tot!« Die letzten Worte sprach Destero mit einer gewaltigen Genugtuung, Asmodina tat, als hätte sie die Sätze kaum zur Kenntnis genommen. Sie starrte nur Bill und Sheila an.
Der Reporter bekam feuchte Hände. Ein Zeichen, welch eine Angst er hatte. Wenn er daran dachte, daß alles auf einem Bluff aufgebaut war und diese Dämonin das Spiel durchschaute, dann – Bill dachte nicht mehr weiter, er hätte sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen.
Aber vielleicht wußte sie schon alles. Unter Umständen spielte sie nur mit ihnen.
Zwei Schritte vor Sheila und Bill blieb sie stehen. Den Sarg und auch Johnny bedachte sie mit keinem Blick. Er schien sie überhaupt nicht zu interessieren.
Bill mußte sich beherrschen, um nicht laut mit den Zähnen zu klappern oder zu zittern. So groß waren seine Angst und seine Befürchtungen geworden.
»Die Conollys«, sagte Asmodina. Ihre Lippen verzogen sich dabei. »John Sinclairs Freunde. Wie schön, daß ich euch alle in meinem Reich begrüßen kann.«
Bill übersprang seinen eigenen Schatten, als er sagte: »Ja, wir sind Sinclairs Freunde, und er ist
Weitere Kostenlose Bücher