0158 - Der Spiegel-Dämon
streckte mein getroffenes Bein aus, wobei ich auch den nassen Fleck sah.
Blut!
Ich biß die Zähne zusammen, als ich den Schmerz spürte und auch wieder in den Spiegel schaute.
Dort war mein Ebenbild verschwunden. Auch der Nebel hatte sich verflüchtigt. Vor mir befand sich ein stinknormaler Spiegel, alt, verrottet, blind…
Noch immer erklang das Gelächter. Doch es vibrierte nicht mehr in meinem Kopf, sondern ertönte von draußen. Dort hielt sich mein Gegner auf, dort hatte er sich die ganze Zeit über herumgetrieben und mich gelenkt, wobei er jetzt damit rechnete, daß ich mich selbst erschossen hatte oder von meinem Spiegelbild erschossen worden war.
Ich hörte ihn schreien. »Tot!« kreischte er. »Du bist tot. Wer meinen Wagen betritt, der stirbt. Der Spiegel killt ihn, alle killen sich selbst.« Er lachte wieder.
Dann wurde sein Gelächter leiser, und ich hörte seine Schritte so lange, bis sie verstummten.
Mein Gegner war nicht mehr da. Ich atmete auf.
Ein paar Minuten blieb ich hocken. Unter Mühen gelang es mir, das linke Bein hochzuziehen, so daß ich mir die Wunde anschauen konnte, die die Berettakugel hinterlassen hatte.
Es war ein Streifschuß.
Ein Glück, muß ich sagen. Hätte das Geschoß voll getroffen, dann sähe es jetzt böse aus.
Ich nahm ein Taschentuch und preßte es auf die Wunde. Verdammt, die brannte wie Feuer. Ich biß mir auf die Lippen und verzog das Gesicht. Liegenbleiben konnte ich hier nicht. Trotz dieser Wunde. Ich mußte weiter.
Ich rutschte vor, bis ich in die Nähe der Tür gelangte, drückte meine linke Hand gegen die Wand und stemmte mich langsam in die Höhe. Es war eine verdammte Quälerei, ich zitterte dabei wie Espenlaub, doch aufgeben galt nicht.
Ich kam hoch..
Schweratmend blieb ich für einen Moment stehen. Der Schweiß bedeckte meinen gesamten Körper. Ich verlagerte das Gewicht auf mein rechtes, gesundes Bein und winkelte das linke an.
Es klappte.
Die Kugel hatte zum Glück keine Sehne verletzt, sondern nur das Fleisch am Oberschenkel aufgerissen und dort eine blutende Wunde hinterlassen. Es würde und es mußte auch so gehen!
Meinen rechten Arm streckte ich aus, bekam die Klinke zu fassen und drückte sie nach unten.
Die Tür schwang auf.
Regen traf mein Gesicht. Die Feuchtigkeit und Kühle tat gut, ich atmete tief ein und fühlte mich sogleich ein wenig wohler. Sofort kehrte ein Teil meiner alten Energie zurück. Und ich würde diesem Dave Morris einige unangenehme Fragen stellen, das war klar.
Ich mußte zu Boden springen, was mit dem verletzten Bein ein Problem war, aber ich schaffte es, ohne daß ich einknickte.
Dann humpelte ich auf meinen Wagen zu, denn dort befand sich die Autoapotheke.
Ich wollte meine Wunde besser verbinden, bevor ich mir diesen Morris schnappte.
Er hatte seine Bude inzwischen geschlossen. Nur ein paar Lampen brannten noch.
Sie hingen an der Seite und verbreiteten einen ziemlich trüben Schein.
Ich grinste hart. Klar, daß der Kerl jetzt Magenbeschwerden bekam. Vielleicht war er sogar geflohen, aber den würde ich finden, das stand fest.
Der Regen hatte eine glänzende Schicht auf meinen Mantel gelegt. Das Wasser rann mir in den Kragen und lief kalt den Rücken hinab. Ich war froh, als ich am Wagen stand und mich abstützen konnte. Es war ja nicht nur die Wunde, die schmerzte, mein gesamter Körper hatte noch an den Nachwirkungen des letzten Falles zu leiden. Als ich den Schlüssel aus der Tasche zog, zitterten meine Hände.
Ich schloß auf, öffnete auch die Tür zum Fond, kroch hinein und holte die Apotheke von der Ablage. Es war ein großes Kissen, dessen Reißverschluß ich aufzog.
Im Schein der Autobeleuchtung schaute ich mir die Wunde genauer an. Fingerlang war der Riß. Das Geschoß hatte das Fleisch förmlich in zwei Hälften gespalten.
Noch immer rann das Blut hervor. Es hatte an meinem Bein einen langen Streifen hinterlassen.
Die Hose konnte ich wegwerfen. Mit der Schere schnitt ich den Stoff weiter auf, und es gelang mir, die Wunde freizulegen. Mull und Pflaster lagen bereit.
Ich pappte beides auf die getroffene Stelle.
Jetzt wurde die Blutung wenigstens gestillt. Die Apotheke ließ ich im Fond liegen und wechselte den Sitz. Ich wollte Suko anrufen. Durch meine Verletzung war ich ein wenig gehandicapt und wußte nicht, ob ich allein gegen meine Widersacher ankam.
Den Anruf erledigte ich per Autotelefon.
Der Chinese meldete sich sofort. »Habe mich schon gewundert, wo du bist, John«, sagte
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