0157 - Die Rechnung - eiskalt serviert
zu.
»Höfliche Leute, das muss man sagen«, meinte Phil. Ich hielt erneut den Daumen auf die Klingel.
Wieder flog das Fensterchen auf. Ich blickte in den Lauf eines mächtigen, altmodischen Schießeisens, das sicherlich aus der Zeit des Bürgerkriegs stammte.
»Quita alla, hijo de…«
Der Fluch war so energisch und gemein, dass ich ihn nicht ganz wiedergeben kann.
»Wir sind G-men«, schnauzte ich. »Tu dein Schießeisen weg und mach die Tür auf.«
»Das glaube ich nicht«, sagte er in haarsträubendem Englisch.
»Schön, dann rufe ich eine Portion Cops und lasse deinen ganzen Laden hier ausräumen.«
Er verlegte sich aufs Verhandeln. Meinen Ausweis konnte er bestimmt nicht lesen, aber derblaugoldene Stem genügte. Ein paar Riegel knallten, ein Schlüssel quietschte im Schloss, und dann waren wir in dem matt erleuchteten Hausflur. Der Bursche wollte sich verdrücken, aber Phil packte ihn am Kragen.
»Wir kommen wegen eines weißen Mädchens, das José Gomez vor einer halben Stunde gebracht hat. Wo ist er und wo ist sie?«
»Kommen Sie.«
Er wendete sich um und ging. Eine zweite Tür und dann eine Treppe. Zur Linken kam aus einem großen Raum, wahrscheinlich dem Speisezimmer des alten Hauses, gedämpftes rotes Licht. Ich warf einen Blick hinein. Schwere Samtvorhänge, breite, tief eingesessene Ruhebetten, zerschlissene Sessel, eine primitive Bar mit einem weiß berockten Neger in der Ecke, ein Gitarrenspieler und vier oder fünf braunhäutige Pärchen, die mit Hingebung einen Tango tanzten. Ein paar andere saßen umschlungen im Halbdunkel.
Wir stiegen die Treppe hinauf, zuerst der Braune und danach Phil und ich. Oben war ein Gang, der von ein paar farbigen Wandlampen erhellt wurde.
Der Puerto-Ricaner ging auf eine der Türen los und schloss auf.
»Nehmt sie mit«, sagte er. »Ich bin froh, wenn sie weg ist. Weiße Mädchen bringen nur Ärger.«
Eine rote Ampel brannte. Die Luft war schwer von schlechtem Parfüm und Hitze. Diana lag auf der Couch. Sie hatte das Gesicht in die Kissen vergraben und weinte.
Ich ging hin und legte meine Hand auf ihre Schulter. Sie zuckte zusammen und warf sich herum.
»Hab keine Angst, mein Kind«, sagte ich. »Wir suchen dich schon die ganze Zeit. Wir wollen dich hier herausholen.«
Sie sah mich groß an, und die Angst wich aus ihren Zügen.
»Bring sie nach unten in den Wagen«, bat ich Phil. »Ich möchte mich mit unserem Freund hier unterhalten.«
Dann fasste ich den Burschen am Rockaufschlag und zog ihn zu mir heran.
»So ist Gomez?«
»Ich weiß es nicht. Er sagte mir, ich sollte die Kleine für ihn aufbewahren, und dann ging er wieder.«
»Wohin?«
»Ich weiß es wirklich nicht. Er hat eine Wohnung nicht weit von hier, aber ich weiß nicht, wo. Er kommt nur, wenn er im ›Mon Cherie‹ Schluss gemacht hat, um abzurechnen.«
»Also gehört ihm der Laden hier wirklich?«
»Ja, Mr. Gomez ist ein reicher Mann«, sagte er ehrfürchtig. Und ich glaubte ihm das sogar.
»Sollte er wiederkommen, so ruf mich an. Hier hast du meine Nummer, und halte gefälligst den Mund.«
»Was soll ich denn aber sagen, wenn er nach dem Mädchen fragt?«, fragte er ängstlich.
»Erzähle ihm meinetwegen, sie sei ausgerückt oder sie hätte einen solchen Krach geschlagen, dass du es vorgezogen hast, sie laufen zu lassen. Sage, was du willst, nur nicht die Wahrheit. Denke daran, dass du Komplice einer Entführung warst. Wenn du vor Gericht kommst, gehst du mindestens fünf Jahre hinein, und du wirst hinter Gitter gehen, wenn du nicht. Ball spielst.’ War Gomez allein mit dem Mädchen, oder hatte er Begleitung?«
»Er war allein, aber zehn Minuten später kam eine Rothaarige, die schon öfter hier war. Zuerst war sie falsch, weil er die Kleine mitgebracht hatte, und dann saßen sie noch in einer Ecke unten im Lokal und besprachen etwas.«
»Was war das?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich merkte nur, dass Mr. Gomez böse auf die Frau war. Als sie dann ging, rief er ihr ein Schimpfwort nach.«
»Weißt du wie das Mädchen heißt?«
Er versuchte Ausflüchte zu machen und nannte zum Schluss doch den Namen Ava. Jetzt war ich sicher. Ich schärfte ihm noch einmal ein, er solle sich gewaltig hüten, quer zu schießen. Ich hätte ihn ja auch mitnehmen können, aber damit wäre nichts erreicht worden. Er war zurzeit das einzige Bindeglied zu Ava und Gomez.
Unten im Wagen warteten Diana, Phil und der Japaner, der erleichtert aufatmete, als ich den Wagen anspringen ließ. Diana wollte
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