0156 - Perlen, Gangster, Menschenhaie
letzten der Taucher erreicht hatte. Die Männer im Boot brüllten jetzt irgendetwas im Sprechchor. Der letzte der Taucher bäumte sich auf und warf sich herum. Jetzt schwamm er dem Hai direkt entgegen. Mir zog eine Gänsehaut über den Körper, obgleich die Temperatur so brütend heiß war, wie sie eben nur hier sein konnte.
Jetzt hatte ich das Boot der Jorezen erreicht. Ich beugte mich hinüber, ergriff zwei der Muschelmesser und stieg auf die Hecksitzbank in unserem Boot. Um meine Kleidung brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, denn wir trugen ohnehin nur 26 unsere Badehosen und einen Strohhut. Der Meinige aber lag längst im Boot.
Ich holte tief Luft und schnellte mich in einem flachen Kopfsprung ins Wasser. Ein Rekordschwimmer bin ich gewiss nicht, aber zu den schlechtesten gehöre ich auch nicht. Ich kam einigermaßen gut voran und sah bald vor mir die dreieckige Rückenflosse auftauchen und sofort wieder verschwinden.
Noch drei oder vier Stöße trieben mich vorwärts, dann holte ich wieder tief Luft und schwamm unter Wasser weiter. Das Meer war herrlich klar und erlaubte eine gute Sicht. Vor mir schwebte der junge Taucher ein paar Fuß unter der Oberfläche. Er hielt die Hände mit den Handflächen nach oben seitlich abgestreckt. Was hatte er vor?
Der Hai schoss von links heran. Schon glaubte ich, seine Zähne müssten sich in den jungen Burschen graben und ihn in Stücke reißen, da entwirrte sich das Bild wieder.
Der Taucher hatte im letzten Augenblick beide Hände nach oben geschlagen y.nd sich dadurch hinabgedrückt. Der Hai zog, von der eigenen Schnelligkeit getrieben, dicht über seinem Kopf hinweg und legte sich in eine enge Schleife.
Inzwischen aber war ich ihnen nähergekommen, und als der Hai seine Kehre gezogen hatte, sah ich in seine kleinen, tückischen Augen. Für einen Sekundenbruchteil konnte ich auch die einwärtsgebogenen, rasiermesserscharfen Zähne in seinem Unterkiefer erkennen, dann steuerte er mich an.
Ich streckte die Arme ungefähr in Schlüsselbeinhöhe vor und trieb mich noch ein kleines Stück tiefer. Dann wartete ich. Ich habe schon vor Männern gestanden, deren Zeigefinger sich um den Abzugsbügel einer auf mich gerichteten Pistole krümmte, und ich erwischte den einzig richtigen Augenblick, um mich beiseite zu werfen, wenn sie die Richtung ihres Schusses schon nicht mehr korrigieren konnten. Warum sollte ich bei einem Hai nicht den richtigen Augenblick erwischen?
Er kam heran, schnell, schnurgerade und in beklemmender Lautlosigkeit.
Und dann war er vor mir.
Ich riss beide Arme mit aller Kraft hoch, die ich hatte. Meine beiden Messer fuhren in seinen Unterkiefer. Der Widerstand, den er bot, drückte mich im gleichen Augenblick, da ihm die Messer ins Fleisch fuhren, nach Unten weg. Ich bekam eines der Messer wieder heraus, verlor aber das zweite, das in seinem Kiefer stecken blieb. Blut quoll heraus und färbte das Wasser. Der Hai bäumte sich auf und mir ratschte ein Teil seiner kräftigen Schwanzflosse wie ein Nagelbrett über den Unterarm. Ein höllischer Schmerz durchfuhr mich. Und zugleich spürte ich auch schon, wie mir die Luft knapp wurde.
Gott sei Dank hatte der Hai abgedreht. Ich stieß mich mit kräftigen Beinschlägen nach oben, holte zweimal schnell und tief Luft und ging wieder hinab. Das Tier musste halb verrückt sein vor Schmerzen. Er wirbelte das Meer auf und drehte sich im Kreis.
Ich schwamm langsam auf ihn zu. Zuerst sah er mich überhaupt nicht. Als er mich plötzlich entdeckte, war es für ihn schon zu spät. Aus der Kreisbewegung heraus, höchstens einen halben Yard vor mir, erschien plötzlich sein Kopf. Ich sah das linke Auge wie in Großaufnahme und rammte ihm das zweite Messer in den Leib. Gleichzeitig stemmte ich aber auch schon meine beiden Füße auf seine scharfschuppige Haut und schnellte mich von ihm wie von einem Sprungbrett ab.
Es war meine Rettung. Denn was er jetzt aufführte, hätte mir sämtliche Knochen gebrochen, wenn ich in seiner Reichweite geblieben wäre. In einem Wirbel von Blut peitschte sein mächtiger Leib krampfhaft hin und her. Er schoss aus dem Wasser heraus und fiel zusammengekrümmt mit einem mächtigen Klatschen wieder darauf zurück. Während ich mich schnell in der Rückenlage von ihm entfernte, wurden seine Bewegungen kraftloser, langsamer, schwungloser.
Phil zog mich ins Boot. Ich schnaufte und rang keuchend nach Luft. Etwa dreißig Yards von unserem Kahn entfernt trieb der Hai jetzt halb auf der Seite
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